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Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Titel: Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Hodkin
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Meine Mutter war zur Hüterin der Pillen geworden und überreichte mir eine Schmerztablette mit Codein, bevor ich an diesem Morgen aus dem Haus ging. Mir tat alles weh, doch ich nahm sie trotzdem nicht und hatte auch noch nicht vor, mit den Zyprexa-Pillen anzufangen. Ich brauchte einen klaren Kopf.
    Als ich den Englischraum betrat, war Noah bereits da. Unsere Blicke begegneten sich für einen Moment, ehe ich zu Boden sah und an ihm vorbeiging. Ich musste mich nach Mabel erkundigen – war es wirklich erst eine Woche her, seit ich sie mitgenommen hatte? – und mir in Anbetracht der Geschehnisse überlegen, wie ich meinen Eltern die Überraschung beibringen würde. Aber wie sollte ich es Noah gegenüber ansprechen, wie sollte ich nach der Party mit ihm reden? Ich setzte mich an einen Tisch am anderen Ende des Raums, aber er stand auf, folgte mir und setzte sich direkt hinter mich. Als Ms Leib ihre Stunde begann, ertappte ich mich dabei, wie ich mit dem Bleistift auf den Tisch hämmerte. Noah ließ hinter mir die Fingerknöchel knacken, was mich ganz zapplig machte.
    Als es läutete, schlängelte ich mich durch die Schülerschar, zum ersten Mal im Leben konnte ich nicht schnell genug zu Algebra kommen. Noah machte Mädchen verrückt, aber ich war es bereits. Ich musste loslassen. Ich musste ihn loslassen. Wie hatte Jamie so scharfsinnig gesagt? Ich hatte genug Probleme.
    Ich war dermaßen erleichtert darüber, Jamie in Mathe zu sehen, dass ich wahrscheinlich sogar lächelte. Doch der Anflug von guter Laune hielt nicht lange an. Als es läutete, wartete Noah auf mich.
    »Hey«, sagte er und passte sich geschmeidig meinen Schritten an.
    »Hey.« Ich sah stur geradeaus. Frag ihn nach dem Hund. Frag ihn nach dem Hund. Ich versuchte, die richtigen Worte zu finden, stattdessen presste ich die Kiefer zusammen.
    »Mabel geht es nicht besonders gut«, sagte Noah in ruhigem Tonfall.
    Mir wurde ganz flau im Magen und ich ging eine Spur langsamer. »Kommt sie wieder auf die Beine?«
    »Ich denke schon, aber es wäre besser, wenn sie für eine Weile bei uns bliebe. Damit sich meine Mutter um sie kümmern kann«, sagte er, während er sich mit der Hand über den Nacken fuhr. »Macht es dir was aus?«
    »Nein«, sagte ich und rückte meine schwere Tasche auf der Schulter zurecht, während ich auf meinen nächsten Unterrichtsraum zusteuerte. »Wahrscheinlich ist es so am besten.«
    »Ichwollte dich fragen …«, setzte Noah an und begann, an seinen Strähnen zu zwirbeln. »Meine Mutter wollte wissen, ob wir Mabel vielleicht behalten können? Sie hat sie ins Herz geschlossen.«
    Ich legte den Kopf schräg, um ihn anzusehen. Entweder war ihm mein Verband noch gar nicht aufgefallen oder er ignorierte ihn. Er wirkte irgendwie gleichgültig. Distanziert. Seine Worte passten nicht zu seinem Tonfall.
    »Ich meine, sie ist schließlich dein Hund«, sagte er. »Wir tun, was du willst –«
    »Das geht in Ordnung«, fiel ich ihm ins Wort. Ich dachte daran, wie Mabel sich an seine Brust gekuschelt hatte, als er sie ins Haus getragen hatte. Bei ihm würde sie es besser haben. Ganz bestimmt. »Sag deiner Mutter, dass es in Ordnung ist.«
    »Ich wollte dich auf der Party schon fragen, aber du bist gegangen.«
    »Ich musste noch woandershin«, sagte ich und wich seinem Blick aus.
    »Ja, klar. Was ist los?«, fragte er und klang immer noch völlig desinteressiert.
    »Nichts«, sagte ich.
    »Das glaube ich dir nicht.«
    »Ist mir egal.« Das war gelogen.
    »Na schön. Dann iss mit mir zu Mittag«, sagte er.
    Ich schwankte zwischen Ja und Nein. »Nein«, sagte ich schließlich.
    »Warum nicht?«
    »Ich hab eine Nachhilfestunde«, sagte ich. Hoffentlich würde Jamie mitmachen.
    »Mitwem?«
    »Warum interessiert dich das?«, fragte ich ein wenig spitz. So interessiert, wie er bei dieser Unterhaltung klang, hätten wir uns auch über Molekularphysik unterhalten können.
    »Das frage ich mich langsam auch«, sagte Noah und ging davon. Er sah sich nicht mehr um.
    Gut so.
    In Kunst malte ich meinen verbundenen Arm, obwohl wir eigentlich an Gesichtern arbeiten sollten. Und als es Mittag wurde, suchte ich nicht nach Jamie, sondern entschied mich für die Einsamkeit. Ich holte die Banane heraus, die ich mitgenommen hatte, und biss auf dem Weg zum Schließfach versonnen hinein. Ich war froh, Noah los zu sein. Ich fühlte mich regelrecht erleichtert, als ich daran ging, meine Bücher auszutauschen.
    Bis ich den Zettel sah.
    Er war so zusammengefaltet, dass er

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