Was im Dunkeln liegt
Sache in Gegenwart von uns beiden zur Sprache zu bringen. Es war natürlich Unsinn. Josser wollte einfach nur Zwietracht säen, weil ihm Danny die Lippe blutig geschlagen hatte.
Ich glitt in einen Halbschlaf über, in dem Jossers Worte dann und wann nachhallten und mich an meine Angst erinnerten, wenn Danny an der Universität und damit außerhalb meiner Reichweite weilte. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen«, sagte eine kleine, vernünftige Stimme in meinem Kopf. »Danny ist verrückt nach dir – nicht nach Rachel Hewitt oder sonst wem – nur nach dir.«
Irgendwann weckte Danny mich. Er saß an der Bettkante, in der Hand ein Glas Limonade. »Alles in Ordnung? Ich habe gar nicht mitbekommen, dass du hier bist.«
»Es war einfach zu heiß«, sagte ich. »Ich muss eingeschlafen sein.«
»Du siehst ein wenig blass aus.« Mit sorgenvoll gerunzelten Brauen reichte er mir das Glas. »Du hättest mir sagen sollen, dass du dich nicht gut fühlst. Mir gefällt der Gedanke nicht, dass du ganz allein hier oben warst – du hättest etwas brauchen können.«
»Es geht mir schon wieder viel besser.« Ich setzte mich auf und schwang die Beine auf den Boden. »Wie spät ist es?«
»Halb sechs. Wir sind mit der Arbeit für heute fertig, und Trudie hat Abendessen gekocht. Fühlst du dich gut genug, um etwas zu essen?«
»Ich bin wieder völlig in Ordnung«, beteuerte ich.
Wir gingen zusammen hinunter. Trudie hatte eine Käse-Zwiebel-Pastete mit Bratkartoffeln und Erbsen zubereitet, die sie nun auf vier Teller verteilte. Als ich die Küche betrat, blickte sie auf. »Wo warst du? Du hast versprochen, mir bei den Kartoffeln zu helfen, schon vergessen?«
Ich hatte es tatsächlich vergessen, aber ehe ich etwas erwidern konnte, kam Danny mir zuvor und sagte, ich hätte mich nicht wohlgefühlt. Trudie war sofort ganz besorgt, aber ich bemerkte, wie Simons Mundwinkel sich spöttisch kräuselten.
Wir nahmen Teller und Besteck mit in den Garten hinaus. Die Temperatur war inzwischen etwas erträglicher geworden, dennoch lehnte ich den angebotenen Cidre ab und begnügte mich mit kalter Limonade. Seit unserer Rückkehr aus Leominster saßen wir zum ersten Mal wieder zusammen, und Trudie steuerte schnurstracks das Thema an, das offensichtlich die ganze Zeit in ihrem Kopf herumgespukt hatte.
»Es muss wahnsinnig spannend sein, wenn man in einen echten Mord verwickelt ist. Erzähl noch mal, was genau mit diesem Mädchen passiert ist, mit dem du an der Uni warst.«
»Da gibt es eigentlich nichts zu erzählen«, sagte Danny. »Sie war in meinem Kurs und wohnte im selben Wohnheim – trotzdem kannte ich sie nicht besonders gut. Jemand – wahrscheinlich irgendein Perverser – ist durch ihr Fenster geklettert und hat sie erwürgt.«
Trudie wirkte enttäuscht. Dannys leicht gelangweilte
Schilderung hatte ihrer Sensationslust einen Dämpfer verpasst. Sie spießte ein Stück Kartoffel auf ihre Gabel und kaute nachdenklich, ehe sie sagte: »Aber Josser meinte, dieses Mädchen sei verrückt nach dir gewesen.«
»Und?«, warf Simon ein. »Danny ist ein gut aussehender Typ. Eine Menge Mädchen sind verrückt nach ihm.«
»War sie mal deine Freundin?«, bohrte Trudie weiter.
»Nein. Katy ist meine Freundin.« Danny beugte sich zu mir und drückte meine Schulter.
»Danny hätte jede haben können«, sagte Simon, »aber er hat Katy gewählt.«
Der sarkastische Unterton war nicht zu überhören, und ich sprang darauf an. »Soll heißen?«
»War nur ein Scherz, Schätzchen.« Simon feixte. Er wusste, er hatte mich getroffen.
»Tja, mich will wenigstens jemand.« Kaum waren mir die Worte entschlüpft, wusste ich, ich hätte sie lieber nicht sagen sollen. Simon wurde rot, und Danny runzelte die Stirn.
»Ob es wohl schwer ist, jemanden zu erwürgen?«, sinnierte Trudie.
»Kommt wahrscheinlich darauf an, wie sehr einem jemand auf den Geist geht«, erwiderte Simon. Er brauchte mich nicht anzusehen – mir war klar, auf wen das gemünzt war. »Ich hätte Lust auf einen Spaziergang. Will jemand mitkommen? Trudie hat erzählt, sie ist gestern mit Katy im Wald gewesen. Mich würde auch interessieren, wie es dort aussieht.«
Danny zögerte. »Vielleicht sollte Katy lieber nicht mitgehen. Sie hat sich heute Nachmittag nicht wohlgefühlt.« Er wandte sich mir zu. »Ich werde mit dir hierbleiben, okay?«
Ich willigte nur allzu gern ein. Je mehr Abstand zwischen Simon und mir ist, desto besser, dachte ich.
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