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Was ist koscher - Jüdischer Glaube

Was ist koscher - Jüdischer Glaube

Titel: Was ist koscher - Jüdischer Glaube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Spiegel
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Sowjetunion beherrschen und bald die ganze Welt! Wenn ich die anderen Zeitungen lese, erfahre ich nur Entsetzliches: wie man uns alles wegnimmt, wie wir keine Rechte mehr haben, wie wir gedemütigt und zerstört werden.
    Sag mal ehrlich, Weiss, fi ndest du nicht auch, dass der ›Völkische Beobachter‹ ein tolles BlaĴ ist?«
    Der moderne Antisemitismus und die »Protokolle der Weisen von Zion« führten bald zu einer entsprechenden Judenpolitik in Europa. Zunächst in Osteuropa, wo die AuĤ lärung ja nicht so erfolgreich gewesen war. In Russland brach die Zeit der Pogrome an, der schlimmsten Judenverfolgungen seit rund dreihundert Jahren. Sie waren eine Folge der Ermordung des Zaren Alexander II. durch die Anarchisten. Natürlich wurde den Juden die Verantwortung dafür in die Schuhe geschoben.
    Zwischen 1881 und 1884 kam es dann zu zahlreichen gewalt-tätigen Exzessen im zaristischen Reich. Viele Juden suchten ihr Heil in der Auswanderung.
    1903 kam es zu dem berühmten Pogrom von Kischinew, das nur der AuĞ akt einer neuen Pogromwelle war, die bis 1906 andauerte. Und schließlich kam es während und nach der russischen Revolution erneut zu einer Pogromwelle, bei 141
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    der allein schätzungsweise 150000 Juden getötet wurden. In jener Zeit wanderten rund 2,5 Millionen Juden aus Russland aus. Etwa zwei Millionen gingen in die USA, der Rest verteilte sich über Westeuropa, Palästina, Südafrika, Argentinien und Kanada.
    Aber auch in Westeuropa konnte sich der Antisemitismus als politische KraĞ durchsetzen. Die Dreyfus-Aff äre in Frankreich sollte der erste offi
    zielle AuĞ akt für ein neues Denken
    werden. Alfred Dreyfus (1859-1935) war ein französischer Jude, der als Offi
    zier der französischen Armee des Hochver-
    rats angeklagt war. Er habe im deutsch-französischen Krieg Geheimnisse an den Feind verraten, hieß es. Es gab keinerlei Beweise dafür. Alle Dokumente, die gegen ihn vorgebracht wurden, erwiesen sich später als Fälschungen.
    Der Prozess stank zum Himmel. Kein Geringerer als der französische SchriĞ steller Emile Zola schrieb in einer großen Tageszeitung einen empörten Artikel über die antisemitische Hetze gegen den armen Dreyfus mit dem Titel: »J‘accuse«,
    »Ich klage an«. Aber es nutzte alles nichts. Dreyfus wurde verurteilt. Erst viele Jahre später, 1906, durĞ e er von der Teu-felsinsel, auf die er lebenslänglich verbannt war, nach Paris zurückkehren, und nachdem sich seine Unschuld erwiesen haĴ e, wurde er mit allen offi
    ziellen militärischen Ehren reha-
    bilitiert. Doch da war Dreyfus bereits ein gebrochener Mann.
    Und schlimmer noch, der Antisemitismus haĴ e längst einen festen Platz im politischen Europa. Das Hauptmotiv der Dreyfus-Aff äre haĴ e sich längst in ganz Europa als »Tatsache« festgeschrieben: Ein Jude könne kein loyaler Staatsbürger sein.
    Der Antisemitismus war eine Herausforderung, auf die keine jüdische Strömung eine wirkliche Antwort wusste, nicht die 142
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    Chassidim, nicht die Mitnagdim, nicht die jüdischen Sozialis-ten, nicht die Reformjuden, nicht die modernen Orthodoxen und auch nicht die assimilierten Juden. Sie alle waren das Ergebnis der Moderne, die im 18. und 19. Jahrhundert begonnen haĴ e. Sie alle haĴ en sich als hochinteressante Entwicklungen des Judentums erwiesen, haĴ en gezeigt, dass dieser uralte Glaube durchaus die Fähigkeit besaß, sich auf verschiedenste Weise zu modernisieren. Und wir alle, die wir heute als Juden in Europa, in den USA oder Israel leben, sind Produkte dieses
    »modernen Judentums«, selbst die Ultra-Orthodoxen, wenngleich ihnen das häufi g gar nicht so recht ist.
    Doch wie gesagt, sie alle haĴ en keine Antwort auf die neue Bedrohung, die sie alle gleichermaßen meinte. In diesem Augenblick entwickelte sich die Idee der Rückkehr in die alte Heimat, der Zionismus.
    Der junge Wiener Journalist Theodor Herzl war als Kor-respondent der österreichischen Zeitung »Neue Freie Presse«
    beim Dreyfus-Prozess anwesend. Er beobachtete ihn sehr genau und begriff , dass der Antisemitismus des christlich-sä-
    kularen Europas eine Krankheit ist, die nicht vergehen und die Juden auf Dauer gefährden würde. Der Dreyfus-Prozess wurde für ihn zum Auslöser, ein politisches Pamphlet mit unglaublicher WirkungskraĞ zu schreiben. »Der Judenstaat«
    war seine Vision eines jüdischen Staates in der alten Heimat, im

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