Was im Dunkeln liegt
zu gewinnen.
Es dauert eine Ewigkeit, langes Haar im Waschbecken zu waschen. Zu Hause hatten wir einen Gummiaufsatz, der über die Hähne gezogen wurde – eine Sprühdusche, nannten wir es, die das Ausspülen erleichterte. Doch hier beinhaltete die Prozedur mehrmaliges Leeren und Füllen des Waschbeckens, wobei jedes Mal, wenn ich mein langes Haar aus dem Waschbecken hob, der Boden nass gespritzt wurde. Ich war beim letzten Spülgang angelangt, als plötzlich eine Reihe lauter Schläge durch das Haus vibrierte. Erschrocken sprang ich vom Waschbecken zurück, verursachte dabei eine kleine Überschwemmung und presste meine nasse Hand vor den Mund, um einen Schrei zu unterdrücken. Drei laute Schläge – drei in rascher Folge. War die Drei nicht immer eine Zahl von Bedeutung – der Vorbote von etwas Schrecklichem?
Mehrere Sekunden stand ich reglos da. Wasser tropfte unkontrolliert aus meinem Haar, nässte meinen Büstenhalter, und einige Tropfen blieben zitternd auf meiner Schulter liegen wie eine Nachahmung von Gänsehaut. Es
war ein Leichtes gewesen, irgendwelche vermeintlich übernatürlichen Begebenheiten einer lebendigen Trudie zuzuschreiben. Jetzt aber ließen sich fremde Geräusche im Haus nicht mehr auf diese Weise erklären.
Ich schnappte mir mein Handtuch, trocknete Arme und Schultern damit ab, ehe ich es provisorisch um mein Haar wickelte; den Blick auf die Badezimmertür geheftet und angestrengt nach irgendeinem Hinweis lauschend, der das Geräusch erklären könnte. Es hatte nah geklungen – von irgendwo innerhalb des Hauses. Im Geiste schätzte ich die Entfernung zwischen mir und den Jungs ein. Es war unwahrscheinlich, dass sie ebenfalls etwas gehört hatten, und entsprechend gering war die Hoffnung, sie würden kommen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Alle früheren Versuche, das Badezimmerfenster zu öffnen, waren fehlgeschlagen. Wahrscheinlich war es vor Jahren in geschlossenem Zustand gestrichen und durch die Farbe verklebt worden. Wie laut müsste ich rufen …
Abermals ertönten drei Schläge – und die Erkenntnis dämmerte: Es war der Türklopfer. Jemand war an der Haustür. Meine anfängliche Erleichterung schwand sofort wieder. Es war kein guter Zeitpunkt für einen zufälligen Besucher, wenn Simon und Danny im Garten damit beschäftigt waren, eine Leiche verschwinden zu lassen. Außerdem hatten wir nie zufällige Besucher – oder überhaupt Besuch. Der einzige Gast, den wir bisher hatten, war Mrs Ivanisovic gewesen, und sie würde wohl kaum zwei Tage später schon wieder auf der Matte stehen. Es musste irgendein Vertreter sein – oder jemand von den Zeugen Jehovas. Wenn ich das Klopfen ignorierte, würden sie bestimmt wieder gehen.
Aber gesetzt den Fall, es war jemand, der mit einem
von uns sprechen wollte – nicht einmal unbedingt mit einem von uns, sondern mit dem Besitzer, dem Hauseigentümer? Angenommen, es war jemand, der eigens den ganzen Weg hierhergekommen war und sich nicht abwimmeln ließe? Blitzartig kam mir die Erkenntnis, dass es die Bauarbeiter sein mussten. Unwillkürlich stieß ich einen kleinen Entsetzensschrei aus. Sie waren einen Tag zu früh, und wenn ich nicht hinunterginge und ihnen die Tür öffnete, würden sie Simons Wagen vor dem Haus sehen und uns drinnen vermuten – vielleicht würden sie annehmen, wir hätten den Türklopfer nicht gehört, und auf der Suche nach uns um das Haus herumgehen.
Ich schlang das Handtuch zu einem Turban um den Kopf, eilte die Treppen hinunter, knöpfte mir im Laufen das Shirt zu und hastete zur Haustür. Irgendwie würde ich die Bauarbeiter dazu überreden müssen, wieder zu gehen.
Als ich die Tür aufriss, sah ich mich zwei Männern gegenüber, die ganz und gar nicht nach Bauarbeitern aussahen. Sie trugen dunkle Hosen, helle Hemden und schlichte marineblaue Krawatten. Für Mormonen oder andere Missionare nicht schick genug. Einer der beiden stand erwartungsvoll vor der Tür, der andere war einen Schritt zurückgetreten und blickte interessiert am Haus empor, als wollte er abschätzen, welche Reparaturen anfielen. Vielleicht waren sie ja einfach nur ungewöhnlich gut gekleidete Bauarbeiter.
»Guten Morgen«, sagte der Mann, der direkt vor der Tür stand. Er zückte einen Ausweis – genauso, wie ich es aus dem Fernsehen kannte. »Sergeant Mathieson, Polizei Staffordshire. Ich würde gern mit Simon Willis sprechen. Ist er zu Hause?«
Ich wich ein, zwei Schritte in die
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