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Was macht der Fisch in meinem Ohr

Was macht der Fisch in meinem Ohr

Titel: Was macht der Fisch in meinem Ohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia David u Morawetz Bellos
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des Fremden in der Empfängersprache am besten darstellen? Jean d’Alembert, Mathematiker, Philosoph und mit Diderot Herausgeber der Enzyklopädie , gab darauf 1763 eine sinnreiche Antwort:
    Wie Ausländer [Französisch] sprechen, ist das Vorbild für eine gute Übersetzung. Das betreffende Werk sollte unsere Sprache nicht mit der abergläubischen Vorsicht sprechen, mit der wir unsere Muttersprache gebrauchen, sondern mit einer noblen Freiheit, die es gestattet, Züge der einen Sprache zu entleihen, damit sie die andere schmücke. So getan, kann eine Übersetzung alle Qualitäten aufweisen, die sie zu einer Empfehlung machen – eine natürliche und ungezwungene Manier, welcher der Genius des Originals anhaftet, und daneben das zusätzliche Arom eines Heimatlands, geschaffen durch seine fremde Färbung. 2
    Dieses Vorgehen birgt das Risiko, dass der fremde Klang einer Übersetzung – genau wie die etwas unnatürliche Ausdrucksweise eines echten Ausländers, der Französisch (oder Englisch oder Deutsch …) spricht – in vielen gegenwärtigen und historischen Kontexten womöglich als unbeholfen, falsch oder als noch Schlimmeres abgelehnt wird.
    So wollte etwa im Jahr 282 v. u. Z. ein römischer Gesandter namens Postumius, der nur über Schulgriechisch verfügte, mit der an der Ferse des italienischen Stiefels gelegenen Stadt Tarent, in der man Griechisch sprach, Verhandlungen führen. Die Tarenter jedoch scherten sich nicht um das, was der Mann zu sagen hatte, sondern achteten nur auf die Patzer, die ihm bei sprachlichen Feinheiten unterliefen. Sie platzten laut lachend heraus über seine Fehler und jagten ihn schließlich vom Platze. Als er ging, lüftete ein Betrunkener sein Gewand und bespritzte die Toga des Botschafters mit Schmutz. 3
    Soll ein Text fremd klingen, liegt es eigentlich sehr nahe, Teile davon in der Originalsprache zu belassen. Das war in England zur Zeit der Romantik gängige Praxis. In der frühesten Übersetzung des heute im Englischen als Dangerous Liaisons bekannten Romans zum Beispiel sprechen die Figuren einander mit vollem Titel auf Französisch (als monsieur le vicomte, madame la présidente ) an und verwenden alltagssprachliche Ausdrücke wie allez!, parbleu! und ma foi! in Sätzen, die ansonsten ins Englische übersetzt sind. 4 Ebenso behält heute in Übersetzungen der Romane von Fred Vargas die Hauptfigur, Jean-Baptiste Adamsberg, ihren französischen Rang eines commissaire , der einen Schwarm von brigadiers unter sich hat, mit denen er aber Englisch spricht. 5 Nach derselben Logik selektiver Fremdartigkeit sprechen deutsche Offiziere in den meisten Hollywoodfilmen über den Zweiten Weltkrieg ein natürliches Englisch, gespickt mit deutschen Einsprengseln wie jawohl, Gott im Himmel und Heil Hitler .
    Das Verfahren lässt sich noch weiter ausbauen, in der Unterhaltungsliteratur und sogar bei Klassikern. Die italienische Fassung von Singin’ in the Rain vollbringt bei der Übersetzung geistreicher Plappereien zwar wahre Wunder der Lippensynchronisation, behält für den Soundtrack des Titelsongs aber die englische Originalsprache bei. Eine berühmte moderne Inszenierung des König Lear auf Chinesisch lässt Cordelia die Zeilen Shakespeares sprechen – sie sagt ihrem Vater die Wahrheit in der Sprache, die sie wirklich spricht. 6
    Meist jedoch simulieren Übersetzungen den fremden Klang fremdsprachiger Werke lediglich. Die Aufgabe, so zu schreiben, dass es für Sprecher anderer Sprachen wie Englisch klingt, lässt sich sogar so lösen, dass man überhaupt nicht Englisch schreibt.
    Englisch wird weltweit in Popsongs, Fernsehübertragungen und so weiter von Millionen von Menschen gehört, die aber nicht genau verstehen, wovon die Lieder, Jingles und Berichte handeln. Folglich gibt es sehr viele Menschen, die Englisch an seiner Phonologie erkennen – an den bei Englisch hörbaren Lauten –, ohne aber mit dem englischen Wortschatz oder der Grammatik vertraut zu sein. Vor etwa 40 Jahren trat ein italienischer Rockstar mit einer Nummer auf, in der er sich als Englischlehrer ausgab und seiner Klasse vorführte, dass man kein Wort verstehen muss, um trotzdem zu wissen, wie Englisch klingt. Adriano Celentanos Prisencolinensinainciusol ol rait , auf eine eingängige Melodie gesungen, ist eine witzige und überraschende Nachahmung englischer Laute – ohne aber Englisch zu sein. »Anglo-Kauderwelsch«, in Textform übertragen, kann den englischen Sprachklang aber nur vertreten, wenn man den Text

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