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Was im Leben zählt

Was im Leben zählt

Titel: Was im Leben zählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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sich dann wild um die eigene Achse, bis der große Augenblick gekommen ist. «Go, Greased Lightning, you’re burning up the quarter mile!» Es folgt der Einsatz von CJ und dem Rest der Pink Ladies: «Greased lightning, go greased lightning!»
Das Publikum fängt an mitzuklatschen, und Wally mit seiner Lust am großen Auftritt lässt sich davon anstacheln. Seine Finger entwickeln zappelnd ihr Eigenleben, und die Pink Ladies, die sichtlich Mühe haben, ernst zu bleiben, trällern im Hintergrund.
Das Publikum kommt langsam in Fahrt, und Wallys Mutter entfährt ein lautes «Whoop!» Ich riskiere einen Blick durch den Vorhang. Darcy hämmert in die Tasten, als hinge ihr Ruf als Künstlerin von dieser Produktion ab, während drei Mitglieder der Band – Schüler der unteren Klassen, die ich nur vom Sehen kenne – sichtlich Mühe haben mitzuhalten. Im letzten Greased Lightning! entwischt dem Saxofonspieler eine besonders schräge Note, aber Wally schmettert so laut, dass ich wahrscheinlich die Einzige bin – na ja, außer Darcy, natürlich, mit ihrem perfekten Gehör –, die es merkt.
Ehe das Licht zur nächsten Szene wieder gedimmt wird, mustere ich das Publikum und entdecke ziemlich weit hinten meinen Vater – schlanker, weniger mitgenommen, zufrieden –, und im Mittelgang kauert Eli Matthews und fotografiert in Richtung Bühne. Ich suche Tyler, doch er ist entweder nicht hier oder einfach von meinem Blickwinkel aus nicht zu sehen. Dann entdecke ich Luanne. Ein bisschen rundlich, nicht allzu pummelig, nur ein winziges Bäuchlein, ein erster sichtbarer Hinweis auf ihre Schwangerschaft. Und ich spüre, wie ich entspanne, weil ich weiß, dass ihre Sorge unbegründet ist; dass der winzige Embryo, der sich gerade in ihr eingenistet hat, nicht vorhat zu weichen.
Ich gleite davon; ich spüre, wie die Zeit mir entrinnt und ich in die Wirklichkeit zurückfalle. Ich drehe mich noch einmal zu Susanna um, brauche einen Augenblick, ehe ich sie in der Dunkelheit entdecke. Dort steht sie, dicht an die Kulisse gedrückt. Ihr rosiges Gesicht reflektiert die Bühnenbeleuchtung. Sie sieht glücklich aus. Sie hat die Arme um die Taille eines Mannes geschlungen; er steht mit dem Rücken zu mir, aber weil ich Austin schon so lange kenne, weiß ich, dass dieser Mann nicht Austin ist. Er ist drahtiger, seine Haltung aufrechter, die Haare auf seinem Kopf sind dichter und ungebändigter.
Ich will sie anschreien, möchte Was zum Teufel treibst du da? rufen, doch es ist zu spät, abgesehen davon, dass ich inzwischen weiß, dass es sowieso keinen Sinn hätte. Der Sand der Stundenuhr ist zu einem Häuflein Nichts zerronnen, und im Fallen nehmen die letzten Körnchen mich mit, tragen mich davon durch dieses Zeitloch, und als wäre nie etwas gewesen, bin ich verschwunden.

    Ich dränge Luanne, die Pfannkuchen zum Mitnehmen zu bestellen. Sie ist alles andere als begeistert, sogar regelrecht verstimmt, aber weil ich nicht gewillt bin nachzugeben, nervös mit dem Knie gegen den Tresen tippe und sogar ungeduldig die alte Marian Heckly anblaffe – die im Diner schon an der Kasse stand, als wir noch Teenies waren, und deren Haarfarbe sich inzwischen von dunkelbraun über blassbraun, mitternachtsblau schließlich in stahlwolleblau verwandelt hat –, fügt Luanne sich in ihr Schicksal.
    «Keine Sorge, es wird alles gutgehen», sage ich ihr, als das Auto mit zwei Rädern auf dem Gehsteig vor Susannas Haus holpernd zum Stehen kommt. «Vertrau mir, alles wird gut.»
    Sie hetzt hinter mir her, mein Ersatzhausschlüssel von Susie zielt bereits auf das Türschloss.
    «Warum bist du da so sicher?», fragt sie – aus gutem Grund wahrscheinlich, trotzdem regt es mich auf. Seit wann zweifelt Luanne an, was ich sage, und seit wann ist sie diejenige, die sich Sorgen macht?
    «Weil ich dich gesehen habe», schnauze ich sie an, ohne nachzudenken.
    «Weil du was?» Sie hat sichtlich Mühe, mit mir Schritt zu halten.
    «Was?» Mir ist sofort klar, dass ich einen Fehler gemacht habe. «Nein, was? Natürlich habe ich dich nicht gesehen! Ich sehe dich jetzt, wollte ich sagen, ich sehe dir doch an, dass es dir gutgeht! Ha! Ja, Ich meine, schau dich doch an, du siehst toll aus!», stammle ich, und Luanne sieht mich mit hochgezogener Augenbraue an. Doch dann geht auch schon die Haustür auf, und ich stolpere fast über Kylie, splitterfasernackt bis auf ein Superman-Cape. Christopher kommt aus dem Wandschrank gestürmt, mit nichts als einer Unterhose an. Sein

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