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Was im Leben zählt

Was im Leben zählt

Titel: Was im Leben zählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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sicher nichts zu bedeuten. Überhaupt nichts. Vielleicht einfach nur ein Zufall. Zwei Ohnmachtsanfälle, zwei Visionen. Wieder muss ich einen Würgereflex unterdrücken.
    Darcy reibt mir über den Nacken, der dürftige Versuch, mich zu beruhigen. Dann kommt mir ein viel erschreckenderer Gedanke: die Vision an sich. Tyler. Die Kisten. Wieso sollte ich davon träumen, dass wir umziehen? Wir ziehen um? Wir können nicht umziehen! Nein. Nein. NEIN. Das muss ein blöder Zufall sein, irgendeine ziemlich schräge Art von hormoneller Reaktion, vielleicht weil ich wirklich schwanger bin. Ja. Ja, das ist es! Ich bin schwanger, und deshalb dreht mein Hirn jetzt durch .
    «Ich glaube, ich bin vielleicht schwanger», sage ich. «Ich glaube, meine Hormone spielen völlig verrückt, und ich wette, es liegt daran, dass ich schwanger bin. Das ist mir neulich schon mal passiert.» Ja, es muss daran liegen, dass ich schwanger bin. Was sollte es denn sonst sein? Dass ich auf einmal in die Zukunft sehen kann? Dann fällt mir Ashley ein. Ashley und ihre bescheuerte, geschmacklose, selbstgerechte Prophezeiung. Scheiße! Ich atme aus. Nein, nein. Ich bin schwanger. Daran liegt es. Daran! Liegt! Es!
    «Das hat Ty am Telefon auch gesagt; dass es schon mal passiert ist», sagt Darcy. Ihre Stimme zittert angesichts der Vorstellung irgendeiner medizinischen Katastrophe. Sie hat das schon einmal durchgemacht, und das war einmal zu viel. Dicke Tränen sammeln sich in ihren Augen. «Aber du glaubst, du bist einfach nur schwanger, oder? Du meinst, es liegt daran, oder?» Sie zwingt sich zu einem bleischweren Lächeln und sieht dem Kleinkind, das sie mal war, dabei herzzerreißend ähnlich. Riesige, graublaue Augen, noch größer als die von mir und Luanne, eine zitternde Unterlippe, überbordend vor Emotionen, die sie noch nie sehr gut verstecken konnte.
    «Ty hat dir das erzählt?», frage ich. Ich habe das Gefühl, zu ertrinken, haltlos durch die Zeit zu schlittern, durch die Schwere meiner Ängste.
    «Er hat angerufen, weil du auf einmal nichts mehr gesagt hast und es einen fürchterlichen Schlag gab», sagt Darcy. Sie und Susie fassen mich an den Ellbogen und ziehen mich nach oben. Mein Gehirn fährt Achterbahn, gibt Vollgas, versucht verzweifelt mitzukommen, und ich muss mich sprichwörtlich auf ihre Lippen konzentrieren, um die Worte zu verstehen, die aus ihrem Mund kommen. Ich habe das Gefühl, mich in einer wirren Science-Fiction-Geschichte mit zwei einander widersprechenden Existenzen zu befinden: eine, in der ich völlig den Verstand verliere, in der die Welt aus ihrer Achse gesprungen ist, und eine andere, in der Susie und Darcy mit langsamen, entstellten Worten zu mir sprechen, als liefe das Leben plötzlich in Zeitlupe ab, als ginge das Leben einfach so weiter. «Du hattest das Auto, also habe ich Susie angerufen. Wir sind, so schnell wir konnten, gekommen.»
    «Mir geht es gut», sage ich, obwohl sich mein Gesicht völlig blutleer und wie gelähmt anfühlt. «Es tut mir leid, dass ihr kommen musstet. Susie, hattest du … hattest du seltsame Träume, als du schwanger warst?»
    «Oh ja.» Sie nickt. «Und was für welche. Mein Gott! Die allerschlimmsten, und zwar immer von Donnie Parker. Weißt du noch, der Typ, mit dem ich vor Austin zusammen war? Ununterbrochen. Ich glaube, ich habe jede Nacht von der Vergangenheit geträumt.»
    Ich schlucke. Das Einzige, wovon ich definitiv nicht träume, ist die Vergangenheit.
    «Aber abgesehen davon. Dir geht es definitiv nicht gut», sagt Susie und sieht mich forschend an. «Das sehe ich. Dir geht es nicht gut.»
    «Doch», erwidere ich schrill, scharf, ein bisschen zu heftig, um auch nur im Ansatz glaubwürdig zu sein. Ich lasse mich auf die unterste Stufe der Kellertreppe sinken und kauere mich über meine Knie. «Bitte. Können wir nicht einfach nach Hause fahren? Ich bin erledigt. Morgen hole ich mir einen Schwangerschaftstest. Das ist alles. Da bin ich mir sicher.»
    Bei dem Gedanken an zu Hause schaudert mich, bei dem Gedanken an Tyler, wie er unsere Sachen packt und uns einfach wegbringt. Ich spüre Tränen hinter meinen Lidern brennen, und dann rollen sie auch schon über meine fahlen Wangen, Zugeständnis an die Verzweiflung, die mich bei dem Gedanken befällt wegzuziehen, auch wenn, ja – es war nur ein Traum, ein Hirngespinst, das sich mit dem Fötus bei mir eingenistet hat, irgendein umgedrehter Nestbautrieb, der die Angst davor versinnbildlicht, ausgerechnet jetzt entwurzelt zu

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