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Was Pflanzen wissen

Was Pflanzen wissen

Titel: Was Pflanzen wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Chamovitz
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wichtigste flüchtige Verbindung ist, die Tabak nach einer Infektion mit Viren produzierte. 28 Pflanzen können lösliche Salicylsäure in flüchtiges Methylsalicylat umwandeln und umgekehrt. 29 Den Unterschied zwischen den beiden Stoffen kann man so beschreiben: Pflanzen schmecken die Salicylsäure und riechen Methylsalicylat. Geschmack und Geruch hängen ja eng miteinander zusammen. Der Hauptunterschied bei uns Menschen ist, dass wir lösliche Moleküle auf der Zunge schmecken , während wir flüchtige Moleküle mit der Nase riechen .
    Als Heil die infizierten Blätter in Plastiktüten verschloss, hatte er das Methylsalicylat daran gehindert, zu den gesunden Blättern sowohl derselben Pflanze als auch der Nachbarpflanze zu ziehen. Als das nichtinfizierte Blatt jedoch das Methylsalicylat roch, weil ihm die Luft vom infizierten Blattzugeblasen wurde, inhalierte es die Gase durch die winzigen Poren auf der Blattoberfläche (die Stomata). War das Methylsalicylat tief im Blatt angekommen, wurde es in Salicylsäure zurückverwandelt, die die Pflanzen anwenden, wenn sie krank sind. *7
Geruch & Gefühl
    Pflanzen geben buchstäblich ein ganzes Bouquet von Düften ab. Stellen Sie sich vor, wie Rosen duften, wenn Sie im Hochsommer durch einen Garten gehen, frisch gemähtes Gras im Frühsommer oder Jasmin in der Nacht. Und den süßen, etwas strengen Geruch einer braunen Banane, der sich unter die Myriaden von Düften auf einem Bauernmarkt mischt. Ohne hinzuschauen, wissen wir, wann eine Frucht zum Essen reif ist, und niemandem, der einen botanischen Garten besucht, kann der unangenehme Geruch der größten (und am stärksten stinkenden) Blume der Welt entgehen, der Amorphophallus titanum , besser bekannt als Titanwurz (die zum Glück nur alle paar Jahre einmal blüht).
    Viele dieser Aromen werden für die komplexe Kommunikation zwischen Pflanzen und Tieren eingesetzt. Die Gerüche verlocken unterschiedliche Bestäuber dazu, Blüten zu besuchen, und viele Samenverteiler dazu, Früchte zu verzehren. Autor Michael Pollan meint sogar, diese Düfte bewegten selbst Menschen dazu, Blumen überall in der Welt zu verbreiten. Aber Pflanzen verströmen nicht einfach nur Gerüche; wie wir gesehen haben, riechen sie zweifellos auch andere Pflanzen. 30
    (10) Titanwurz (Amorphophallus titanum) .
    Natürlich nehmen wir Menschen so wie Pflanzen durch die Luft transportierte flüchtige Verbindungen wahr. Aber wir müssen in Erinnerung behalten, dass »Riechen« viel mehr ist als das Erschnuppern von gutem Essen. In unserer Sprache wimmelt es von Ausdrücken, die etwas mit dem Riechen zu tun haben: »Das kann ich doch nicht riechen«, »den kann ich wirklich nicht riechen«, »es riecht nach Ärger« usw. Gerüche hängen auch eng mit dem Gedächtnis und mit Emotionen zusammen. Die Riechrezeptoren in unserer Nase sind direkt mit dem limbischen System (dem Kontrollzentrum für die Gefühle) und dem evolutionsgeschichtlich ältesten Teil unseres Gehirns verbunden. Wie Pflanzen kommunizieren auch wir über Pheromone, obwohl wir uns dessen oft nicht bewusst sind.
    Pheromone werden von einem Individuum abgegeben und lösen eine soziale Reaktion bei einem anderen aus. Pheromone signalisieren bei den verschiedensten Tieren, von Fliegen bis zu Pavianen, ganz unterschiedliche Dinge: soziale Dominanz, sexuelle Zugänglichkeit, Angst usw. Auch wir werden von Gerüchen beeinflusst und sondern Gerüche ab, die sich auf unsere Mitmenschen auswirken. Beispielsweise hat man festgestellt, dass die Synchronisierung der Menstruationszyklen bei Frauen, die eng zusammenleben, auf Geruchssignalen im Schweiß beruht. Eine kürzlich in Science veröffentlichte (provokante) Untersuchung zeigte, dass Männer, die geruchlose, mit negativen Emotionen verbundene Tränen von Frauen einfach nur schnupperten, niedrigere Testosteronwerte und eine verminderte sexuelle Erregbarkeit aufwiesen. 31 Derart subtile olfaktorische Signale können potenziell viele Aspekte unserer Psyche beeinflussen.
    Pflanzen und Tiere nehmen flüchtige Verbindungen in der Luft wahr, aber kann man das bei Pflanzen wirklich als Riechen betrachten? Sie haben keine Riechnerven, die mit einem Gehirn verbunden sind, das die Signale interpretiert, und bis 2011 wurde nur ein einziger Rezeptor für einen volatilen Stoff bei Pflanzen identifiziert, nämlich der Ethylen-Rezeptor. Aber reifende Früchte, Cuscuta , Heils Pflanzen und andere Pflanzen in der gesamten Natur reagieren auf Pheromone, genau wie wir.

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