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Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Titel: Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Hodkin
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das F auf jeden Fall sicher.
    Aber es war so verlockend.
    Dr. Kahn nahm ein Blatt von seinem Schreibtisch und las es sorgfältig durch. »Die Lehrer sind verpflichtet, eine schriftliche Erklärung abzuliefern, wenn sie mit ›Ungenügend‹ bewerten«, sagte er. »Ms Morales hat angegeben, dass Sie bei Ihrer Prüfung gemogelt hätten.«
    Meine Nasenflügel bebten und vor meinen Augen tanzten rote Flecken. »Das ist gelogen«, sagte ich leise. »Wie soll ich bei einer mündlichen Prüfung gemogelt haben? Das ist lächerlich.«
    »Laut Notenbuch waren Ihre ersten Zensuren ziemlich schlecht.«
    Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. »Dann werde ich also dafür bestraft, dass ich mich verbessert habe?«
    »Nicht einfach nur verbessert, Mara. Ihr Leistungszuwachs grenzt fast an ein Wunder, finden Sie nicht?«
    Dr. Kahns Worte machten mich wütend. »Ich habe mir einen Nachhilfelehrer besorgt«, fauchte ich wütend und versuchte, die Flecken wegzublinzeln.
    »Sie sagt, dass sie beobachtet habe, wie Sie während der Prüfung in Ihren Ärmel schielten. Und sie habe Notizen auf Ihrem Unterarm gesehen.«
    »Sielügt!«, schrie ich und erkannte meinen Fehler sofort.
    »Sie lügt«, sagte ich noch einmal, leise und mit bebender Stimme. »Als ich die Prüfung abgelegt habe, hatte ich den Arm bandagiert. Wegen eines Unfalls.«
    »Außerdem hat sie gesagt, dass sie beobachtet habe, wie Sie bei Klassenarbeiten herumgeschaut hätten.«
    »Dann darf sie also behaupten, dass ich gelogen habe, ohne dafür Beweise liefern zu müssen?«
    »Mir gefällt Ihr Ton nicht, Miss Dyer.«
    »Das geht mir ebenso«, sagte ich, ehe ich mich zurückhaltenkonnte.
    Dr. Kahn hob langsam die Augenbrauen. Seine Stimme war aufreizend ruhig, als er antwortete. »Christina Morales arbeitet schon seit über zwanzig Jahren als Lehrerin bei uns. Sie ist streng, aber gerecht – ich kann die Beschwerden über sie an einer Hand abzählen.«
    Ich unterbrach ihn. »Weil Sie zu viel Angst haben, um etwas –«
    »Sie hingegen«, fuhr Dr. Kahn fort, »sind erst seit einigen Wochen hier und bereits verschiedene Male zu spät zum Unterricht erschienen; gestern haben Sie Ihre Geschichtslehrerin angefahren – ja, ich habe davon gehört – und Sie haben es geschafft, von Ms Morales des Unterrichts verwiesen zu werden, nachdem Sie massiv gestört haben. Wem würden Sie glauben?«
    Ich sah buchstäblich rot. Ich bemühte mich so sehr, nicht loszubrüllen, dass meine Stimme nur noch ein Flüstern war.
    »Hören Sie, hören Sie mir einfach nur zu. Es gibt eine Aufnahme von meiner Prüfung. Ich lasse sie von jemandem übersetzen. Dann spielen wir sie ab. Ms Morales kann –«
    »HörenSie«, unterbrach mich Dr. Kahn. »Ich werde Ms Morales nachher zu mir rufen und alles noch einmal mit ihr durchgehen. Meine endgültige Entscheidung erfahren Sie dann.«
    Finstere Gedanken wirbelten mir durch den Kopf und die Zeit verlangsamte sich auf Kriechgeschwindigkeit. Ich stand auf und warf dabei den Stuhl um, auf dem ich gesessen hatte, aber meine Hände zitterten zu sehr, um ihn wieder aufzuheben. Das hier, diese ganze Sache war mehr als unfair. Und ich kam allmählich ins Schleudern. Ich riss die Tür auf und hörte sie gegen den Stopper knallen, ehe sie hinter mir zufiel. Es war mir egal. Meine Füße schienen mit Blei gefüllt zu sein, als ich zum Spanischunterricht trottete. Am liebsten hätte ich das Gras zu Pulver zertreten. Morales würde mit ihrer Geschichte durchkommen. Ich wünschte, sie würde sich an ihrer verlogenen Zunge verschlucken.
    Ich sah es in verblüffender Klarheit vor mir. Wie ihr die Augen aus dem Kopf traten, während sie durchs Klassenzimmer wankte und sich die knochigen Finger in den Hals steckte, um herauszufinden, was los war. Sie lief blau an und gab ein komisches, abgehacktes Geräusch von sich. Es log sich einfach nicht gut, wenn man nicht sprechen konnte.
    Ich wollte sie stellen, ihr in die Augen spucken. Doch als ich die Treppen zu ihrem Klassenraum hinaufstürmte, wusste ich, dass ich das niemals fertigbringen würde. Aber beschimpfen würde ich sie. Während ich um die Ecke bog und die letzten Meter hinter mich brachte, legte ich mir ein paar Schimpfworte zurecht, die ich ihr an den Kopf werfen wollte. Die heutige Spanischstunde wurde Ihnen präsentiert von einer blöden F … .
    Als ich vor der Tür stehen blieb, war niemand im Klassenraum außer Jude. Er lag auf dem Boden und war ganz bleich von Staub. Ein riesiger Holzbalken lag auf ihm und

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