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Was ist koscher - Jüdischer Glaube

Was ist koscher - Jüdischer Glaube

Titel: Was ist koscher - Jüdischer Glaube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Spiegel
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religiöses Zentrum hat, das mit den Insignien einer weltlichen Macht ausgestaĴ et ist, die sie einst auch ausgeübt hat. Selbst wenn die protestantische Kirche etwas anders strukturiert ist, aus jüdischer Sicht ist sie ebenso hierarchisch aufgebaut wie die katholische. Das Judentum kennt eine solche Hierarchie nicht. Wir haben keinen Oberrabbiner, der wie der Papst Glaubensentscheidungen für alle Juden treff en kann, an die sich auch alle anderen Rabbiner zu halten haben. Das wäre bei uns kaum denkbar. Wie heißt es so schön in einem uralten Witz: zwei Juden, drei Meinungen!
    Thora, Talmud, Halacha
    In biblischen Zeiten sprach GoĴ direkt zu seinem Volk, durch den Mund Mose. Die Autorität im Judentum ist GoĴ selbst.
    Später, als ein jüdischer Staat etabliert war, gab es den so genannten Sanhedrin, die Versammlung der Weisen, die religiö-
    se Entscheidungen traf, und noch später, nach der Zerstörung des Tempels, waren es die Weisen um Jochanan ben Sakkai, die das Judentum auf eine Post-Tempel-Existenz einrichteten.
    Sie alle trafen ihre Entscheidungen und ihre Anordnungen aufgrund der Thora, des Wortes GoĴ es.
    Mit dem Babylonische Exil und der Rückkehr nur eines Teils der jüdischen Bevölkerung nach Zion gab es mindestens zwei 55
    PюѢљ Sѝіђєђљ
    WюѠ іѠѡ јќѠѐѕђџӓ
    religiöse Zentren: Babylon und Israel. In Babylon entstanden große Talmudschulen, an denen die besten Gelehrten dieser ersten Diaspora der nachbiblischen Geschichte lehrten, und auch in Jerusalem entstanden große Jeschiwot, Religionsschulen, die sich die Interpretation der religiösen Gesetze zur Aufgabe machten. So entstanden neben der Thora, der zentralen BotschaĞ des Judentums, zwei Talmud-Ausgaben: der größere, wichtigere Babylonische Talmud und der kleinere Jerusalemer Talmud.
    Als Thora, was soviel wie »Lehre« bedeutet, werden die so genannten Fünf Bücher Moses bezeichnet, hinzu kommen die Werke der Propheten, aber auch die anderen SchriĞ en wie die Bücher Josua, die Bücher der Richter, die Bücher der Kö-
    nige, schließlich die Psalmen, die Sprüche Salomos, das Buch Hiob, das Hohelied Salomos, das Buch Ruth, die Klagelieder des Jeremias, der Prediger Salomo, das Buch Esther, das Buch Esra, das Buch Nehemia und die Bücher der Chronik.
    Der Talmud (das Wort kommt vom Hebräischen »Lilm-od«, »Lernen«) besteht aus zwei Teilen: Der Mischnah, die die ältere, mündlich überlieferte Lehre beinhaltet, und der Gemara, die die monumentale Aufzeichnung der Fallbeispiele, Diskussionen und GesetzesdebaĴ en der großen Weisen über mehrere Jahrhunderte festhält. Die NiederschriĞ des Talmud wurde im fünĞ en Jahrhundert d.Z. vollendet.
    Doch es kommen weitere Texte im Laufe der Jahrhunderte hinzu: Es sind dies Thora- und Talmudkommentare großer Gelehrter, die inzwischen ebenfalls zum Kanon der religiö-
    sen Literatur gehören, wie etwa die SchriĞ en des »Rambam«, des Maimonides, der im MiĴ elalter in Spanien und später in Ägypten lebte, oder die herausragenden Thorakommenta-re des berühmten Rabbi Raschi, der im MiĴ elalter im französischen Troyes und im rheinischen Worms lehrte. Immer 56
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    weitere rabbinische Responsa sind im Laufe der Jahrhunderte hinzugekommen. Religiöse Juden studieren sie natürlich auch, denn jeder große Rabbiner hat für seine jeweilige Ära neue Interpretationen der uralten Gesetze auf der Basis des Talmud gefällt, die für die Gemeinden dann wiederum in ihrer Zeit zum Leitfaden richtigen Verhaltens wurden. Das bedeutete natürlich aber auch, dass neben den von allen an-erkannten überragenden Gelehrten, wie den beiden oben genannten, häufi g lokale Gelehrte zum Teil unterschiedliche Entscheidungen über ein und denselben Sachverhalt fällten, weil vielleicht die Lebensbedingungen der Juden im Jemen andere Lösungen für bestimmte Probleme erforderten als die der Juden in Polen. Doch immer versuchten die Rabbinen ihre Entscheidungen im Rahmen der Halacha, des Religionsgesetzes, zu fällen.
    Daraus ergibt sich bereits: Die eine und einzige autoritative menschliche Stimme im Judentum gibt es nicht. Ein Rabbiner, der früher einfach nur ein Gelehrter war und erst in den letzten Jahrhunderten auch zu einer Art Seelsorger und religiösem Vertreter einer Gemeinde wurde, hat also nur be-dingte autoritative KraĞ . Und selbst als einfacher Jude habe ich immer die Möglichkeit, mir denjenigen Rabbiner als spirituelles und

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