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Was mit Rose geschah

Was mit Rose geschah

Titel: Was mit Rose geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stef Penney
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allein bin. Ihr Gesicht ist verquollen vom Weinen, um die Augen unddie Nase ist sie ganz rot. Aber sie sieht nicht mehr aus wie eine Fremde – sie sieht wieder aus wie Mama.
    »Oh, JJ …«
    Sie wirft sich fast auf mich, um mich zu umarmen, und stößt dabei gegen meinen Arm, was wehtut, aber ich verkneife mir ein »Autsch«. Ich bin so froh, sie zu sehen, dass ich den Tränen nahe bin. Ich kann sie aber unterdrücken.
    »Hi, Mama.«
    »Mein Schatz. Du dummer Kerl …«
    Sie streichelt mir übers Gesicht und umarmt mich noch einmal, reißt sich aber zusammen, bevor jemand es mitbekommt.
    »Ich sollte dir eine tüchtige Tracht Prügel verabreichen. Mir solche Angst einzujagen. Was hast du dir nur dabei gedacht?«
    Was ich mir gedacht habe? Hat sie etwa beschlossen, unseren Streit zu vergessen?
    »Keine Ahnung.«
    »Und zu diesen Leuten zu gehen. Wer sind die überhaupt? Der Mann ist vorbeigekommen und hat mir Bescheid gesagt. Der war vielleicht hochnäsig. Woher kennst du die überhaupt?«
    »Ihn kenne ich nicht. Katie, seine Tochter, geht in meine Klasse.«
    »Aha.«
    Dagegen kann sie nicht viel haben, sie war immer so begeistert von dieser Schule.
    »Er ist Stadtrat.«
    »Ach, wirklich?«
    Es ist eine rhetorische Frage. Wenn Mama rhetorische Fragen stellt, kann sie nicht allzu sauer auf mich sein.
    »Was um alles in der Welt hast du gemacht? Sie sagen, du hättest eine Blutvergiftung!«
    »Äh … als ich weggelaufen bin, bin ich im Dunkeln auf der Straße gestolpert … und da lag Glas.«
    Mama schüttelt den Kopf. Sie hält es anscheinend für durchaus denkbar, dass mir so was Blödes passiert.
    »Aber das war am Freitag. Und wo warst du seither?«
    Ich seufze. Ich will nicht alles erzählen. Aber ich weiß auch nicht, wie viel sie schon weiß.
    »Ich … also … Katie hat ein Pferd. Ich habe mich im Stall versteckt.«
    Mama schüttelt den Kopf. »Wie konntest du nur? Was müssen die jetzt von uns denken? Sie halten uns für Barbaren, weil wir dich haben weglaufen lassen. Und dann auch noch zu gorjios …«
    » Ich bin nicht zu den gorjios gelaufen. Ich wollte nur …«
    Weg. Aber ich kann ihr nicht genau erklären, warum ich vor unserer Familie weglaufen musste. Ich mache die Augen zu in der Hoffnung, dass sie es dabei belässt.
    »Ach, Liebling, es tut mir so leid … Und wie behandeln sie dich hier drinnen?« Sie hat die Stimme gesenkt, als könnte ich jeden Moment über die Leute im Krankenhaus herziehen.
    »Gut, alles bestens.«
    »Und das Essen? Ist es schlimm? Ich bringe dir morgen etwas mit.«
    »Es ist okay. Wirklich. Das brauchst du nicht.«
    Sie wird es trotzdem tun. Sie misstraut der gorjio -Verpflegung. Das Schulessen ist schlimm genug.
    Sie berührt meinen verbundenen Arm. »Du Dummkopf. Ich habe immer gesagt, du sollst aufpassen, wenn irgendwo Scherben liegen.«
    »Ich weiß.«
    Sie lächelt. Vielleicht kann ich den Abend neulich einfach vergessen. So tun, als hätte es ihn nicht gegeben. Denn was kann ich schon daran ändern? Was kann ich tun?
    »Tut mir leid, Mama. Ich wollte nicht … dass du dir Sorgen machst. Aber manchmal, du weißt schon.«
    »Es tut mir auch leid, Schatz. Vergeben und vergessen, okay?«
    Ich lächle ein bisschen. Ich würde nur zu gern alles vergessen, ganz ehrlich, aber es gibt Dinge, die ich nicht vergessen kann, sosehr ich es auch versuche.

38
    Ray
    Ich wurde von Georgia Millingtons Eltern beauftragt, nachdem die Ermittlungen der Polizei erfolglos geblieben waren. Die beiden waren ein sanftes, verunsichert wirkendes Paar. Wann immer ich ihnen begegnete, trug Mrs Millington ein Kopftuch, als hätte man sie beim Hausputz gestört. Und ihr Haus war makellos sauber. Sie schienen nett, aber ein bisschen langweilig, wie viele gute Eltern. Das Verschwinden ihrer Tochter war das Schlimmste und Unerklärlichste, das ihnen je zugestoßen war. Ich wollte ihnen wirklich helfen.
    Als ich Georgia in einem riesigen, heruntergekommenen besetzten Haus in Torquay entdeckte, kam ich mir vor wie der Größte. Ich hatte gewonnen. Ich hatte die Polizei besiegt und die Mächte der Dummheit und des Chaos und das dumme Mädchen, das mit seinem zugekifften Freund untertauchen wollte. Natürlich habe ich sie gefragt, wovor sie weggelaufen sei. Aber ich kam nicht richtig an sie heran. Ich begriff damals nicht, dass sie Angst vor mir hatte. Dass sie ihr ganzes Leben lang gelernt hatte, Angst zu haben. Und ich begriff auch nicht, wie es in Wahrheit um sie stand. Natürlich hatte ich an sexuellen

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