Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)
mache.
»Und, was machen Sie so beruflich, mein junger Freund?«
Manno.
Er stupst mich leicht an.
»Ey, Sie.«
Ich schaue auf seinen Finger. Seine Instinkte scheinen intakt zu sein, denn er tritt schnell einen Schritt zurück und bringt seine Beißerchen in Sicherheit. Aus sicherer Entfernung nervt er aber unverdrossen weiter.
»Oder haben Sie etwa keinen Beruf?«
Er lacht fett, als wäre daran irgendetwas lustig. Ihn einfach zu ignorieren wäre echt cool. Ich lerne es nie.
»Sie meinen mich?«
»Sonst ist hier niemand.«
Ich werfe einen viel sagenden Blick auf die Tänzerin.
»Charmantes Kerlchen.«
Sie weicht meinem Blick aus.
»Ich meine, kein Mann, mein ich, sonst, hier!«, verbessert Fettbacke sich hektisch.
»Hab mich schon gewundert – für einen Augenblick dachte ich, das Wort Freund vernommen zu haben, und da haben Sie Recht – keiner da. Und wenn dein Finger mich noch mal berührt, ist der auch nicht mehr da.«
Ich lächele ihn an und warte. Nichts. Nicht das geringste Zucken erlaubt er sich. Also so etwas von Selbstbeherrschung. Ich bin beeindruckt.
Stattdessen bietet er uns schnell kubanische Zigarren aus einem goldenen Etui an. Vielleicht ist das ja der Trick der Reichen: weghören und drüber wegsehen, solange kein Scheckheft auf dem Tisch liegt. Mal sehen, wie viel er aushält.
»Und Sie, was machen Sie beruflich?«, frage ich ihn. »Sie sind doch ein vip , oder?«
Er wundert sich kurz über die perfekte Vorlage und tapst dann stumpf in die Falle.
»Das kann man wohl meinen, hahaha ...«
»Daher auch die Frage nach Ihrem Beruf, menschlich konnte es ja nicht gemeint sein.«
Der arrogante Zug um seinen Mund wird etwas tiefer. Das sind keine kleinen Brötchen, aber so groß der Brocken sein mag, er schluckt ihn und lächelt mich an.
Während er sich noch den Kopf zerbricht, wie hoch der Scheck sein muss, der mich nach Hause schickt, löst sich sein Problem von alleine: Das Großraumtaxi kommt, und die anonyme Alkoholikerin schafft es nicht aus eigener Kraft in den Wagen. Während ich ihr behilflich bin, nutzt Speckbacke die Gelegenheit, um sich an der Tänzerin festzusaugen. Sie wehrt sich nicht. Unterschätze nie das Kapital! Sagte mein Opa schon.
Schließlich fahren wir los. In jeder Linkskurve kippt die Besoffene gegen mich, jedes Mal lehne ich sie wieder vorsichtig an die Tür. Ihre Augen starren blind ins Niemandsland, und ich bete, dass sie keinen nervösen Magen hat – ich möchte nicht voll gekotzt werden, wenn sie merkt, wie einsam es da draußen tatsächlich ist.
An einer Ampel legt Schweinebacke eine kurze Sabberpause ein, um mir einen triumphierenden Blick zukommen zu lassen, dann saugt er sich wieder an der Tänzerin fest. Was für ein Arschloch. Aber reich. Manchmal frage ich mich, ob das eine das andere bedingt.
Das Taxi bremst ab, und noch bevor das Taxi richtig steht, flattern die beiden Turteltäubchen, von ihren heißen Wünschen nur so beflügelt, die Treppen hoch und überlassen es mir, die Rechnung zu begleichen, sowie die A. A. aus dem Auto zu bugsieren.
»Einunddreißig sechzig«, sagt der Fahrer.
Ich werfe einen Blick auf die Kleidung meiner weggetretenen Begleiterin. Allein der Rock hat mindestens das Zehnfache gekostet, und da soziale Betreuung sowieso unbezahlbar ist ...
In ihrer Handtasche fliegen ein paar Fünfziger herum. Ich fange einen ein und reiche ihn nach vorne.
»Der Rest ist für Sie.«
Er schnappt ihn sich wortlos. Ich warte. Nichts passiert. Ich warte noch zehn Sekunden. Nichts passiert. Schließlich beginne ich, die Besoffene aus dem Wagen zu bugsieren, ohne weiter darauf zu hoffen, dass der Fahrer vielleicht nur ein sehr langsamer Mensch ist.
Er beobachtet meinen Kampf im Rückspiegel, und als ich Schnapsleiche endlich aus der Karre raushabe, checkt er seinen Rücksitz kurz auf Essensreste, dann rauscht er grußlos ab. Das hat man davon, wenn man das Trinkgeld zu früh rausrückt.
Ich setze ihn auf die Liste und schaue mich um. Oh, ohh ... Kein Wagen unter fünfzig Riesen, kein Baum ohne Stammbaum. Wir müssen schnell von der Straße runter, bevor ein herumstreifendes Securityteam auftaucht und anfängt, meine Unterwäsche auf Markennamen zu untersuchen.
Ich werfe einen Blick zum Haus hoch und sehe im selben Moment, wie die Lichter im Dachgeschoss angehen.
»Sie wollen uns loswerden«, knurre ich Besoffski zu, »aber so leicht lassen wir uns nicht abschütteln, nicht?«
Sie schüttelt den Kopf und schwankt drauflos. Eine
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