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Was ist koscher - Jüdischer Glaube

Was ist koscher - Jüdischer Glaube

Titel: Was ist koscher - Jüdischer Glaube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Spiegel
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Doch das liegt nicht an seiner Physiognomie, sondern häufi ger an seiner Kleidung und an seiner Haar- und BarĴ racht.
    In Deutschland, aber auch anderswo, hat es sich längst eingebürgert, auf CDs mit jüdischer Musik oder auf Covers von Büchern, die sich mit dem Judentum auseinander setzen, einen orthodoxen Juden abzubilden. Man hält das wohl für 146
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    »typisch jüdisch«. Dieser chassidische Jude, der einer streng-gläubigen osteuropäischen Gruppe angehört, wird heutzutage gerne als Prototyp des frommen Juden verstanden und für solche Zwecke missbraucht. Es ist ein Jude im schwarzen Kaf-tan, mit langem Bart, Schläfenlocken und einem merkwürdig unkonventionellen Hut, oĞ mals mit einer Pelzkrempe.
    So sieht ein frommer Jude aus, denken viele Nichtjuden, und sind ganz irritiert, wenn sie einen normal gekleideten Mann treff en, im Anzug oder in Jeans, der einfach nur ein kleines Käppchen, eine Kippa, trägt und von sich behauptet, er sei ein frommer Jude.
    KleidungsvorschriĞ en
    Wie also zieht sich ein Jude nun an? Welche Kleidung muss, darf er tragen?
    Das Religionsgesetz macht da nur einige Vorgaben. Und fast alle sind zur Interpretation freigegeben – und führen somit zu einem Reichtum an unterschiedlichen Kleiderformen in der Geschichte, die dennoch gewisse Gemeinsamkeiten aufweisen, je orthodoxer der Jude oder die Jüdin ist. Manche Einzelheiten, die jetzt folgen, habe ich schon in früheren Kapiteln erklärt. Zum besseren Verständnis werde ich hier einige Fakten wiederholen.
    Das wohl eigenartigste Gebot der Thora ist das so genannte Schatness-Gesetz. Es besagt, dass man keine Kleider tragen darf, die aus einer Leinen-Woll-Mischung oder schlechthin aus Mischgewebe hergestellt sind. Es ist ein Gesetz, dessen Sinn wir nicht kennen. Allerdings wurde es in zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen orthodoxen und reformeri-schen Gelehrten immer wieder anlässlich heĞ iger religionsphilosophischer Auseinandersetzungen zitiert.
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    Nach der orthodoxen Überzeugung ist die Thora das un-miĴ elbare Wort GoĴ es, das dem jüdischen Volk nach seinem Auszug aus Ägypten von Moses am Berg Sinai verkündet und gegeben wurde. Demnach ist jedes Wort, das in der Heiligen SchriĞ vorkommt, göĴ lich, unwiderrufl ich und ewig gültig.
    Eine »Mitzwah« (religiöse Pfl ichterfüllung) ist also ein göĴ liches Ge- oder Verbot. Es gibt nichts daran zu rüĴ eln. GoĴ will es so, also muss man es auch so befolgen, ganz egal, was wir kleinen Menschen davon halten, egal, ob wir verstehen, warum er das so will. Der göĴ liche Wille ist für den menschlichen Verstand nicht begreiĠ ar.
    Als das Reformjudentum im ausgehenden 18. Jahrhundert in Deutschland entstand, als Folge des beginnenden Kampfes für die Emanzipation, die AuĤ lärung und den Rationalismus, brach eine kleine Gruppe von Juden radikal mit der jahrtausendealten Tradition, die Thora als das Wort GoĴ es zu akzeptieren. Jetzt waren die »Fünf Bücher Moses« in ihren Augen ein vom Menschen selbst geschriebener Text. Und zwar von mehreren Menschen. Sie alle haĴ en eine »GoĴ eserfahrung«
    gemacht, haĴ en eine »Begegnung« mit dem GöĴ lichen. Dieses Erlebnis haĴ e sie veranlasst, die Thora zu schreiben. Sie ist also nichts als ein Zeugnis der göĴ lichen Erfahrung, die eine Gruppe ganz besonderer Menschen haĴ e. So die Lesart der Reformjuden.
    Damit aber ist der Text nicht mehr »Thorat Emet«, die
    »wahre Thora«, oder auch: »Die Wahrheit der Thora«, sondern ein von Menschen niedergeschriebenes Buch, das über das Heilige erzählt, aber als Text keinerlei Heiligkeit mehr besitzt. Durch diese neue Deutung musste man sich nicht mehr streng an den Text halten. Er war ja menschlich – so wie ein Roman, und man konnte bestimmte Passagen, die für die eigene Zeit keinen »Sinn« mehr machten, vernachlässigen 148
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    oder sie gar, im Falle so genannter sinnloser Gebote, ad acta legen. Das frühe Reformjudentum fühlte sich dem Zeitgeist der AuĤ lärung ganz besonders verpfl ichtet und lehnte daher jede Mitzwah, die für den Juden des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts irrational erschien, ab. So auch das Schatness-Gesetz. Mal ganz abgesehen davon, dass die Orthodoxie über den grundsätzlichen Zweifel an dem göĴ lichen Charakter der Thora völlig entsetzt und empört war

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