Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)
ordentlich vermasseln. Und die Richterin würde es nicht billigen – sie würde mir eine Strafe aufbrummen, wenn ich es täte, Mara«, sagte er. »Ist wirklich alles in Ordnung mit dir? Ich habe dich letzte Woche schon nach deiner Therapie fragen wollen, aber ich war zu –«
Erglaubte, dass es um ihn ging. Darum, dass er nicht da war.
»Ja. Mir geht es gut«, sagte ich, so überzeugend wie möglich.
»Wann ist dein nächster Termin?«
»Nächsten Donnerstag.«
»Okay, ich muss los. Aber wir holen das an deinem Geburtstag nach, ja?«
Ich zögerte. »Du bist Samstag zu Hause?«
»So lange, wie ich es einrichten kann. Ich hab dich lieb, mein Schatz. Wir unterhalten uns bald wieder.«
Ich legte auf. Dann tigerte ich wie ein wildes Tier in meinem Zimmer auf und ab und ließ den Telefonanruf immer wieder Revue passieren. Ich nahm antipsychotische Medikamente gegen Halluzinationen und vermutlich auch gegen Wahnvorstellungen. Ich hatte die ganze letzte Woche keinerlei Probleme gehabt, aber vielleicht war der Prüfungsdruck doch zu viel geworden. Wenn ich meinen Eltern von dem Anruf erzählen würde, es aber keine Beweise dafür gab, nichts, was mich stützen konnte, was würden sie denken? Und was würden sie tun? Mein Vater konnte den Fall ohnehin nicht abgeben, und meine Mutter? Sie würde mich vielleicht von der Schule nehmen. Aber nicht rechtzeitig den Abschluss zu machen, um direkt im Anschluss aufs College zu gehen, würde mir auch nicht helfen, mit dem Stress fertigzuwerden.
Ich erzählte ihnen nichts davon. Ich hätte es besser getan.
38
A mnächsten Morgen holte Noah mich ab, aber ich war den ganzen Weg über unruhig und schweigsam. Er fragte nicht weiter nach. Obwohl wir es in der zurückliegenden Woche tagtäglich so gehalten hatten, zogen wir nach wie vor sämtliche Blicke auf uns, wenn wir vom Eingangstor durch den Innenhof gingen. Erst an der Tür zum Matheraum ließ Noah mich los, wenn auch widerstrebend. Anna und Aiden schwirrten an uns vorüber und schnitten dabei Grimassen, als hätte sie ein schlechter Geruch angeweht.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte Noah und legte den Kopf schief.
»Was?« Ich war abgelenkt, weil ich immer noch an den Anruf von gestern Abend dachte. Und an den Wald aus Metall auf der Kunstausstellung. Und an Claire und Jude in den Spiegeln.
»Ich bin nur mit der Bioprüfung beschäftigt«, erklärte ich ihm.
Er nickte. »Dann sehen wir uns nachher?«
»Mhm«, machte ich und betrat den Klassenraum.
Als ich zu meinem Tisch kam, spazierte Jamie durch die Tür und setzte sich neben mich. »Bist du immer noch mit diesem arroganten Arsch zusammen?«
Ichgriff mir an den Kopf. »Himmel, Jamie. Lass es doch einfach mal sein.«
Er wollte etwas erwidern, doch Mr Walsh hatte bereits mit dem Unterricht angefangen. Trotzdem war ich es leid, mir Jamies Gemotze über Noah weiter anzuhören, also würden wir es heute klären. Ich sah ihn verkniffen an und formte tonlos das Wort: Mittagessen . Er nickte.
Der restliche Vormittag verging wie im Flug und zur verabredeten Zeit wartete Jamie bei den Picknicktischen auf mich.
»Bist du gewachsen?«, fragte ich ihn. Irgendwie kam er mir größer vor als sonst.
Jamie hob die Augenbrauen. »Bin ich das? Verrückte Hormone. Aber lieber spät als nie«, fügte er achselzuckend hinzu. Dann kniff er die Augen zusammen. »Aber lenk nicht vom Thema ab. Wir wollten über deinen unsäglichen Männergeschmack reden.«
»Was hast du für ein Problem?«
»Ich habe kein Problem. Du hast eins.«
»Ach? Und welches?«
»Shaw spielt mit dir«, sagte Jamie leise.
Ich wurde immer gereizter. »Das glaube ich nicht.«
»Wie gut kennst du ihn wirklich, Mara?« Ich zögerte und sagte dann: »Gut genug.«
Jamie wandte den Blick ab. »Aber ich kenne ihn länger.« Er schob sich die Dreadlocks aus dem Gesicht und kaute auf seiner Unterlippe.
Ich ließ ihn nicht aus den Augen, während er dasaß, und plötzlich dämmerte es mir. »Oh Gott«, flüsterte ich. »Du bist eifersüchtig.«
Jamiesah mich an, als hätte ich den Verstand verloren.
»Bist du jetzt komplett durchgeknallt?«, fragte er.
»Hmm …« Vielleicht?
»Nichts gegen dich … Süße, aber du bist nicht mein Typ.«
Ich kicherte. »Du bist nicht eifersüchtig auf ihn , sondern auf mich.«
Jamies Gesicht verdüsterte sich. »Ich will nicht bestreiten, dass er ein geiler Typ ist, aber nein. Ich kann einfach nicht verstehen, wie du ihn erträgst. Ganz ehrlich.«
»Was hat er getan, Jamie?«
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