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Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Titel: Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbæk
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und ihres weltmännischen Begleiters zu begeben, als das Risiko einzugehen, Wasser zu schlucken.
    Im Haus gerate ich vom Regen in die Traufe, denn zwischen mir und der Bar sitzt Karin S. und hält ihren ewigen Monolog. Als ich mich an ihr vorbeiquetsche, summe ich, so laut ich kann, komme aber nicht umhin festzustellen, dass sie wieder bei ihrem Lieblingsthema ist: Karin S.
    Sie sieht mich, und ihre piepsige Stimme schwillt an, um mir klarzumachen, dass sie a) am längeren Hebel sitzt und b) diesen Hebel auch betätigen wird, wenn ich mal so unvorsichtig sein sollte, ihr vor die Mündung zu stolpern.
    »He, da ist ja unser unbekannter Rockmusiker. Kommt, Mädels, lassen wir den Hut rumgehen!«, keift sie schrill.
    Ich rümpfe im Vorbeigehen die Nase. Zu mehr Understatement fühle ich mich momentan nicht in der Lage.
    »Aber lästern wir nicht«, gackert sie unbeeindruckt weiter, »viele unbekannte Musiker haben es geschafft, und er ist mit Abstand der unbekannteste!«
    Mitten in dem Gelächter wirbele ich herum, mache einen wackligen Schritt und bleibe vor ihr stehen. Sie reißt die Arme hoch und presst sich tief in die Polster. Jemand drückt die Pausentaste.
    »Der war gut«, sage ich in das Standbild hinein.
    Sie duckt sich noch mehr.
    »Wirklich ... der war gut.«
    Sie lockert die Deckung ein bisschen, linst mich zwischen den Fäusten misstrauisch an. Ich lache sie freundlich an. Ihre Deckung sackt etwas ab. Manche lernen es nie.
    »Miauuu ...«
    Sie kneift die Augen zusammen. Ich schmatze ein paar-mal mit den Lippen, lege den Kopf schief und warte. Es dauert ein bisschen, aber das Warten lohnt sich: Sie reißt die Augen auf und wird kreidebleich. Ihre Arme sinken kraftlos in die Polster.
    »Du?« , flüstert sie erstickt.
    Ich schmatze noch mal genüsslich, dann lasse ich sie mit ihren Erinnerungen alleine und kämpfe mich zur Theke durch, wo mich Max kopfschüttelnd erwartet.
    »Hm?«, macht er.
    »Nein.«
    Die Barfrau wirft mir einen abschätzenden Blick zu und beginnt sofort wieder, etwas zusammenzupanschen.
    »Hm?«, macht Max wieder.
    »Was.«
    Er macht eine Kopfbewegung zu Karin S.
    »Keine Ahnung«, lüge ich und nehme einen langen Schluck vom Ende.
    Gegen drei artet die Party aus. Ein Teil der Stereoanlage hat sich verabschiedet, und irgendeine kreative Kreatur beschließt, Livemusik zu machen, also trommeln alle auf irgendetwas herum, und die elektrischen Gitarren lassen das Haus in seinen Fundamenten erzittern. Die Bullen lassen nicht lange auf sich warten, aber sie wissen natürlich auch, wer der Schirmherr ist, daher geben sie ihre Ansage friedlich an der Tür ab und verschwinden wieder. Kaum sind sie weg, pegelt sich die Geräuschkulisse wieder auf Flughafenniveau ein, und ich verziehe mich an das andere Ende der Bar, um mein verbliebenes Gehör zu retten.
    Heike kommt vorbei und verrät mir, dass die Tänzerin gegangen ist, und da von Einstein ebenfalls nichts zu sehen ist, konzentriere ich mich auf die Show, die vor mir abläuft. Flirts, Eifersüchteleien und jede Menge hyperinnovatives Schulhofgehabe. Ein Crashkurs in Verhaltensforschung.
    Am Fenster gegenüber steht eine Frau, die mir seit Monaten immer wieder über den Weg läuft. Sie ist eine von diesen Frauen, die man aus irgendwelchen bescheuerten Gründen nie anspricht, um sich dann anschließend zu wundern, dass man ausgerechnet die nie kennen gelernt hat. Ich winke ihr zu. Sie hebt eine Augenbraue und lächelt. Hm ... Vielleicht ist es der richtige Zeitpunkt für einen ganz schmalen Talk, aber irgendwie bin ich schon zu sehr hinüber, um etwas Belangloses sagen zu können, also verschiebe ich es auf später.
    Plötzlich nimmt der Geräuschpegel ab, und ich tippe, dass die Bullen ihren zweiten Alibiwarnschuss abgeben kommen. Die Türklingel schellt nochmal, und da es heute noch keinen Skandal gegeben hat, steige ich auf einen Stuhl, um nichts zu verpassen.
    Die Haustür schwingt auf, und Vivi betritt den Raum. Ein Stöhnen geht durch die Menge. Sie trägt nichts als eine hautenge schwarze Seidenhose und ein völlig durchnässtes weißes T-Shirt, auf dem steht: Du kannst nicht der Erste, aber der Nächste sein! Sogar von meinem Platz aus kann ich ihre steifen Brustwarzen unter dem T-Shirt erkennen. Oh Mittelpunktsucht ...
    Atemlose Stille. Die Hengste im Stall halten ehrfürchtig die Luft an, und die Stuten blähen kämpferisch die Nüstern. Jemand lässt sein Glas fallen, das Geräusch klingt in der Stille wie ein Kanonenschlag im Sarg.

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