Was fuer eine Nacht Cowboy
das, was man sich einmal sehnsüchtig gewünscht hatte, zu bekommen, wenn man es nicht mehr wollte.
„Wir fahren nirgends hin, Susannah Marie, wenn du deine Möhren nicht aufisst.“
Murrend tat Susannah, was von ihr verlangt wurde. Anschließend spülte Tess das Geschirr, während Noah abtrocknete. Sie wollte nicht, dass er das tat. Lieber wollte sie in Ruhe gelassen werden. Aber wenn sie das gesagt hätte, wäre er zu Susannah ins Wohnzimmer gegangen, und das wollte sie noch weniger. Als er nach einem Geschirrtuch gefragt hatte, hatte sie ihm eins gegeben. Sie bemühte sich, nicht mit dem Ellenbogen seinen Ärmel zu streifen.
Während sie so einträchtig abwuschen, fütterte Susannah den orangefarben getigerten Kater, den sie im letzten Frühjahr nach einem späten Schneefall vor ihrer Hintertür gefunden hatte. Zunächst hatten sie das Tier ignoriert, doch es kam immer wieder, bis Susannah Tess schließlich dazu überredete, ihn zu füttern. Von da an gehörte er zu ihnen.
“Wie heißt er denn?” erkundigte sich Noah.
“Noah”, antwortete Susannah und grinste.
Tess rutschte ein Glas aus der Hand. “Verflixt!” Hitze stieg ihr in die Wangen, während sie versuchte, das zersprungene Glas aus dem Wasser zu fischen. Dabei spürte sie, dass sein prüfender Blick auf ihr ruhte.
“Noah?” Leicht zweifelnd wiederholte er seinen Namen.
„Ich kann ihn natürlich auch anders nennen, solange du hier bist”, bot Susannah ihm an.
Noah schüttelte den Kopf. Vorsichtig gin g er in die Hocke und kraulte den Kater hinter den Ohren, dann sah er Susannah an. “Hast du ihn nach mir benannt?”
“Hm”, meinte Susannah nur.
Gleichzeitig meldete. sich Tess zu Wort: “Nicht wirklich.”
“Nur weil er herumgestromert ist”, erklärte Susannah ernst. Teas wünschte sich, der Boden möge sich unter ihr auftun und sie verschlucken, denn sie ahnte, was jetzt kommen würde. “Mom fand, der Name würde zu ihm passen, weil wir nicht sicher sein könnten, dag er bei uns bleibt.”
Noah schaute Tess an. Sein Lächeln verschwand.
Geschieht dir recht, dachte Tess grimmig, als sie es schließlich wagte, ihm in die Augen zu sehen. In der Stille schnurrte Noah, der Kater, und rieb seinen Kopf an Noahs Bein.
“Aber er ist immer noch da”, stellte Susannah nach einer Weile beklemmenden Schweigens fest. “Und das mittlerweile seit zwei Jahren.” Tess konnte sich sehr gut vorstellen, was im Kopf ihrer Tochter jetzt vor sich ging.
“Weil er genau weiß, was für weichherzige Leute er gefunden hat”, versetzte Tess knapp. “Nicht wahr, Kater?”
“Weil er uns liebt”, widersprach Susannah ihr entschieden. Ihr Blick wanderte von dem Kater zu ihrem Vater.
Tess unterdrückte ein Aufstöhnen und warf das zerbrochene Glas weg. „Es wird wohl langsam Zeit, dass wir uns nach dem Weihnachtsbaum umsehen.”
Tess hatte einen fünf Jahre alten Ford, der auch bei Schnee gut fuhr. Susannah kletterte auf den Rücksitz. Nachdem er seine Krücken verstaut hatte, nahm Noah vorn auf dem Beifahrersitz Platz. Tess fuhr. Keiner sagte ein Wort, bis sie im Supermarkt waren. Dort hörte Noah zu, wie Tess und Susannah sich über den wöchentlichen Lebensmitteleinkauf unterhielten.
“Welches Müsli magst du?” erkund igte sich Susannah bei ihm. “Mir schmeckt diese Sorte.” Sie zeigte ihm eine bunte, zuckerhaltige Mischung. “Aber Mom sagt, das wär’ nicht gut für mich. Dabei enthält es dieselben Vitamine wie die anderen. Das habe ich ihr schon gezeigt, aber sie glaubt mir nicht. Glaubst du mir?“
“Ich habe nicht abgestritten, dass es nicht dieselben Vitamine hat”, widersprach Tess ihr in bestimmtem. Ton. “Ich sagte, es wäre nicht so gut für deine Zähne.
Stell die Packung bitte zurück, Suse.”
Susannah schaute bittend zu Noah. Noah sah ihre Mutter an. Es war nicht schwer, Tess’ Gedanken zu erraten: Widersprich mir, und du sitzt auf der Straße.
“Das ist wirklich ein bisschen zu süß”, erklärte er Susannah.
Sie machte ein langes Gesicht. “Aber es ist doch Weihnachten”, versuchte sie es mit einem letzten Argument.
“Man kann eben nicht alles bekommen, was man sich zu Weihnachten wünscht”, bemerkte Tess. “Und du, junges Fräulein, hast schon genug bekommen.” Sie wandte sich ab und schob rasch den Wagen den Gang hinunter.
Susannah zögerte und blieb bei Noah. “Sie ist nicht immer so kratzbürstig. Im Allgemeinen ist sie richtig lieb”, vertraute die Kleine ihm an.
„Ja, ich weiß”,
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