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Was ist koscher - Jüdischer Glaube

Was ist koscher - Jüdischer Glaube

Titel: Was ist koscher - Jüdischer Glaube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Spiegel
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    deutlich zu machen. In der Tradition heißt es, dass jeder Jude am Schabbat eine zweite, zusätzliche Seele erhält, die ihn am Ende des Schabbats wieder verlässt. Interessant ist wieder einmal die symbolische Bedeutung des Bildes einer zweiten Seele. Sie betont die herausgehobene Stellung des Schabbat im Leben eines gläubigen Juden, die wohltuende, vielleicht sogar heilende psychische Wirkung, die er hat.
    Vielleicht ist jetzt verständlich, welche Freiheit das Einhalten der Schabbat-Gebote bedeuten kann. All die Restriktionen, die dem Nichtwissenden als Erschwernis des Alltags erscheinen, haben keinen anderen Zweck, als die irdischen Fesseln der menschlichen Existenz für einen Tag, für vierundzwanzig Stunden, zu sprengen.
    Noch einmal ein Blick zurück in das Leben der Juden in früheren Zeiten, ins GeĴ o, ins Stetl. Es war armselig, dieses Leben, bedroht und sehr eng. Und Juden haĴ en keinerlei Möglichkeiten, sich dieser Enge zu entziehen. Ist es da ein Wunder, dass der Schabbat diesen Menschen ein Trost war? Dass der Schabbat ihnen die KraĞ gab, ihr Schicksal zu ertragen? Wie sagte doch Achad Ha‘am – nicht die Juden haben den Schabbat gehalten, sondern der Schabbat die Juden. Wie Recht er doch haĴ e!
    In den osteuropäischen Stetls, in denen die jüdische Be-völkerung überaus arm war, lebten viele Menschen unter der Woche von einem Stück Hering, einer Kante dunklen Brotes und vielleicht einem Schnaps. Man bewahrte das bisschen Geld auf, das man verdiente, um auf dem Markt für das feierliche Schabbat-Mahl etwas Besonderes einkaufen zu können: einen Karpfen, aus dem man dann Gefi lte Fisch machte, ein richtiges Stück Fleisch, Bohnen und Kartoff eln für den Tscho-lent, Mehl, um einen ordentlichen Kuchen zu backen. Allein 220
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    dadurch erhielt der Schabbat etwas Besonderes, was auch mit einem anderen Gesetz deutlich wird. Es ist für ein Ehepaar geboten, am Schabbat-Abend, also freitags nach dem Abendessen, miteinander zu schlafen!
    Die Sexualität, dieser körperliche Ausdruck der Liebe, der Zuneigung und der Zugehörigkeit, gehört natürlich zur Freude und Freiheit des Menschen. Wenn man so will, ist dieses Gebot eine Fortsetzung des sozialen Charakters des Schabbat, der zwischenmenschliche Austausch mit anderen MiĴ eln.
    Was aber geschieht, wenn das Leben eines Menschen bedroht ist? Wenn er, nur als Beispiel, in der Synagoge oder daheim mit einem Herzinfarkt zusammenbricht und dringend in die Klinik müsste? Darf er dann mit einem Krankenwagen trans-portiert werden? DürĞ e ein Verwandter ihn, wenn es keinen Notarzt in der Nähe gäbe, mit seinem eigenen Wagen in die Klinik fahren? Wer begriff en hat, worum es am Schabbat eigentlich geht, der wird auch die Antwort wissen: Natürlich ja! Da der Schabbat dazu dient, das Leben zu heiligen, ist es nur logisch, dass im Falle der Lebensbedrohung das Leben gereĴ et werden muss – ganz egal, welches göĴ liche Gesetz dabei übertreten wird. Das oberste Gebot ist ja stets: das Leben zu heiligen und zu bewahren. Insofern darf ein Jude in Lebensgefahr alle Verbote übertreten und brechen. Das gilt grundsätzlich und immer. An allen Feiertagen und für alle Verbote. Ja, ein Jude, der kurz vor dem Verhungern ist, darf sogar Schweinefl eisch essen. Der Talmud sagt dazu: »Enthei-lige einen Schabbat, damit er lebe und viele Schabbate noch heiligen kann.« Und der Talmud erinnert auch daran, dass
    »der Schabbat dem Menschen gegeben wurde, und nicht der Mensch dem Schabbat«.
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    Was machen Juden an Sylvester?
    So einfach die Frage, so komplex die Antwort! Zunächst könn-te ich einfach sagen: Juden machen an Sylvester dasselbe wie andere Menschen auch, sie feiern, sie gehen aus, sie tanzen, haben Spaß, genießen um MiĴ ernacht das Feuerwerk, wünschen sich ein gutes, neues Jahr, gehen ziemlich spät ins BeĴ
    und schlafen am 1. Januar erst einmal aus. Doch diese Antwort ist nur teilweise richtig. Sie gilt für jene Juden, die nicht orthodox sind, die zwar mehr oder weniger religiös oder traditionell leben, aber sich durchaus bewusst sind, dass sie in einem christlichen Jahresablauf leben, der zumindest ihren berufl ichen Alltag bestimmt und regelt.
    Der christliche Kalender, die christliche Einteilung eines Jahres ist für die meisten Menschen auf der Welt verbindlich geworden, egal, ob sie nun Christen, Juden oder Muslime

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