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Was im Leben zählt

Was im Leben zählt

Titel: Was im Leben zählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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Uni-Mannschaft qualifizieren konnte, arbeitet inzwischen in der Verwaltung der Mannschaft, rekrutiert neue Perspektiven, neue Hoffnungen, neues Blut.
    Es gibt wirklich nur wenige Dinge auf der Welt, die mich noch weniger interessieren als Nolan Green – der während des College so fertig war, dass er sich irgendwann mal völlig betrunken und splitternackt zu mir in Tylers Bett gelegt und am nächsten Morgen noch nicht mal den Anstand besessen hatte, sich zu entschuldigen, als ich mich zu ihm drehte und mich geschlagene fünf Minuten lang an ihn kuschelte, ehe ich den Irrtum bemerkte. Abwesend blättere ich durch den Fotostapel und halte plötzlich einen Schnappschuss meiner Highschoolclique in der Hand. Die Aufnahme ist unten am See entstanden. Es muss im Juli gewesen sein, vielleicht auch Anfang August: Susanna und Austin und Elisabeth Childs, die inzwischen im Postamt arbeitet, und Darren Lewis, der zur Army gegangen und inzwischen aus dem Irak zurück ist, ein ausgemergelter Schatten seiner selbst, und Tyler natürlich, in Badeshorts, die Hände zu einer ausladenden Siegesgeste in die Luft gereckt. Der See im Hintergrund wirkt metallisch grau, und hier und da gleißen die Sonnenstrahlen auf der gekräuselten Wasseroberfläche. Ich starre den sechzehnjährigen Tyler an und muss an die schmerzliche Sehnsucht denken, die ich in jenem Sommer für ihn empfand. Daran, wie unsere Freundschaft sich für mich in mehr verwandelte, daran, wie wir uns alle nach unseren diversen Ferienjobs am Steg trafen, daran, wie ich ihn immer beobachtete, so unauffällig wie möglich, in der Hoffnung, dass er eines Tages endlich die gleichen Schmetterlinge im Bauch haben würde wie ich.
    «Aber hier ist es wirklich toll», sagt er. «Echt phantastisch. Vollkommen einsam. Eine Supergelegenheit, mir endlich mal wieder richtig Gedanken zu machen.»
    «Bestimmt.» Ich verdrehe die Augen. Als hätte Nolan Green je was mit Einsamkeit und Abgeschiedenheit am Hut gehabt.
    Und dann, vollkommen aus dem Nichts, spüre ich es: den Krampf in meinem kleinen Zeh. Oh, Scheiße! , denke ich. Der Schmerz bahnt sich seinen Weg durch meine Glieder – schlängelt sich von der Wade hinauf in den Oberschenkel, weiter durch die Eingeweide, umfasst mit eisernem Griff mein Herz, bis er schließlich in mein Gehirn schießt. Ich habe das Gefühl, als würde mein Kopf in eine Million winzige Einzelteile zerplatzen.
    «Ty!», sage ich, aber es ist nicht mehr als ein Flüstern, und ich bete, dass er mich trotzdem hört, bete, dass er mich da irgendwie rausreißen kann, mich zurück ins Hier und Jetzt holt und diesen zermarternden Schmerz verjagt. Ich habe das Gefühl, ich hätte Wasser in den Ohren, die feuchten Kellerwände drohen, mich zu zerquetschen, und dann spüre ich auch schon den kühlen Estrichboden an meiner Wange. Ich schließe die Augen und blende den Schmerz aus. Und dann spüre ich überhaupt nichts mehr.

Der Regen tropft ohne Unterlass auf das Autodach. Unser Wagen parkt in der Auffahrt. Direkt dahinter steht der Anhänger einer Umzugsfirma. Die Hecktüren des Anhängers stehen offen. Er ist zur Hälfte mit allen möglichen Schachteln und Kartons gefüllt. Außerdem ist ein grauer, ausgeblichener Seesack zu sehen, den ich noch aus Tylers College-Zeiten kenne. Ich wusste gar nicht, dass er den noch hat. Er hat ihn bestimmt beim Einzug in den Garderobenschrank gestopft, und ich habe ihn bis heute übersehen.
Ich stehe auf dem Gehsteig und starre von außen auf unser Haus und auf die Einfahrt. Ich fahre mir mit der Hand durch die Haare, und mir fällt auf, dass sie, obwohl es so regnet, völlig trocken sind, knochentrocken; ich bin eine Geistererscheinung in dieser Realität.
Die Vordertür schwingt auf, und Austin kommt mit der nächsten Kiste heraus. Er tappt mühsam zum Anhänger, setzt die Kiste stöhnend ab und lehnt sich dann gegen die Seitenwand, um Luft zu holen. Eine Sekunde später kommt Tyler aus dem Haus, mit leeren Händen, und mustert den Laderaum.
«Okay», sagt er zu Austin und schließt den Reißverschluss der Daunenjacke, die ich ihm letzten Winter geschenkt habe. «Geschafft. Danke, Kumpel.»
Sie klatschen ab und rücken synchron ihre Baseballkappen zurecht. Jetzt sehe ich, dass Austin keinen Ehering trägt, ein ebenso winziger wie gravierender Hinweis darauf, wo ich mich befinde, darauf, wann ich mich hier befinde und was passiert ist, und plötzlich wird mir mit Schrecken klar, dass ich schon wieder in die Zukunft katapultiert

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