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Was scheren mich die Schafe: Unter Neuseeländern. Eine Verwandlung

Was scheren mich die Schafe: Unter Neuseeländern. Eine Verwandlung

Titel: Was scheren mich die Schafe: Unter Neuseeländern. Eine Verwandlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Richter
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in dieser Märchenlandschaft zu Recht überall Elfen und Zwerge vermuten. Es rauscht und plätschert pausenlos, mal schwächer, mal stärker. Neben dem Weg mäandert ein Wildbach über Felsbrocken und losgerissene Baumstämme. Die erste Hängebrücke ist gesperrt. Reparaturarbeiten. Das fängt ja richtig authentisch an. Wir müssen den Sugarloaf Stream durchqueren.
    »Wie, zu Fuß?«, fragt Tamara entsetzt, als wir die kleine Böschung hinabsteigen. Sie wischt sich mit einem Outdoorschweißlappen aus weltraumgetestetem Material ein paar Tropfen von der Stirn. »Da werden wir aber nass!«
    Das Wasser rauscht in Wadenhöhe vor uns entlang, kristallklar und kalt.
    »Wir ziehen wohl besser die Schuhe aus«, schlägt Ditze vor.
    Ich schlage vor, dass wir wohl besser nicht die Schuhe ausziehen, sondern es so machen wie die schmerzfreien Kiwis: Einfach durchwaten, denn die Schuhe werden eh früh oder später nass, und beim Laufen bleiben die Füße warm. Auf einigen der legendären Wildnisrouten tief im Süden versinkt man oft bis zu den Knien im Schlamm, und das eine ganze Woche lang. Saubere, trockene Schuhe sind was für Spaziergänger, nicht Wanderer.
    »Glaub mir, barfuß hast du keinen Halt auf den nassen Steinen, zumal mit Rucksack.«
    Ich halte eine flammende Rede über die Gefahren neuseeländischer Bergbäche, die plötzlich anschwellen, unberechenbar werden und schon so manchen unwissenden Wanderer mit sich gerissen haben. Wenn Judy oder Baxter mich jetzt hören könnten – sie würden mich sofort ehrenhalber zum Kiwi ernennen, mit goldenem Routeburn-Abzeichen.
    Leider hören uns aber nur zwei Backpacker, die ebenfalls am Ufer angelangt sind. Ich tippe auf Australier, weil sie sich gegenseitig »mate« nennen. Ihre sonnigen Mienen werden prompt verschlossener, als sie uns drei auf Deutsch reden hören. Die Klappe im Kopf geht sichtbar auf und wieder zu.
    »Howyadoinmate«, versuche ich’s stereotyp auf australisch.
    Keine Chance, nur ein knappes Lächeln, ich bin abgestempelt. Dietmar und Tamara plagen andere Sorgen.
    »Meine Schuhe sind noch keinen Tag alt, die ruiniere ich mir hier nicht«, stellt die ›No Angels‹-Fehlpressung kategorisch fest. Ich kann nicht glauben, dass sie eine dreitägige Wanderung in nicht eingelaufenen Tretern beginnt. Aber die Rede über blutige Blasen spare ich mir jetzt. Ditze, der Meister der Allradtrophy, zieht seinen Rucksack aus, dann seine Bergstiefel und Gamaschen, krempelt die Goretexhose hoch, packt sich Tamara auf den Rücken und watet durch den Bach. Zweimal strauchelt er, denn selbst so ein zierliches Persönchen ist noch um einiges schwerer als sein Rucksack. Sie gibt ihm von oben Anweisungen und quiekt, als ein Wassertropfen in Richtung Vibramsohle spritzt. Jetzt bin ich heilfroh, dass Baxter und Judy nicht in der Nähe sind.
    Ditze setzt Tamara unfallfrei ab, kraxelt zurück, schultert seinen Rucksack und kreuzt den Sugarloaf Stream ein zweites Mal. Dann ruft er mir zu: »Soll ich dich auch rüberholen? Kein Problem!« Ich verzichte, aber sehe ihn zum ersten Mal mit anderen Augen. Wenn der Mann nur halb so viel journalistische Ethik wie Kavaliersgehabe, Trinkfestigkeit und Spendierlaune hätte, dann hätte ich es damals sicher länger mit ihm in einem Redaktionszimmer ausgehalten. Aber dann wäre ich wohl nie im Südpazifik gelandet, sondern im Scheidungs- und Steuerdickicht von Margarethe Schreinemakers hängen geblieben. Eigentlich sollte ich Ditze dankbar sein.
    Die Nachmittagssonne ist verschwunden, der Himmel verdunkelt sich. Knapp drei Stunden und fünf Zigarettenpausen sind verstrichen, die letzten zwei mit Flachmann. Dietmar Sägels Schnaufen ist nicht mehr zu überhören. Endlich stehen wir vor einem Schild. Fünf Minuten bis zur Flat Hut am Fluss, anderthalb Stunden bis zur Falls Hut auf 1111 Meter Höhe. Der abgekämpfte Kollege zeigt Richtung Fluss.
    »Bleiben wir dort? Sieht nett aus, und es regnet bald.«
    Ich bedaure. Wir sind auf der oberen Hütte eingebucht.
    »Die untere ist komplett belegt, haben sie mir beim Department of Conservation gesagt. Höchstens zelten kann man dort. Das geht weiter oben im Wald nicht mehr, da ist es zu steil.«
    »Na prima, ich wollte doch das Zelt ausprobieren«, sagt Sägel. Ich schaue genauso entsetzt drein wie Tamara. Eine Nacht mit den beiden in einem Zelt? Das stelle ich mir schlimmer vor als gekapert in einem deutschen Rundreisebus. Und so gut kennen wir uns nun wirklich nicht, trotz gemeinsamer unrühmlicher

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