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Was kostet die Welt

Titel: Was kostet die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagel
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eben selbst. Und so wie ich denken viele. Sagt nur keiner. So sieht das nämlich aus. Aber ich lass mir das Maul nicht verbieten von denen da oben.«
    Handwerkertyp, zwischen den beiden vermittelnd: »Man muss ja schon sagen, im Eifelbereich haben die Russen den kompletten Drogenhandel in der Hand.«
    Alphawolf: »Mein Reden!«
    Handwerkertyp: »Und nicht nur Haschisch und Marihuana, sondern auch Heroin.«
    Comicverkäufer: »Ja, das ist wohl wahr.«
    Handwerkertyp, leise, als würde er den anderen jetzt eine ganz besonders brisante Geheiminformation anvertrauen: »Heutzutage ist ja auch viel mehr Wirkstoff in Haschisch enthalten. Die züchten sich da ein Kraut heran, das macht dich fertig, da bist du sofort abhängig!«

    Alphawolf: »So sieht’s aus. Ich sag ja immer: Vorsicht ist besser als Nachsicht. Ich hab nichts gegen den Iwan, er soll nur schön in Sibirien bleiben, da kann er nicht so viel Schaden anrichten!«
    Er wedelt mit seinem Bierglas in der Luft herum.
    Â»So, Frollein, würdest du dann hier nochmal die Luft rauslassen!«
    Dagmar steht bei der Baseballkappe am Spielautomaten. Da könnte heute noch was gehen.
    Â»Was?«
    Â»Eine Gerstenkaltschale, Schätzchen! Schwing die Hufe, ich bin am verdursten!«
    Â»Jaja, kommt.«
    Der Alphawolf blickt ihr aus den Augenwinkeln hinterher: »Das sind unsere Moselweiber: Gesicht wie ein Engel, Arsch wie ein Brauereipferd.«
    Â»Hey, bleib mal ganz geschmeidig da hinten«, sagt die Baseballkappe mit piepsiger Stimme.
    Â»Halt die Backen, Grünschnabel, dann tut das Gesicht nachher nicht so weh beim Weinen«, antwortet der Alphawolf, ohne die Baseballkappe überhaupt anzusehen.
    Er schnalzt mit der Zunge und wirft eine Karte in die Tischmitte. Handwerkertyp und Comicverkäufer kichern leise vor sich hin. Baseballkappe schüttelt den Kopf. Dagmar tut so, als hätte sie von alldem gar nichts mitbekommen, und zapft ein großes Bier.
    Bubigesicht hat als Einziger nichts zu der Unterhaltung beigesteuert. Er sitzt mir genau gegenüber. Als seine nervösen Augen meinen Blick kreuzen, wird er noch ein bisschen röter im Gesicht und vergräbt es schnell wieder unter seiner Gardine. Dass er in dieser üblen Runde seinen Freitagabend verbringt, weil es in diesem Scheißnest
nichts Besseres zu tun gibt, ist doch nicht zum Aushalten.
    Warum bleibt er nicht zu Hause und liest ein Buch?
    Verbündet sich mit Baseballkappe und Dagmar und gibt dem Alphawolf sein Weizenbierglas zu fressen.
    Oder zieht einfach weg, weit weg, irgendwohin, wo er in einer anonymen Masse verschwinden und den Ballast der Dorfjugend abwerfen kann, einen Schutzwall aus Menschen um sich, der ihn von seinen Wurzeln trennt!
    Â 
    Es ist so eine spontane Eingebung. Ich stehe auf, nehme mein Glas und gehe mit meinem finstersten Gesichtsausdruck auf den Kartenklopptisch zu. Bubigesicht starrt mich erschrocken an, doch kurz bevor ich an ihrem Tisch bin, drehe ich nach links ab und lehne mich an den Tresen, direkt neben den Jeansträger.
    Â»Ist hier noch frei?«
    Â»Ist freies Land«, sagt der Jeansträger. Polnischer Akzent. Ich habe mich nicht getäuscht.
    Â»Dziękuję«, sage ich und setze mich auf den Barhocker. Eins von drei polnischen Wörtern, die ich kenne. Danke , Bier und Prost . Reicht ja eigentlich, um damit durch den Abend zu kommen.
    Der Jeansträger dreht langsam den Kopf und schaut mich mit einer Mischung aus Überraschung und Misstrauen an. Dann beginnt er zu grinsen, wobei er eine ziemlich große Zahnlücke offenbart, so eine, wie ich sie früher gerne gehabt hätte. Ich schätze ihn auf Mitte bis Ende dreißig. Dunkle Haare, hageres Gesicht.
    Â»Tobias«, sage ich. Ich weiß nicht, warum ich meinen echten Vornamen wähle. Mache ich sonst eigentlich nie.
    Â»Marek«, sagt er.

    Marek, Marek, da war doch was.
    Â»Arbeitest du bei den Arends?«
    Â»Hm«, sagt er und nickt. Hinter mir lachen die Kartenklopper über irgendetwas. Ich mache eine Kopfbewegung in ihre Richtung und rolle mit den Augen.
    Â»Kurwa«, sagt Marek leise. Ich wusste, dass ich noch ein viertes polnisches Wort kenne.
    Er trinkt Bier und Wodka. Ich bestelle eine Runde für uns beide.
    Â»Na zdrowie!«, sage ich, und er schenkt mir wieder sein verschmitztes Grinsen.
    Wir stürzen den Wodka hinunter. Merkwürdigerweise habe ich den Letzten-Schluck-Ekel nicht bei Kurzen,

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