Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was im Leben zählt

Was im Leben zählt

Titel: Was im Leben zählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
Vom Netzwerk:
genommen unverändert.» Sie verschwindet fast in ihrem Langarm-T-Shirt. Sie ist ein völlig anderer Mensch als damals, als ich in ihr Zelt gestolpert bin und sie einfach alles verändert hat. Das gilt offensichtlich nicht nur für mich.
    Ashley senkt die Stimme. Sie hat Tränen in den Augen. «Als du gesehen hast … was du gesehen hast, weißt du, also, weißt du auch, wann du es gesehen hast? Wie viel Zeit wir noch haben? Wie viel Zeit sie noch hat?»
    Ich schüttle den Kopf. «Es tut mir leid, ich wünschte, ich wüsste es. Ich habe selbst versucht, mir einen Reim darauf zu machen …» Ich beende den Gedanken nicht, weil ich es nicht ertrage, sie anzulügen. Ich habe nicht versucht, mir einen Reim darauf zu machen, weil im Augenblick offensichtlich nichts mehr irgendeinen Sinn ergibt.
    «Schon okay. Dachte ich mir schon. Aber fragen wollte ich trotzdem.» Der Schmerz steht ihr offen ins Gesicht geschrieben.
    «Ashley?», ertönt eine vertraute Stimme hinter uns. Wir drehen uns gleichzeitig um.
    Mein Vater biegt um die Ecke, und obwohl ich es wusste, wusste, dass er hier auftauchen würde , bin ich starr vor Schreck. Genau darin besteht die Unwägbarkeit, in die Zukunft zu schauen und sich selbst zu sehen: Man weiß nie, wann man eingeholt wird, wann man dann wirklich da ist. Man weiß nur, dass es eines Tages so weit ist.
    «Was tust du denn hier?», fragen wir wie aus einem Munde und fangen dann gleichzeitig an, irgendwelche Entschuldigungen zu stottern.
    «Sie will dich sehen», sagt er schließlich zu Ashley, nicht zu mir. Ihr entschuldigendes Achselzucken gilt mir, den Blickkontakt mit meinem Vater meidet sie. Sie huscht davon und ist verschwunden.
    «Was ich hier mache, weiß ich», sage ich, als ihre Schritte verklungen sind. «Aber was zum Teufel hast du hier verloren?» Denn obwohl ich weiß, dass er irgendwann in der Zukunft – die inzwischen offensichtlich Gegenwart geworden ist – im Krankenhaus sein würde, verstehe ich immer noch nicht, weswegen.
    «Wir sind vor langer Zeit befreundet gewesen.» Er verhaspelt sich beinahe. «Ich schaue regelmäßig vorbei, um ihr Gesellschaft zu leisten.»
    «Wem? Ashley?», frage ich.
    «Nein. Valerie. Ashleys Mutter.»
    Ich kneife die Augen zusammen. «Du kommst her, um Valerie Gesellschaft zu leisten?»
    Er legt den Kopf schief, die typische, nichts erklärende Erklärung meines Vaters, seine Geste für Lassen wir’s dabei . Ohne dass ich darum gebeten habe, fügen sich die Einzelteile meiner Vision zusammen: Mein Vater, kreidebleich, erschüttert, die Hände an der Glasscheibe des Krankenzimmers, während Ashley ans Bett ihrer Mutter eilt. Sie hat ihn, meinen Vater, nach der Prognose gefragt, nicht den Arzt mit dem Schokoriegel. Nach der Prognose für ihre eigene Mutter? Je mehr Puzzleteile an ihren Platz gleiten, desto wirrer wird das Bild.
    «Ich wusste gar nicht, dass ihr befreundet seid.» Meine Zweifel bleiben hartnäckig kleben.
    «Ich weiß, dass dich das überrascht, Tilly. Es gibt einiges, was du nicht weißt.»
    Klarheit. Ashleys Prophezeiung hallt in mir wider.
    Gerade als ich antworten will, kommt CJ um die Ecke. Sie winkt mich zu sich in Richtung Schwesternzimmer, damit ich endlich das allerletzte Formular unterschreibe und ihr damit die Freiheit schenke, eine Freiheit weit weg von Westlake. Mein Vater dreht sich um und verschwindet um die nächste Ecke.
    «Wusstest du, dass Dad hier ist?», will ich von Luanne wissen, die am Tresen steht und ihre Listen in den PC überträgt.
    «Hm, wie bitte?», fragt sie abgelenkt.
    «Dad! Hast du gewusst, dass er regelmäßig kommt, um Ashleys Mutter zu besuchen?»
    Sie sieht mich abwesend an, immer noch tippend.
    «Oh!» Sie verstummt wieder, während ihre Gedanken versuchen, mit ihren Fingern Schritt zu halten.
    «Äh, ja.» Endlich hört die Tastatur auf zu klappern. «Ja, er hat ein paarmal vorbeigeschaut.»
    «Findest du das nicht komisch?»
    CJ hat während des Gesprächs die Wand angestarrt und so getan, als wäre sie unsichtbar, als würde sie nicht denken, dass die Frau, die sich als ihre Beraterin ausgibt, offensichtlich selbst gut eine helfende Hand brauchen könnte. Ich reiche ihr die unterschriebenen Formulare. «Bis morgen», flüstert sie und eilt wie der Blitz davon.
    «Ach, ich weiß nicht», sagt Luanne, und ich denke: Natürlich nicht, du weißt ja nie! , und schäme mich sofort für meine Gehässigkeit. «Weißt du, Tilly, ich habe hier wirklich jede Menge zu tun, und …»
    Ich

Weitere Kostenlose Bücher