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Was macht der Fisch in meinem Ohr

Was macht der Fisch in meinem Ohr

Titel: Was macht der Fisch in meinem Ohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia David u Morawetz Bellos
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lassen kann ich Sie nicht. Und was man nicht mitteilen kann, kann man nicht übersetzen, das leuchtet ein. Das heißt jedoch nicht, dass ein anderer das Gedicht nicht übersetzen könnte.
    Who, if I cried, would hear me among the angels’ hierarchies?
    And even if one would take me suddenly to his heart
    I would die of his stronger existence.
    So hätte ich die Zeilen vielleicht übersetzt, als ich mich in Rilke vertiefte und Deutsch lernte. Das Englische drückt ziemlich genau dasselbe aus wie das Deutsche. Ist es Poesie? Darüber befindet jeder für sich, nach Kriterien, die absolut nichts mit der Qualität der Übersetzung zu tun haben. Die hier stammt nicht von einem Dichter oder einem Übersetzer, sondern wurde (mit ein wenig Nachhilfe) von einer kostenlos im Internet verfügbaren Übersetzungssoftware gemacht.
    Dass Verse aus persönlichen, gleichsam biografischen Gründen geschätzt werden, kommt vermutlich oft vor. Wir sagen ja vielleicht, dass wir eine Zeile oder einen Rhythmus oder einen lyrischen Text »an sich« schön finden, es lässt sich aber leichter aufzeigen, dass persönliche Empfindungen den Ausschlag geben, wenn Gedichte jemandem ans Herz wachsen oder er sein Herz an Gedichte hängt. Ob der Gegenstand der aufgewendeten Gefühle und des ästhetischen Genusses zuerst in einer anderen Sprache geschrieben und dann übersetzt oder ob er in der Sprache geschrieben wurde, in der wir das Gedicht lesen, ist unerheblich. Man weiß es eh nicht. Ein russischer Leser weiß vielleicht, dass Pasternaks бытъ или не бытъ – вот в чем вопрос eine Übersetzung ist, aber wenn man es ihm nicht gesagt hat, kann er nicht feststellen – und hat auch keinen Grund, sich zu fragen –, ob das poetischer oder weniger poetisch ist als Shakespeares »Sein oder nicht sein, das ist die Frage«.
    Zugegeben, emotionale Bindungen an Dinge – Gedichte und Sprachformen eingeschlossen – sind letztlich vielleicht nicht vermittelbar. Ansichten zur Einzigartigkeit und Unvermittelbarkeit emotionaler Bindungen sind jedoch ohne Belang für die Frage, ob Dichtung übersetzbar ist oder nicht. Das liegt viel weniger im Dunkeln.
    Dass es Empfindungen oder Erfahrungen geben soll, die sich nicht ausdrücken lassen, wird von manchen mit der vernünftigen Begründung angezweifelt, dass wir, könnten wir darüber nichts sagen, auch nicht wüssten, ob sie für andere existieren. Der Philosoph Ludwig Wittgenstein wollte hierzu vermutlich einen agnostischen Standpunkt einnehmen, als er in der berühmten letzten Zeile seines Tractatus schrieb: »Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen.« Auch die unendliche Flexibilität der Sprache und das Erleben, dass Romane, Gedichte oder Filme in verschiedenen Menschen die gleichen Gefühle auslösen, lassen es fraglich erscheinen, dass es menschliche Erfahrungen geben soll, die sich grundsätzlich der Mitteilung entziehen. Allerdings wissen wir intuitiv, dass das, was wir fühlen, einzig und allein für uns zutrifft und niemals damit gleichgesetzt werden darf, was ein anderer fühlt. Dieses dem sprachlichen Ausdruck sich entziehende Residuum des Individuellen ist unsagbar – und das Unsagbare ist eben das, was sich nicht übersetzen lässt.
    Sollte die Übersetzungswissenschaft sich mit dem Unsagbaren befassen, mit Vorstellungen, Ahnungen, Gefühlen und Zusammenhängen, die als unaussprechlich gelten? Seltsamerweise schlägt sich die Bibelübersetzung, wo man eine ernste Beschäftigung mit mystischen und religiösen Fragen erwartet hätte, mit diesem nicht ausdrückbaren Essenziellen gar nicht herum. Das war vielmehr die Domäne säkularer Gelehrter des 20. Jahrhunderts von Walter Benjamin bis zu George Steiner und Antoine Berman. Ich möchte mich diesem Grenzbereich des Übersetzens lieber aus der Gegenrichtung nähern, denn mir erscheint wichtiger zu verstehen, dass nicht das Unsagbare ein Problem des Übersetzens, sondern vielmehr das Übersetzen ein großes Problem für das Unsagbare ist.
    Denken wir uns die Besatzung eines Raumschiffs, das irgendwann in der Zukunft von einem Flug ins All zurückkehrt. Die Crew hat einen fernen, erdähnlichen Planeten besucht und gibt am Hauptsitz der NASA in Washington eine Pressekonferenz. Sie hat eine spektakuläre Ankündigung zu machen. Ja, KRX 29 1 ist bewohnt, sagen die Männer, aber das ist noch nicht alles. Die kleinen grünen Männchen, die auf ihm leben, verfügen über eine Sprache.
    »Woher wissen Sie das?«,

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