Was fühlt mein Hund, Was denkt mein Hund
aus. Echte Leitfiguren haben eine Art überzeugenden Lebensplan parat und verhalten sich wie ein Schweizer Uhrwerk: verlässlich!
Wer seine Schutzbefohlenen erfolgreich leiten will, benötigt neben charismatischem Auftreten und mentaler Willensstärke vor allem gute Nerven. Das bedeutet, Verantwortung zu übernehmen, auch wenn man einmal in eine brenzlige Lebenslage gerät, einen präzisen Handlungsrahmen vorzugeben und dort, wo es notwendig erscheint, unmissverständlich Grenzen zu setzen.
Echte Leittiere haben mehr Pflichten als Rechte. Vertrauen ist wichtiger als Rang.
Die Attitüde eines repräsentativen wölfischen Leitpaares, das eine enge Bindung unterhält, seine sozialen Regeln und familienkulturellen Gewohnheiten sind auf Ruhe und Langlebigkeit ausgerichtet und nicht darauf, allen anderen Gruppenmitgliedern diktatorisch den eigenen Charakter überzustülpen. Und so zählt es wohl zu den alarmierendsten Zeichen statusbezogener Schwäche, wenn ein Leittier es nötig hat, alle »unterzubuttern«. Seine Gestik und Mimik mag vielleicht situationsbedingt finster oder bedrohlich sein, die meiste Zeit über wirkt das Tier jedoch entspannt. Das gilt insbesondere gegenüber dem nicht geschlechtsreifen Nachwuchs.
LEITTIERE ÜBERNEHMEN VERANTWORTUNG
Ausdauer und Beharrlichkeit zahlen sich aus. Denn man folgt gerne dem, der weiß, was er will. Bis auf ganz wenige, statistisch nicht relevante Ausnahmen verhalten sich Jungwölfe aufgrund ihrer elterlichen Vorbilder sozial ausgeglichen. Das liegt daran, dass die Leittiere auch emotionale Führer sind, die Verantwortung übernehmen und insgesamt einen guten Einfluss auf das Gefühlsleben ihrer Jungen haben.
Diese lernen schon früh eine wichtige Lektion: Ewige Streitlust und egoistisch-besitzanzeigendes Verhalten führen unweigerlich in die soziale Isolation. Und wer mag als gruppenorientiertes Säugetier schon gerne sozial abseits stehen?
Kaniden setzen auf Zusammenarbeit. In der Gruppe trägt jeder sein Scherflein dazu bei, damit das Team funktioniert.
Individuelle Persönlichkeitsentwicklung wird anerkannt, nicht zerstört. Ressourcen werden geteilt. Qualitativ hochwertige Führung kann dabei durchaus ein Segen sein, weil man als untergeordnetes Gruppenmitglied gut beschützt, versorgt und sozial betreut wird. Manche Individuen sind wegen der vielen Pflichten überhaupt nicht darauf erpicht, Rudelführer zu werden. Unsere Studien zeigen, dass nur die »Kopftypen« aufgrund ihres besonderen Anführertalents eine solch verantwortungsvolle Rolle anstreben.
VON DEN KANIDEN LERNEN
Zwei Haupteigenschaften kennzeichnen wahre Beziehungspartner: Sie müssen sich kommunikationsbereit zeigen, und sie müssen ansprechbar sein, wenn man sie braucht. Trotzdem hat sich über Jahrzehnte hinweg die Ansicht verbreitet, dass man als Mensch den Haushund »beherrschen« muss, weil man ansonsten wenig Respekt erwarten kann. »Dominanz« scheint das Lieblingswort zu sein, wenn es um die »richtige« Erziehung unserer vierbeinigen Fellnasen geht. Es gibt kaum ein Gespräch unter Hundeleuten, in dem dieser Begriff nicht mehrmals fällt. Dabei würde es uns allen helfen, uns öfter ganz bewusst die Zeit zu nehmen, Tiereltern genau zu beobachten. Denn die Balance zwischen liebevollem Umgang und genau bemessenem Konfliktmanagement ist überaus nachahmenswert.
Doch was machen wir stattdessen? Wir führen endlose Diskussionen darüber, warum man einen mitunter hemmungslosen Hund nicht mehr zurechtweisen darf.
Wehe dem, der dafür plädiert, so ein Tier zur Not auch einmal körperbetont in die Schranken zu weisen, indem man es zum Beispiel wegschubst oder zwickt.
Um hier kein Missverständnis aufkommen zu lassen oder gar einen Freibrief für übertriebene Härte und Unbeherrschtheit auszustellen: Es kommt immer auf die Situation an. Ein guter Gruppenführer handelt nicht generell nach oben genanntem Prinzip, sondern situativ, also nur, wenn es die äußeren Umstände nötig machen.
DAS WICHTIGSTE IST NÄHE
Das Augenmerk im Zusammenleben von Mensch und Hund sollte grundsätzlich auf Beziehungsrelevantem liegen, wie zum Beispiel dem regelmäßigen Angebot für soziale Nähe und gemeinsames Spiel, und nicht auf erzieherischen Maßnahmen wie »Sitz!«, »Platz!« und »Aus!«. Eine gute Alternative zu dieser einseitigen und massiv überbewerteten »Unterordnungsform« zeigen uns abermals die Kanideneltern: Wenn soziale, emotionale, kollektive und Lebensraumintelligenz auf klar erkennbares
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