Was ist koscher - Jüdischer Glaube
gemeint, wobei Synagoge nichts anderes ist als die nahezu wörtliche Übersetzung des hebräischen »Beit haKnesset«. »Synagogein« heißt auf Altgriechisch: zusammen-kommen.
Die Synagoge war also zunächst ein Zentrum für die Zu-sammenkunĞ einer GemeinschaĞ . In der Diaspora erhielt sie dadurch zentrale Bedeutung für eine Gemeinde. Hier traf man sich zum Gebet, zum Lernen, aber auch zum gemeinschaĞ lichen Feiern. So wuchs die Synagoge als Gebäude und haĴ e irgendwann bald Räume, die sich an den Gebetsraum anschlossen: Dahin konnten sich Studiengruppen in aller Ruhe zurückziehen, oder man ging nach dem Gebet in einen der größeren Nebenräume, wo ein Kiddusch, ein feierliches Essen für die GemeinschaĞ aus besonderen Anlässen, vorbereitet war.
Bis heute sind alle diese Funktionen einer Synagoge gültig geblieben, und jeder noch so neue Bau berücksichtigt diese Bedürfnisse. In der Synagoge befi ndet sich auch eine große Bibliothek mit religiösen SchriĞ en: die Thora in Buchform zum Studium, der gesamte Babylonische und Jerusalemer Talmud mit seinen vielen Folianten, der Raschi-Kommentar, die Texte des Maimonides, die Mischnaiot, der Schulchan Aruch und andere wichtigen Bücher großer Gelehrter, Rabbiner und Weisen, all das gehört neben Gebetsbüchern zur Standardausrüstung.
In der jüdischen Tradition wird dreimal am Tag gebetet. Es gibt das Morgengebet, Schacharith genannt, das Nachmit-tagsgebet, Mincha, und das Abendgebet, Maariw. Es ist üblich, NachmiĴ ags- und Abendgebet zusammenzulegen, so 60
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dass ein arbeitender Mann nicht dreimal, sondern nur zweimal in die Synagoge gehen muss.
Der Abend beginnt, sobald die drei ersten Sterne am Himmel zu sehen sind. Bis dahin ist NachmiĴ ag. Inzwischen kann man diese Zeit für jeden Ort genau berechnen. Also triğ
man
sich einige Zeit vor diesem »Sman«, diesem Zeitpunkt, betet sozusagen zur zeitlich letzten Gelegenheit Mincha, wartet eine Weile, während der man entweder einen kleinen Tal-mudtext studiert oder sich mit Freunden unterhält, und setzt dann mit dem Maariw wieder ein. Doch zum Lernen steht die Synagoge natürlich jederzeit off en. Auch die gesamte Nacht.
Leider ist das an vielen Orten nicht mehr möglich. Die Sicher-heitsbestimmungen lassen dies nicht mehr zu. In Gegenden, wo man keine Anschläge befürchten muss, sind die Synagogen aber weiterhin rund um die Uhr geöff net.
Muss ein Jude zum Gebet in die Synagoge oder kann er auch allein beten? Natürlich ist das Einzelgebet möglich, und oĞ haben Juden gar keine andere Wahl. Weil sie zum Beispiel auf Reisen sind oder weil sie vor der Zeit des gemeinschaĞ lichen Gebets zu einem Termin müssen.
Generell gilt aber, dass man sich bemühen soll, am GemeinschaĞ sgebet teilzunehmen. Als »GemeinschaĞ « wird in orthodoxen Gemeinden eine Gruppe von mindestens zehn Männern, ein so genannter Minjan, bezeichnet. Sind zehn Männer anwesend, dann kann das Gebet beginnen. In liberalen Gemeinden werden auch Frauen zum Minjan gezählt. Als Mann oder Frau gilt jeder, der über dreizehn beziehungsweise zwölf Jahre alt ist, also jeder, der bereits ein Bar- oder eine Bat-Mitzwah ist.
Das GemeinschaĞ sgebet ermöglicht bestimmte Gebete, die man als Einzelner nicht sagen kann, weil sie die »Antwort«
der GemeinschaĞ auf den Vorbeter brauchen. Das sind Gebe-61
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te, die aus zwei Teilen bestehen, den Texten, die der Vorbeter spricht, und den Texten, mit denen die Gemeinde »antwortet«. Zu solch einem Gebet zählt zum Beispiel das Kaddisch, das man nach dem Tod eines Elternteils oder anderer Verwandten täglich spricht. Die Gemeinde muss bei dieser Lob-preisung GoĴ es antworten. Darum wird ein Trauernder immer eine Synagoge aufsuchen, was sich zugleich positiv auf seine Psyche auswirkt, er ist nicht allein in seiner Trauer.
Die großen Weisen um Jochanan ben Sakkai, die in Javneh nach der Zerstörung des Tempels dem Judentum ein neues Gesicht gaben, indem sie es für die Diaspora und eine Zeit ohne Tempel gestalteten, entwickelten eine Philosophie der göĴ lichen Präsenz auf Erden. Wie schon beschrieben, war der
»Ort«, an dem sich die Schechinah sozusagen ständig »auf-hielt«, das Allerheiligste im Tempel. Mit der Diaspora des jüdischen Volkes ging auch die Schechinah mit ihrem Volk ins Exil. So interpretierten ben Sakkai und seine Kollegen die neue Situation. Jedesmal wenn
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