Was ist Gott?: Das Buch der 24 Philosophen (German Edition)
et geniti, quia non est vita divina nisi unum medio [ 35 ] tantum; sed non est finis ratione operis, ut quies et motus.
Wieder erfolgt eine drei-einige Bestimmung: Gott als Anfang ist Grund ohne Grund; Gott als Mitte ist Heraustreten aus sich ohne Veränderung, Gott als Ende ist ohne Ende.
Der Erzeugende ist Prinzip; er hält und erfasst als Erster das Erzeugte, hat selbst kein Prinzip.
Der Erzeugte geht hervor als Ziel des Erzeugenden. Dieses ‹Ziel ohne Ziel› besteht in der immer schon erreichten Realität der gemeinsamen Natur von Erzeuger und Erzeugtem, nicht außerhalb, so dass das Ziel erst noch erreicht werden müsste. Ziel ( finis ) hat hier nicht den Sinn eines Handlungsziels, das noch ‹verwirklicht› werden soll. Es ist der immer schon erreichte Selbstzweck.
Gott ist nicht nur eine Phase im Weltprozess. Er ist das Ganze.
Die These hat zwei Spitzen: einmal gegen die Neigung, Gott auf das Grundsein oder das Zielsein einzuengen und ihn in diesem Sinne ‹jenseits› zu wähnen. Er ist alles in allem. Er ist Mitte und Ende ebenso, wie er der Anfang ist.
Die zweite Spitze richtet sich gegen das schlichte Weiterreden in weltlichen Bestimmungen. Auch die Bestimmungen ‹Grund› oder ‹Ziel› sind zu potenzieren, zu reinigen, zu negieren: Ein Grund, der keinen Grund hat, ist in einem anderen Sinne Grund als jeder innerweltliche Grund. Ein Ziel, das kein Ziel mehr hat, hebt die Bestimmung Ziel ebenso auf, wie es sie in sich verwirklicht. Das Handeln der unendlichen Einheit hat sein Ziel immer schon erreicht. Es soll nicht erst werden; es ist.
Wichtig ist die mittlere Bestimmung: Gott als Medium, als Hervorgang, als processus , aber ohne dinghafte Veränderung. Er verliert sich nicht im Prozess.
Die Definition sagt nicht, sie beschreibe den Weltprozess. Sie sagt nicht, sie rede von der christlichen Trinität. Christen bezogen sie auf die Dreieinigkeit: Der Grund des Sohnes hat keinen Grund, der Vater erzeugt den Sohn oder das verbum , nicht um etwas zu erreichen. Dieses geht hervor, ohne Wesensänderung. Es ist substantielle Rückwendung auf ein Ziel, das es nicht bewirken oder erreichen muss, wie dies bei Zielen sonst der Fall ist, sondern als immanente Teleologie. Der siebte Philosoph legt sich mit seiner Definition nicht fest auf Kosmologie oder Trinität. Manche mittelalterliche Kommentatoren beunruhigte dies, sie sahen ihre Aufgabe darin, hier eindeutig ihre Trinität wiederzufinden. Wir haben diese Sorge nicht. Wir können offenlassen, was der Text ungesagt lässt. Wir heben hervor, was der Text sagt: Er beschreibt das Göttliche als Leben, vita divina (VII h S. 13, Z. 8; hier S. 45). Wie im Kommentar zur V. Definition geht es um das Thema ‹Leben›, wie in XV (XV h S. 22; hier S. 59) und in XIX (XIX h S. 26, Z, 4; hier S. 64). Nach dem Kommentar zur V. Definition (V h S. 11, Z. 4–5; hier S. 40) hat jedes Wesen etwas vom göttlichen Selbstzweck. Zu leben um zu leben, zu handeln ohne äußeres Ziel, das ist eigentlich ‹Leben›. Diese Zweckfreiheit ist kein Privileg einer abgetrennt-jenseitigen, göttlichen Substanz.
VIII. Gott ist die Liebe, die sich desto mehr verbirgt, je mehr wir sie haben.
DEVS EST AMOR QVI PLVS HABITVS MAGIS LATET.
Diese Definition erfolgt im Hinblick auf die Wirkung.
Im ersten Grund ist das, woher sein Leben stammt, dasselbe, woher alles Leben stammt. Daher ist er als er selbst die Quelle der Liebe in ihm.
Wenn das geschaffene Wesen sich gänzlich hinneigt auf die Einheit von Erzeugendem und Erzeugtem, wenn es also zurückkehrt zu seinem Grund auf die Weise des Rückgangs, dann ist dies die wahre Liebe des Geschaffenen, denn auf dieses Ziel hat er das Geschaffene hingeordnet. In dem Maße, in dem du dich mit ihm vereinst, in dem Maße wirst du erhoben, und entrückt er ins Erhabene.
Und das ist sein Verborgensein.
Haec definitio data est per effectum.
In prima causa id a quo vita et est ipsum a quo vita tota. Igitur id ipsum est fons amoris in illo.
Quod si rei creatae unitas generantis et geniti ad illam penitus se inclinat, revertendo per viam regressionis, tunc est id ipsum amor creaturae, prout ordinata est creatura ab ipso cui quanto magis te unificaveris, tanto exaltaberis et tanto elevabitur.
Et hoc eius latere est. [ 36 ]
Gott ist die Liebe, amor, und Quell aller Liebe. Er ist das Ganze des Lebens, er ist alles Leben ( vita tota ). Die Liebe der Kreaturen ist ihre Rückkehr zum Quell der Liebe. Je mehr sie diese erreichen, um so mehr verbirgt
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