Was nach dem koeniglichen Ball geschah
Lebkuchenmann immer brutaler.“
„Offensichtlich“, erwiderte Chris scharf, und Anne bemerkte, dass er um Fassung bemüht war. „Und wir wissen jetzt, wozu er fähig ist. Er ist nicht nur ein verdrehter Stalker, sondern ein Bombenleger – und weitaus gefährlicher, als wir bisher angenommen haben.“
„Okay“, stimmte sie zu. „Vielleicht wäre es keine so gute Idee, ihn zu reizen.“
„Angesichts der jüngsten Ereignisse halte ich es für das Beste, wenn ihr eure Flitterwochen verlegen würdet.“
„Was?“, rief sie empört aus. „Das ist doch nicht dein Ernst.“
„Mir ist es noch nie ernster gewesen.“
„Aber du hast doch vorgeschlagen, dass wir dorthin reisen sollen, weil wir dort in Sicherheit wären.“
Anne und Sam waren von Chris’ Schwager König Phillip von Morgan Isle – der Nachbarinsel von Thomas Isle – in das Jagdschlösschen der Familie eingeladen worden. Eigentlich hätten sie sich schon seit Stunden auf einem Schiff befinden sollen, das sie zur anderen Insel brachte. Wäre alles wie geplant verlaufen, dann würden sie jetzt schon in den Flitterwochen sein. „Louisa ist in ihren Flitterwochen nach Cabo geflogen“, wandte Anne ein.
„Die Umstände haben sich eben geändert.“
„Chris, er hat meine Hochzeit ruiniert. Ich weigere mich zuzulassen, dass er mir die Flitterwochen auch noch verdirbt. Es werden massenhaft Sicherheitsleute dort sein. Uns geht es gut.“
Chris sah immer noch zweifelnd aus. „In Ordnung“, stimmte er schließlich zu. „Solange ihr versprecht, keine unnötigen Risiken einzugehen.“
„Natürlich.“ Hielt er sie denn für einen Dummkopf? Sie wollte zwar, dass der Mann gefasst wurde, würde dafür aber weder ihr noch das Leben ihres Kindes aufs Spiel setzen.
Fragend blickte Chris zu Sam. „Wir sehen uns vor“, versprach dieser.
Verstohlen sah Anne zu Sam, der immer noch seinen Hochzeitsanzug trug, doch das Jackett abgelegt und die Krawatte gelockert hatte. Sein vormals zurückgekämmtes Haar fiel ihm in weichen Locken in die Stirn. Er sah so bewundernswert schön aus, dass Anne es kaum erwarten konnte, ihn zu berühren. Ihr Hochzeitstag mochte zwar ein wenig gelitten haben, aber ihnen blieb immer noch die Hochzeitsnacht. Nachdem sie sich vier Monate nach ihm verzehrt und die scheinbar nicht enden wollende Woche seit seinem Antrag überstanden hatte, war sie fest entschlossen, diese Nacht zu einer besonderen werden zu lassen. „Ich bin ganz schön müde“, erklärte sie und gähnte bestätigend, obwohl sie in Wahrheit putzmunter war. „Kommst du mit ins Bett, Sam?“
Er nickte und stand auf.
„Ich sorge dafür, dass ihr morgen früh um zehn mit dem Schiff nach Morgan Isle übersetzen könnt“, versicherte Chris.
„Danke“, erwiderte Anne, nahm Sams Hand und führte ihn aus dem Arbeitszimmer die Treppe hoch in ihr Zimmer – ihr gemeinsames Zimmer.
Anne hoffte, dass sie und Sam im Cottage von Sams Großmutter wohnen konnten, wenn die Sache mit dem Lebkuchenmann erst einmal überstanden war. Weit weg von ihrer Familie und den Beschränkungen, die ihr als Prinzessin auferlegt wurden. An einem Ort, an dem sie einfach sie selbst sein durfte und an dem sie nicht von den Wänden der Gänge herab die Porträts der Ahnen anklagend anstarrten. Wo sie sich in der Küche einen Tee machen konnte, ohne sich wie ein Eindringling vorzukommen. Wo sie hemmungslosen Sex mit ihrem Mann haben konnte, ohne befürchten zu müssen, dass der Bewohner des Zimmers nebenan alles mitbekam. Intimsphäre – das war es, was sie sich wünschte.
„Ich muss mich entschuldigen“, sagte Sam.
„Wofür?“
„Bis heute habe ich diese Sache mit dem Lebkuchenmann nicht besonders ernst genommen – eher ein Ärgernis, weniger eine Bedrohung. Doch als das Auto explodiert ist, habe ich wirklich mein ganzes Leben vor mir vorbeiziehen sehen.“
Sie drückte seine Hand. „Tut mir leid, dass ich dich mit reingezogen habe.“
Lächelnd sah er sie an. „Mir nicht. Ich will nur, dass du in Sicherheit bist.“ Und das hatte er bewiesen. Sie erinnerte sich daran, wie er sich kurz nach der Explosion vor sie gestellt hatte, um sie mit seinem Körper zu schützen. Die meisten Männer, die sie davor gehabt hatte, hätten sie ganz gewiss im Stich gelassen, um ihre Haut zu retten. Jetzt schien es doch nur fair zu sein, Sam für seine Ritterlichkeit zu belohnen, oder? Als sie in ihr Zimmer eingetreten waren und die Tür geschlossen hatten, fiel Anne Sam um den Hals und presste
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