Was ist koscher - Jüdischer Glaube
Einkäufe tätigen. Irgendwas gibt es immer zu tun.
Das jüdische Schabbat-Gebot sagt dazu schlicht: Nein.
Kommt nicht in Frage. Mach dich nicht zum Sklaven irgendeines Götzen. Egal, ob dieser nun Mammon oder Kar-riere, Schmidt oder Huber heißt. Am Schabbat bist du frei!
Der moderne Mensch mag sich jetzt vormachen, dass er am Wochenende doch nichts anderes tut, als ins Kino zu gehen 214
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oder ins Fitness-Studio. Doch Hand aufs Herz: Für wie viele sind auch diese Tätigkeiten Zwang? Das Gefühl, man müsse dies jetzt tun, weil man doch fi t bleiben muss oder sich bilden oder zerstreuen will, ist gewiss nicht selten.
Der Schabbat ist also eine Form des Protestes gegen Unterdrückung und Unterjochung. Man könnte auch sagen: Der Schabbat ist eine Aufl ehnung gegen jegliche Form von Fremd-bestimmung. Wenn wir bedenken, dass die Schabbatruhe der Bibel auch die Sklaven, sogar die Haustiere mit einschließt, dann wird ersichtlich, wie radikal diese Idee in der Umset-zung zu biblischen Zeiten war.
Welche Freiheit ist es doch, einmal in der Woche sagen zu können: »Okay, ich habe wirklich sehr viel Arbeit. Ich habe einiges noch nicht ganz erledigt. Aber von Freitagabend bis Samstagabend interessiert mich das alles nicht mehr. Diese Dinge müssen warten können. Ich kümmere mich jetzt ausschließlich um meine spirituellen Bedürfnisse. Ich beschäĞ ige mich jetzt nur mit meinem Verhältnis zu GoĴ und mit meiner Familie, meinen Freunden und, natürlich, mit mir selbst.«
Das klingt sehr nach Luxus? Ist es auch. Schabbat ist in jeder Hinsicht ein Luxus. Insofern ist das Zitat von Ahad Ha‘am auch zu verstehen. Wenn man sich die jüdische Geschichte anschaut, dann wird man rasch feststellen, dass Juden nicht nur politisch und gesellschaĞ lich unterdrückt und verfolgt wurden, sondern häufi g, entgegen allgemein üblichen Klischees, auch arm waren. Was für ein Gefühl muss es da für einen Juden gewesen sein, wenn er sich einmal in der Woche zurückziehen, all die Mühen, die Plackereien, den Ärger hinter sich lassen und sich als ein Mensch fühlen konnte, der all seine irdischen Fesseln abstreiĞ , um sich für vierundzwanzig 215
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Stunden auf eine andere emotionale, seelische und geistige Stufe zu heben?
Der Abend
Um genau dies zu erreichen, muss der Schabbat entsprechend vorbereitet werden. Am FreitagnachmiĴ ag werden also daheim alle Vorbereitungen wie zu einem großen Fest getroff en.
Meistens wird schon am Donnerstag in der Küche mit der Zubereitung der traditionellen Speisen begonnen. Am Freitag wird dann der Tisch schön gedeckt, und jeder wird auch bei sich selbst »Hand anlegen«, sich waschen und sich umziehen.
Auf dem Esstisch, oder direkt daneben, werden mindestens zwei Kerzen in den Leuchter gesteckt. Diese werden etwa zwanzig Minuten vor Sonnenuntergang von der Frau des Hauses angezündet. Sie spricht dann einen Segen über das Zünden der Schabbatlichter. Die meisten Frauen biĴ en dabei still und in sich gekehrt GoĴ um Sicherheit und Gesundheit für die Familie. Anschließend wünschen sich alle Familienmitglieder entweder ein »Schabbat Schalom«, wie man auf Hebräisch sagt, oder, auf Jiddisch, »a gitn Shabbes«.
Die Männer gehen anschließend in die Synagoge zum Abendgebet. Nach ihrer Rückkehr beginnt das Abendessen, das, wie an allen Feiertagen, mit der immer gleichen Zeremonie seinen Anfang nimmt, mit dem Weihegebet, dem Kiddusch.
Zum Kiddusch wird ein meist silberner Becher randvoll mit Wein gefüllt. Der Mann nimmt ihn in die Hand und rezitiert, üblicherweise singend, den heiligen Text: Ein Gebet, das GoĴ für die Gabe des Schabbats und des Weines dankt.
Alle Familienmitglieder und die Gäste stehen dabei am Tisch.
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Nach dem Ende des Kiddusch trinkt der Betende von dem Wein und reicht den Becher dann weiter, damit jeder von dem gesegneten Wein trinken kann. Anschließend werden die Hände rituell gewaschen. Man gibt Wasser in eine extra dafür vorbereitete kleine Kanne und gießt es dann je dreimal über die rechte und die linke Hand. Wieder wird ein Segensspruch gesagt, diesmal für das Gebot der rituellen Reinigung. Danach gehen alle zum Tisch zurück. Am Platz des Hausherrn liegt ein schönes TableĴ aus Holz oder Silber, auf dem die Challah liegt: zwei längliche, zumeist gefl ochtene Weißbro-te, mit Mohn
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