Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)
Aiden sehen.«
»Was hast du getan?«
»Oh, wenn es erst mal verheilt ist, wird er wieder ein normales Leben führen können.«
Ich sah ihn fragend an.
»Das war nur Spaß.« Noah strich mir die Haare aus dem Gesicht und steckte sie mir hinter das Ohr, wobei er abermals zusammenzuckte. »Er wird in ein paar Tagen wieder auf dem Damm sein. Was mir ehrlich leidtut«, fügte er hinzu und seine Miene verhärtete sich. »Er kann von Glück sagen, dass ich ihn am Leben gelassen habe. Wenn er dich noch mal bedroht, wird das nicht passieren.« Noah sah wieder auf die Straße. »Aber so, wie es aussieht, muss ich morgen erst mal den Unterrichtsausschluss für die Sache mit Kent letzte Woche hinter mich bringen, und falls Aiden oder Anna auspacken … na ja. Ich bleibe besser für eine Weile in Deckung.«
Als wir in unsere Einfahrt einbogen, parkte Noah den Wagen, stieg aber nicht aus. »Wir sehen uns Freitag«, sagte er und hob die Sonnenbrille an. »Ich glaube, es ist besser, wenn mich deine Eltern in dem Zustand nicht zu Gesicht bekommen. Das wäre für unsere Sache nicht sehr hilfreich.«
»Für unsere Sache?«
Noah legte mir die Hand in den Nacken und strich mit dem Daumen über die Mulde unter meinem Ohr. Dabei hörte ich, wie er tief Luft holte. »Ich wäre gern länger mit dir zusammen.«
Das Herz hämmerte mir gegen die Rippen bei dieser Berührung. Ich konnte nicht klar denken. Was Jamie gesagt hatte, Noahs Anblick und seine Nähe … die Gedanken überschlugen sich in meinem Kopf, ehe sie irgendeinen Sinn ergaben.
»Warum hast du mit Jamies Schwester geschlafen?«, entfuhr es mir ungeschickt. Ich hätte mich ohrfeigen können.
Noahs Hand blieb, wo sie war, aber ein amüsiert-verächtlicher Ausdruck huschte über sein Gesicht. »Was hat er dir erzählt?«
Nun, ich hatte mir die Suppe eingebrockt, jetzt musste ich sie auch auslöffeln. Ich schluckte. »Dass du etwas dagegen hattest, dass er mit Katie zusammen war, und du es aus Rache getan hast.«
Noah sah mir prüfend in die Augen. »Und du glaubst ihm?«
Plötzlich war meine Kehle wie ausgetrocknet. »Sollte ich das?«
Die Hand immer noch in meinem Nacken, erwiderte er meinen Blick. »Ja. Ich denke schon«, sagte er tonlos. Seine Augen waren dunkel, sein Gesichtsausdruck undefinierbar.
Ich wusste, dass ich seine Antwort ernst nehmen sollte, dass das, was Jamie mir erzählt hatte, von Bedeutung war – und dass es dumm von mir war, etwas zu begehren, was schon so viele andere Mädchen begehrt und teuer bezahlt hatten. Genau wie ich bald dafür bezahlen würde. Ich sollte ausholen und ihm eine runterhauen, für den Feminismus oder sonst etwas, zumindest aber sollte ich aussteigen.
Aber dann strich sein Daumen über meine Haut, und ohne es richtig zu merken, beugte ich mich in seine Richtung und lehnte die Stirn an seine. Noah senkte die Lider, als ich ihn berührte.
»Du solltest wirklich zum Arzt gehen« war alles, was ich sagen konnte. Ich hasste mich dafür.
»Ich hab zu tun«, sagte er leise und wartete, bis ich das Gesicht noch näher heranschob.
»Ichwill dir nicht wehtun«, flüsterte ich, obwohl vermutlich ich es war, der wehgetan werden würde.
Unsere Nasen berührten sich und unsere Münder trennte nur ein einziger, schmerzhafter Moment. »Das kannst du nicht.«
Jemand klopfte auf der Fahrerseite ans Fenster und erschreckte mich zu Tode. Ich fuhr zurück. Noah schloss einen Herzschlag lang die Augen und ließ dann die Scheibe herab.
Daniel und Joseph standen draußen, Daniel mit gespielter Empörung im Gesicht und Joseph mit einem Grinsen.
»Tut mir leid, dazwischenzufahren«, sagte Daniel und sah mich an. »Aber ich dachte, ihr würdet gern wissen, dass Mom nur fünf Minuten später dran ist als wir.«
»Was ist mit deinem Gesicht passiert?«, fragte Joseph, sichtlich beeindruckt.
Noah zuckte leicht mit den Achseln. »Kleine Auseinandersetzung.«
»Cool.«
»Willst du reinkommen?«, lud Daniel Noah ein. »Und dir dafür einen Eisbeutel holen?«
Noah sah auf die Uhr. »Fünf Minuten?«
»Sie musste noch bei der Reinigung vorbei. Wenn du dich beeilst, schaffst du es.«
Wir stiegen aus und gingen zu viert zum Haus. Joseph schloss die Tür auf und rannte in die Küche, wahrscheinlich um Eis für Noahs Gesicht zu holen. Daniel blätterte die Post auf der Kommode durch.
»Welche glückliche Bildungsanstalt hat mich heute angenommen?«, sagte er, den Blick auf die Umschläge gerichtet. »Ah, Harvard. Wie schön. Und Stanford!«
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