Was sich kusst das liebt sich
das passieren kann?«, wollte er wissen. » Du bekommst Gratis-Champagner und die Gelegenheit, mit ein paar Spitzenfußballspielern und ihren Frauen und Freundinnen zu plaudern. Alles halb so wild.«
» Das Schlimmste, das passieren kann, ist, dass mich alle für ein schlecht gekleidetes, langweiliges, fettes Rhinozeros halten.« Hoppla. Da hatte sich ihre ständig nörgelnde innere Stimme zu Wort gemeldet. Neve konnte nicht fassen, dass sie es laut ausgesprochen hatte. Sie hörte Max unterdrückt ächzen. » Zum Beispiel.«
» Ich kenne niemanden, der so wenig Selbstwertgefühl hat wie du«, sagte er leise. » Es wird bestimmt lustig. Wir machen uns hübsch und bringen zweiundsiebzig Stunden damit zu, über alles und jeden in unserer unmittelbaren Umgebung herzuziehen. Alleine kann ich das nicht.«
Das klang tatsächlich nach Spaß. » Bedeutet es dir wirklich so viel, dass ich mitkomme und mit dir über die anderen herziehe?«
» Klar, sonst hätte ich dich nicht gefragt. Ich hätte auch eines von den Skirt -Mädels fragen oder mir am Freitagabend eine Begleiterin in einem Nachtklub in Manchester aufreißen können.« Neve spürte, wie sich etwas in ihr, möglicherweise ihr Herz, schmerzhaft zusammenzog. » Aber das wollte ich nicht. Nicht nur deshalb, weil es mir zum Hals raushängt, sondern weil ich mit dir hingehen will.«
Die Schmerzen in ihrer Brust ließen nach. » Aber ich habe nichts anzuziehen!«
Max lachte. » Du klingst wirklich allmählich wie eine richtige Freundin. Zieh doch das Kleid an, das du anhattest, als wir uns kennengelernt haben.«
» Das ist aber schwarz. Bringt es nicht Unglück, auf einer Hochzeit ein schwarzes Kleid zu tragen?« Was noch nicht hieß, dass sie wirklich mitkam.
» Es hieß, die Gäste dürften ausschließlich schwarz oder weiß gekleidet sein. Wahrscheinlich, damit Mandy in ihrem Brautkleid in Knallpink oder mit Leopardenmuster auch richtig auffällt. Sie steht auf Leopardenmuster«, erzählte Max. » Wir sind im Hotel Malmaison untergebracht, und ich fahre mit dem Auto hin. Ich hole dich ab und bringe dich bis vor die Haustür…«
» Okay, okay, du kannst aufhören. Ich komme mit, ich trage Schwarz und ziehe mit dir über die anderen Gäste her.«
» Cool. Hätte nicht gedacht, dass das so schnell geht.« Er gluckste erneut. » Dann ist das also abgemacht?«
Neve murmelte etwas Zustimmendes und klappte missmutig ihren Laptop zu, der mittlerweile auf Stand-by-Modus geschaltet hatte.
» Und am Sonntag starten wir einen letzten Versuch, was das Schlafen angeht, und wenn du da wieder kein Auge zutust, lassen wir es bleiben.«
Neve war fast genauso erleichtert wie vor ein paar Stunden, als sie begriffen hatte, dass ihre Freunde sie noch mochten und dass sie nicht entlassen werden sollte. » Wenigstens waren wir, was das Küssen angeht, schon sehr erfolgreich. Ich finde, das habe ich schon ganz gut raus.«
» Oh ja, absolut erste Sahne«, stimmte Max ihr zu. » Und denk daran, dass du mir alles sagen kannst, wenn du mal etwas auf dem Herzen hast. Solange du mich nicht darauf hinweist, wie viele Kohlehydrate ich zu mir nehme, habe ich immer ein offenes Ohr für dich.«
» Dasselbe gilt für dich«, sagte Neve so gerührt, dass ihre Stimme zitterte. » Selbst wenn es um die Arbeit geht. Vor allem dann. Schließlich bin ich eine unbeteiligte Dritte.«
Sie schwiegen einen Augenblick, aber diesmal war es kein peinliches Schweigen. Im Gegenteil. Es schien etwas in der Luft zu liegen, etwas Positives, das Neve nicht benennen konnte.
» Fühlt sich irgendwie an wie ein besonderer Moment, nicht?«, sagte Max.
» Absolut.« Dann fiel ihr Blick auf eines der Bücher auf dem Hocker, das ihr die Lösung für ihr aktuelles schriftstellerisches Problem lieferte. » Entschuldige Max, aber ich fürchte, der Moment ist vorüber. Ich hatte gerade eine Eingebung.«
» Tja, deswegen nennt man es wohl einen besonderen Moment, weil er nicht allzu lange dauert. Also, mach dich wieder an die Arbeit. Wir sehen uns am Sonntag.«
Neve legte auf und griff nach dem Buch, das ihr gerade ins Auge gestochen war, dann klappte sie ihren Laptop auf und begann zu tippen.
Im Laufe der Woche plagte Neve zunehmend eine vage, quälende Unruhe, ungefähr so, als hätte sie ihre Schlüssel verlegt oder als wäre sie weggefahren, ohne zu überprüfen, ob sie den Herd ausgeschaltet hatte. Arbeit, Sport, Arbeit, und dann ihr Exposé– die Routine, die sie normalerweise als behaglich oder beruhigend
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