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Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Titel: Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbæk
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Kamerateam.
    Der Kameramann nimmt das als Zeichen, zielt auf mich, das Lämpchen leuchtet auf – und eine Band sieht rot!
    »Männer!« , brüllt Schimanski und schnappt sich seine sechssaitige Waffe.
    Brunner schmeißt seine Bierflasche an die Wand und lässt sich heulend zu Boden fallen. Ich springe auf einen Tisch und beginne zu steppen.
    Die Herumstehenden lachen, aber als Brunner sich mit gefletschten Zähnen auf ihre Waden stürzt, schlägt es in Gebrüll um. Panik bricht los! Die Leute drängen fluchend und um sich tretend Richtung Tür. Brunner bleibt ihnen dicht auf den Fersen, und den Schreien nach zu urteilen, geht er voll in seiner Rolle auf. Mitten in dem Chaos steht Max auf und beginnt, Blue Moon zu singen.
    Ich beobachte das Getümmel von meinem Tisch aus, steppe meine vier Figuren und behalte dabei vor allem Brunner im Auge.
    Als der Raum fast leer ist und wir gerade zum paranoiden Shoot-out ansetzen wollen, erlischt das rote Lämpchen.
    »Klasse«, sagt der Kameramann und nimmt das Gerät runter.
    So ist das im Medienzeitalter. Keiner hat Zeit für die Pointe, und das finden sie auch noch klasse.
    Ich springe vom Tisch und setze mich auf eine umgekippte Bierkiste. Max drückt mir eine Flasche in die Hand, und zusammen mit Schimanski stoßen wir auf das gelungene Interview an. Nur Brunner rafft mal wieder nicht, dass die Show vorbei ist, er sitzt an der Tür und knurrt böse.
    »Aus!«, brüllt Schimanski und kickt einen liegen gebliebenen Schuh in seine Richtung.
    Brunner richtet sich auf und grinst.
    »D-Denen h-haben wir’s a-aber g-g-g- ...«
    Die Tänzerin setzt sich auf meinen Schoß und reibt sich an mir. Ich weiß, welche Reaktion sie erwartet, und lange braucht sie nicht zu warten.
    »... g-g-g- ...«
    »Komm schon, Mann«, ermuntert Schimanski ihn.
    »Komm schon, Mann ...«, flüstert die Tänzerin.
    Mir läuft es den Rücken runter.
    »... g-g-g- ...«
    Ich stehe auf, schnappe meinen Mikrofonständer und winke den Jungs zu.
    »Klasse Gig. Denen haben wir’s aber g-gezeigt.«
    » a - a - a ...«
    Wir haben volle Fahrt, der Propeller dreht sich wie irre. Es ist heiß, und ich merke, dass die Rakete naht. Ich versuche, auszuweichen, Zeit zu gewinnen, aber das Ding ist mit einem dieser sensiblen Wärmesuchköpfe ausgestattet, und mir wird klar, dass es nur eine Frage von Sekunden ist, bis sie einschlägt und wir in tausend Stücke gerissen werden.
    Über mir schwebt das Gesicht der Tänzerin. Sie hat die Gefahr auch erkannt, aber es scheint ihr egal zu sein, denn sie drückt aufs Gaspedal. Gemeinsam rasen wir mit Lichtgeschwindigkeit der Explosion entgegen. Das Letzte, was ich höre, ist ein atemloses Jetzt , dann schlägt die Bombe ein.
    Ich bin ein Haufen Atome, in dem jemand herumstochert. Nichts ist an seinem Platz. Doppelter Herzschlag in meiner Brust. Farbflash, Luftmangel, Blutrausch. Ihr Hals, ihr Haar und überhaupt alles riecht nach Sex. Das wahnsinnigste Parfüm der Welt.
    Sie streckt sich und tastet neben dem Bett herum, um an die verdammten Zigaretten heranzukommen, und mit einem leisen Schmatzen wird die Verbindung unterbrochen. Wir seufzen im Chor und müssen diesmal beide lachen. Ja, wir sind auf einem guten Weg.
    Ich küsse sie. Sie küsst mich. Ich küsse sie. Sie schmeißt die Zigaretten weg und saugt sich an mir fest. Mein Schwanz regt sich, und sie greift neben das Bett, wühlt nach einem neuen Gummi. Kurzer Boxenstopp und ab in die nächste Runde. Boden wettmachen.
    Fünf Minuten später liegen wir keuchend nebeneinander. Das Jetzt hängt immer noch unter der Zimmerdecke und dreht träge seine Runden. Das Schweigen ist wie klares Wasser. Wir schwimmen ein Stück zusammen.
    Das Telefon klingelt. Wir schwimmen. Das Telefon klingelt, klingelt, klingelt. Wir schwimmen, schwimmen, schwimmen. Das Telefon klingelt, klingelt, klingelt. Wir schwimmen, schwimmen, schwimmen. Das Telefon klingelt, klingelt, klingelt ...
    »Vielleicht solltest du rangehen.«
    »Hm ...«, knurre ich und greife nach dem Hörer.
    Es ist irgendein Verzweifelter, der auf Vivis Stimme gehofft hat. Ich bin nicht die Telefonseelsorge, aber ich schreibe den Namen auf und unterbreche dann die Verbindung, bevor die unvermeidlichen Fragen nach Vivis Alibi kommen. Wäre ihr Herz ein bisschen weicher, würde die Selbstmordrate dieser Stadt um zwanzig Prozent sinken. Bei dem Thema: Wie stehen meine Chancen auf eine funktionierende Beziehung mit der Tänzerin? Du denkst schon wieder!
    Ich kuschele mich schnell

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