Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was man so Liebe nennt

Was man so Liebe nennt

Titel: Was man so Liebe nennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
Vom Netzwerk:
Stunden verspätete und dann behauptete, sie hätte sich verirrt. Verirrt!« Joe sackte auf den Tisch wie ein Schuljunge an einem sonnigen Fenster gegen Ende eines langen Schuljahrs. »Vielleicht stimmte wirklich etwas nicht mit ihr...«
    Vic guckte zur Tür hin. Tief in seinem Inneren regte sich der entsetzliche Drang, Joe zu gestehen, was er wußte. Nicht nur um seiner selbst willen; ein Teil von ihm hatte den verzweifelten Wunsch, seinem Freund zu helfen und ihn aus diesem schrecklichen Labyrinth herauszuführen.
    »Hör zu, wir sollten lieber wieder hinausgehen. Die anderen werden sich Sorgen machen«, sagte er.
    Joe richtete sich auf.
    »Es macht mir zu schaffen, Vic. Es macht mir entsetzlich zu schaffen. Denn wenn sie es getan hat, warum ? Wie soll ich dann glauben können, daß es nicht wegen mir war? Wegen dem, was zwischen uns schieflief?«
    »Joe. Es war ein Unfall.«
    »Wirklich?«
    »Natürlich.«
    »Sie war nicht angeschnallt.«
    »Jaah. Das hast du schon gesagt. Hör zu...«, sagte Vic, und sein Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken daran, was er als nächstes über die Lippen bringen mußte. »Sie hat dich geliebt, und sie hat Jackson geliebt. Sie hätte das alles nicht fortgeworfen, nur weil eure Ehe einen kleinen Knacks hatte.«
    Joe sah zu Vic auf: Bis jetzt hatte er ihn nur als Folie benutzt, als Resonanzboden für seine düsteren Phantasien. Jeder x-beliebige hätte ihm genausogut dazu gedient. Aber plötzlich fiel Joe wieder ein, mit wem er sprach, und er war verblüfft über die Ernsthaftigkeit in den fast schwarzen Augen seines Freunds. Nichts war Vics Wesen so fremd wie diese Eigenschaft. Jedenfalls rüttelte der Anblick Joe so auf, daß er aufhörte, um sich selbst zu kreisen, und sich zu fragen begann, ob er bloß hinter seinem eigenen, paranoiden Schwanz herjagte.
    »Vielleicht«, sagte er, und fühlte sich wie ein hüpfender Ball, der langsam zur Ruhe kommt, »hast du recht.«
    »Ich weiß, daß ich recht habe«, sagte Vic und gestikulierte mit dem Kopf in Richtung Außenwelt. Joe stand auf, und Vic führte ihn zur Tür, wie eine Krankenschwester einen nach einer schweren Operation genesenden Patienten. Vic lächelte ihn an, jenes Zähnezusammenbeißlächeln, das die Leute tapfer nennen, und mühte sich, ganz in seiner Gefährtenrolle aufzugehen; aber in seinem Kopf schnurrten die Rädchen nur so angesichts der Übereinstimmung von Joes Vermutung und seinem eigenen Geheimwissen über Emma. Nicht das Geheimwissen, um das er sich eben betrogen gefühlt hatte, weil er es nicht in die Zeremonie einbringen konnte; nein, seine Extrainformation, seine allerletzte Nachricht.

TEIL III
    Sommer 1998

    Reporter. Sind Sie glücklich?
    Prinz Charles: Sehr glücklich.
    Reporter. Und natürlich... immer noch verliebt?
    Lady Diana Spencer. Natürlich.
    Prinz Charles: Was man so Liebe nennt...

    BBC-TV-Interview:
    Mittwoch, 24. Februar 1981

FRANCIS

    M anchmal hatte Francis einfach die Nase voll. Natürlich gefiel es ihm, daß er einen Musikladen hatte, auch wenn er, wie die meisten Leute, die mit Musik zu tun haben, sie aber nicht professionell betreiben, lieber Musiker gewesen wäre; außerdem verdiente er nicht schlecht, weil Rock Stop das einzige seriöse Instrumenten- und Notengeschäft in diesem Teil von Camberwell war, das einzige, wie er den Leuten immer sagte, in dem sich die Profis versorgten. Aber trotzdem fand er manchmal, daß das Ganze es nicht wert war, all die Wichser zu ertragen.
    »Die Wichser« war sein Lieblingsausdruck: Francis scherte sich nicht um eine originelle Ausdrucksweise. Und von den Wichsern gab es gleich ein Riesenspektrum. Zuerst natürlich die Heavy-metal-Kids, wie der eine, der neulich »Spirit of Radio« gespielt hatte, total unbeleckt war und es schaffte, alles, außer den Noten natürlich, falsch hinzukriegen, keine Spur wie Jeff Beck, eher wie Brian May. Dann waren da die Anoraks, wie Francis sie gern nannte, die kamen rein und sagten Sachen wie — und Francis äffte es vor seinen Freunden immer mit näselnder Bühnenstimme nach — »Sie hätten nicht vielleicht zufällig eine Gretsch pre-EMI 1963 zwölfsaitige Doppelhals-Fendercaster da?« Aber das Nachäffen machte er nicht mehr so oft wie früher, seit dem einen Mal, als Perry, der Barkeeper vom George, gesagt hatte: »Ich dachte, es heißt Stratocaster?«, und Francis erklären mußte, daß es ein Witz war. Aber Perry hatte ihn weiter scheel angeguckt, so als hätte er ihn entlarvt, daß er nichts von seinem

Weitere Kostenlose Bücher