Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)
gehen. Etwas zu wollen, machte es noch lange nicht real.
»Ja, ist es«, sagte ich und nickte abermals, wobei ich mir die Haare noch tiefer ins Gesicht fallen ließ, um das irre Grinsen zu verbergen.
»Das tut mir leid«, sagte er. Meine Schultern bebten von unterdrücktem Gelächter. »Weißt du, ob Ms Morales gegen irgendetwas allergisch war?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Hast du je gesehen, dass sie einen EpiPen bei sich trug? Als Schutz vor allergischen Schockreaktionen?«
Ich schüttelte den Kopf und stand mit wackligen Beinen auf. Schließlich war ich die Tochter eines Anwalts, und trotz meines gestörten Verhältnisses zur Realität wusste ich, dass dieses Gespräch beendet war.
»Ich muss gehen«, sagte ich.
»Natürlich.Gute Besserung. Es tut mir wirklich leid um deine Lehrerin.«
Ich ging davon. Fort von dem Polizisten und fort von Noah.
Aber Noah holte mich ein. »Was ist passiert?« Er wirkte ungewöhnlich besorgt.
»Du bist heute Morgen nicht aufgetaucht«, sagte ich, ohne ihn anzusehen.
»Mara –«
»Nicht … lass es einfach.« Stumpf vor mich hin blickend, konzentrierte ich mich auf den Weg zu meinem Klassenzimmer. »Ist schon gut, Noah. Ich bin nicht sauer. Ich muss … ich muss los. Sonst komme ich zu spät zu Bio.«
»Der Unterricht ist vorbei«, sagte er langsam. Ich blieb stehen. »Was?«
»Es ist fast vier Uhr.« Noah sprach leise. »Und die letzte Stunde ist ausgefallen. Ich habe überall nach dir gesucht.« Zwei Stunden. Ich hatte fast zwei Stunden verloren. Es war, als würde ich fallen, als würde mir jemand den Boden unter den Füßen fortziehen.
»He, he«, sagte Noah, als er mir die Hand auf den Rücken legte, um mich im Gleichgewicht zu halten. Ich schüttelte sie ab.
»Ich muss gehen«, sagte ich, weil mir übel war. Doch dann schlug mir eine andere Hand auf die Schulter, dass mir fast die Knie wegsackten.
»He, Leute«, sagte Daniel bedrückt. »Was für ein Wahnsinn.« Ich schluckte die Gallenflüssigkeit hinunter, die mir in die Kehle gestiegen war. »Du siehst gar nicht gut aus, Mara«, sagte Daniel. Er klang besorgt.
Ichwischte eine Haarsträhne fort, die mir in der Stirn klebte. »Es geht mir gut. Mir ist nur ein bisschen schlecht.«
»Gerade rechtzeitig zu deinem Geburtstag«, sagte Daniel mit einem schmalen Lächeln. Du bist sicher enttäuscht.«
»Dein Geburtstag?« Noah sah von mir zu Daniel.
Ich warf meinem Bruder einen bitterbösen Blick zu. Er achtete gar nicht auf mich. »Mara, der kleine Wicht, wird morgen siebzehn. Am fünfzehnten März. Aber das ist bei ihr eine komische Sache«, erklärte Daniel und nahm seine Brille ab, um sich etwas von den Gläsern zu wischen. »Sie wird jedes Jahr ganz trübsinnig, also ist es meine brüderliche Pflicht, sie von ihrem Geburtstagsblues abzulenken.«
»Ich kümmere mich darum«, sagte Noah auf der Stelle.
»Du bist erlöst.«
Daniel lächelte Noah strahlend an. »Danke, Alter, du bist echt in Ordnung.« Sie besiegelten die Sache mit einem Faustcheck.
Ich konnte nicht glauben, dass mein Bruder mir das antat. Jetzt würde sich Noah verpflichtet fühlen, etwas mit mir zu unternehmen. Am liebsten hätte ich beide geohrfeigt und mich übergeben.
»Also schön«, sagte Daniel und legte den Arm um mich.
»Ich glaube, ich sollte Mara jetzt besser nach Hause bringen. Es sei denn, du würdest lieber in Noahs Auto kotzen?«, wandte er sich an mich. Ich schüttelte den Kopf.
»Ich hole dich morgen um elf Uhr ab«, sagte Noah und ließ meinen Blick nicht los, als Daniel mich fortführte. »Es gibt ein paar Dinge, die ich dir sagen muss.«
43
A lsDaniel und ich nach Hause kamen, lagen die Ordner meines Vaters ganz gegen seine Gewohnheit verstreut auf dem Esstisch herum. Wir konnten unsere Eltern streiten hören, noch bevor wir die Tür hinter uns zugemacht hatten. Ich gab meinem Bruder ein Zeichen, sie leise zu schließen.
»Du solltest die Richterin bitten, dich anzuhören.«
»Der Prozess fängt am Montag an, Indi. Am Montag. Und direkt davor findet eine kurzfristige Beweisanhörung statt. Die Richterin wird mich aus der Sache nicht mehr rauslassen. Das ist ausgeschlossen.«
Was war passiert?
»Dann ruf Leon Lassiter an und bitte ihn, dich zu feuern. Sag ihm, du sorgst dafür, dass man ihm jemanden zuweist. Vielleicht stimmt die Richterin dann einer Terminverlegung zu. Das wäre ihm doch sicher recht, oder?«
»Das bezweifle ich. Er will die Sache endlich hinter sich bringen.« Ich hörte meinen Vater seufzen.
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