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Was man so Liebe nennt

Was man so Liebe nennt

Titel: Was man so Liebe nennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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entspannen. Vielleicht wird mir der Hintern steif.« Emma lachte wieder. Er hatte noch nie so flapsig mit einer Frau gesprochen, die er nicht kannte, und glaubte kaum, daß er je so mit einer geredet hatte, die er kannte, eingeschlossen all die, mit denen er was gehabt hatte.
    »Okay«, sagte er seufzend und trat ins Schaufenster. Er blieb stehen und sah sich um. »Und Sie haben auch bestimmt kein anderes irgendwo im Laden, auf dem ich eine etwas diskretere Probefahrt machen könnte?«
    »Was denken Sie sich!« rief Emma. »Was glauben Sie wohl, wer wir sind, Habitat?« Sie hob den Arm, der bis auf die zwei Silberreifen nackt war, und zeigte ballerinenhaft auf die Stühle mit Leopardenmuster, die mit Flausch bedeckten blauen Mülleimer, die Stehlampen aus durchsichtigem Plastik. »Jeder Gegenstand hier ist ein Unikat. Sie werden kein Stück bei uns finden, das wie ein anderes ist.«
    »Ich glaube, ich verstehe langsam, warum Sie im Design und nicht im Verkauf arbeiten«, sagte er und setzte den neckisch-flirtigen Diskurs fort, merkte aber, wie ihre Worte einen Nerv in seinem Innern trafen und dort nachvibrierten. Er drehte das Gesicht zum Schaufenster herum, spürte ihre Augen auf seinem Rücken, kam sich viel zu breit und klobig vor zwischen all dem feinen Zeug und fürchtete, jeden Moment was umzustoßen. Schon war ein weißhaariges Ehepaar mit Yorkshireterrier stehengeblieben und starrte ihn an.
    Als er sich setzte, merkte er, wie verklemmt er war, und hatte das Gefühl, eigentlich müßte er einen Frack anhaben und wie ein edwardianischer Gentleman die Schwalbenschwänze hochheben. Er hielt seine rechte Hand mit der linken fest, damit sie nicht an sein Ohr fuhr. Ein kleiner Junge sauste auf seinem Skateboard durch Joes Gesichtsfeld und dann rückwärts wieder hinein. Joe spürte auf drastische Weise die Unvereinbarkeit von öffentlicher Zurschaustellung und intimem Sich-bequem-Machen, ein Gefühl, wie zwischen zwei Welten eingekeilt, der inneren und der äußeren.
    »Und?« rief Emma von hinten. »Was sagt Ihr Hintern?«
    »Gar nichts, der ist viel zu zusammengekniffen«, rief Joe, ohne sich umzudrehen. Das weißhaarige Paar ging weiter, mit enttäuschter Miene, offenbar hatten sie zumindest eine kleine Pantomime erwartet. Und dann sagte Joe es. Normalerweise hätte er sich dergleichen vorher im Kopf zurechtgelegt, es vor dem Spiegel geprobt und es dann höchstwahrscheinlich sein lassen. Aber diesmal platzte er einfach damit heraus. Er war selbst verblüfft.
    »Ich glaube nicht, daß ich mir ein Urteil bilden kann, wenn ich allein hier sitze. Ich finde, man kann erst etwas über ein Sofa sagen, wenn man mit jemand drauf sitzt.«
    Emma machte eine Pause, ehe sie antwortete. »Nun, wollen Sie, daß ich jemand aus Ihrem Publikum dort draußen hereinbitte, damit er mit Ihnen zusammensitzt?« Zu dem Skateboard-Jungen hatte sich eine kleine Bande seiner Freunde gesellt, die angefangen hatten, Joe Grimassen zu schneiden. Einer von ihnen drehte ihm gerade das Hinterteil zu und drohte seine Hosen fallen zu lassen.
    »Nein, ich hatte eher daran gedacht...«
    »Na gut.« Er hörte die Schaufensterdielen hinter ihm knarren. »Schließlich sollte jeder Designer bereit sein, den eigenen Kreationen öffentlich seinen Stempel aufzudrücken.«
    Sie kam um das Sofa herum und setzte sich, anders als er, ohne Spur von Verlegenheit. Ihre Nähe auf dem Polster war für ihn wie die Erde für den Mond — voll magnetischer Strahlen. Die gaffende Menge in der Clapham High Street wurde immer größer, ein Penner mit wirrem Blick war dazugekommen, zwei kichernde Schulmädchen, ein Polizist und drei Leute, die vorher dem Straßenmusiker an der Ecke gegenüber zugehört hatten. Emma und Joe sahen sich an und prusteten los.
    »Sind wir hier im Rotlichtbezirk von Amsterdam?« sagte Emma.
    »Jaah, wir haben’s uns hübsch gemütlich gemacht und gucken ein bißchen Fernsehbordell.«
    »Und jetzt? Was wollen Sie sonst noch von mir?«
    »Wie bitte?«
    »Damit Sie sich Ihr Urteil über das Sofa bilden können. Muß ich sonst noch was tun. Oder einfach hier sitzen?«
    »Ähhmmm... na ja... Sie sollten wie jemand sein — na, wie eine Frau, mit der ich unter Umständen auf einem Sofa sitzen könnte.« Seine blaßblauen Augen, in denen selten Übermut blitzte, verengten sich vor schalkhaftem Ernst.
    »Jaah?«
    »Wie eine, mit der ich es mir daheim vor dem Fernseher gemütlich machen würde, Abend für Abend...«
    »Wie eine Freundin also?«
    »Ganz

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