Was sich kusst das liebt sich
wartete, dass er den ersten Schritt machte. Sie war davon ausgegangen, dass sie gleich mit dem Knutschen weitermachen würden und zermartete sich das Hirn, wie sie dieses peinliche Schweigen überbrücken konnte. Aber Max erweckte nicht den Eindruck, als würde er sich unwohl fühlen. Er trank genüsslich seinen Wein und ließ den Blick mit leicht amüsierter Miene über ihre vollgestopften Bücherregale gleiten. Dann sah er unvermittelt zu Neve und erwischte sie dabei, wie sie ihn unter den Wimpern hervor ängstlich musterte.
» Du bist also Celias Schwester?«, fragte er. » Ihr seht euch überhaupt nicht ähnlich.«
Zu diesem Schluss kamen alle, wenn sie die Slater-Schwestern miteinander verglichen, und es tat nach wie vor weh, obwohl Neve es schon so oft gehört hatte. » Äh, ja…«
» Ich meine nur, weil sie immer mit ihren keltischen Wurzeln herumprahlt und du kein bisschen irisch aussiehst«, fuhr Max fort. Neves versteinerter Gesichtsausdruck schien ihn nicht im Geringsten zu irritieren. » Du bist ja eher eine englische Rose.«
» Ich komme nach unseren Vorfahren aus Yorkshire«, erklärte Neve und zwang sich, einige Muskeln zu lockern, die vor Anspannung ganz hart waren. Es würde alles gut werden. Max schien sie aufmuntern zu wollen. Bestimmt stand Knutschen gleich als Nächstes auf dem Programm. » Celia ist unserer streitbaren irischen Großmutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Granny Annies rechter Haken konnte sich sehen lassen.«
» Woher weißt du das?«, wollte Max wissen. » Du hast ihn doch hoffentlich nie zu spüren bekommen, oder?«
» Natürlich nicht.« Allerdings hatte Granny Annie die unangenehme Angewohnheit gehabt, einen so fest in die Wangen zu kneifen, dass man davon blaue Flecken bekam. » In ihrem Pub in der Stroud Green Road gab es regelmäßig Schlägereien. Sie ist immer dazwischengegangen, hat die Beteiligten vor die Tür gesetzt und ihnen Lokalverbot bis ans Lebensende erteilt.«
» Und, wolltest du nie ins Familiengeschäft einsteigen?«
Neve schüttelte den Kopf. » Nein. Ich boxe wie ein Mädchen, und beim Geruch von Bier fange ich an zu würgen.«
» Ihr seid euch überhaupt nicht ähnlich, du und Celia«, murmelte Max erneut. Vielleicht war Celia ja eher sein Typ. Vielleicht hatten Celia und Max bereits… Nein! Das hätte ihr Celia garantiert erzählt. Sie ließ sich immer haarklein über ihre sexuellen Eskapaden aus, obwohl sich Neve jedesmal die Ohren zuhielt. Aber wenn Max eher auf Frauen wie Celia stand…
» Wir haben unglaublich viel gemeinsam«, insistierte Neve. » Ich habe ihr alles beigebracht, was sie weiß.« Nur deshalb hatte Celia auch ihren Abschluss in Englisch bestanden. » Abgesehen von allem, was mit Mode zusammenhängt.«
» So, so«, sagte Max mit einem sinnlichen Unterton in der Stimme, der vorher noch nicht da gewesen war. » Rutsch doch mal ein bisschen näher, ja?«
» Wirst du mich wieder küssen?« Zugegeben, die Frage war nicht besonders sexy, aber Neve wollte sichergehen, dass sie dasselbe Ziel vor Augen hatten– leidenschaftliches Knutschen, bei dem sie ihren üppigen Busen an seine männliche Brust presste und…
» Ich ziehe es durchaus in Erwägung.« Max klopfte sich einladend auf den Oberschenkel. » Also, dann komm mal her.«
Dass sie sich auf seinen Schoß setzte, kam nun wirklich nicht in Frage. Neve richtete sich auf und kroch auf allen vieren zu ihm hinüber, um sich vorsichtig über ihn zu drapieren, was jedoch nicht sonderlich bequem war. Sie rutschte ein bisschen hin und her, wobei sie Max einen Ellbogen in die Rippen bohrte, was ihm ein überraschtes Ächzen entlockte.
Als sie dann endlich die Lippen auf seinen Mund drückte– mit null Raffinesse, aber umso mehr Enthusiasmus–, gab es zunächst nur eine Kollision von Zähnen und Zungen. Max wich ein wenig zurück und fing noch einmal von vorne an, um ihr zu zeigen, wie man es richtig machte: ganz langsam und gemächlich, sodass jeder Kuss wie ein köstlicher Bissen dunkler Schokolade schmeckte, immer wieder durchsetzt von genießerischen Pausen. Neve fühlte sich berauscht, diesmal allerdings nicht vom Alkohol, sondern vom Knutschen. Max ließ die Finger durch ihr Haar gleiten und streichelte ihren Hals. Als seine Finger zu ihrem Busen weiterwanderten, seufzte sie wohlwollend auf und legte die flache Hand auf seine Brust, sodass sie seinen Herzschlag spüren konnte.
Es wäre perfekt gewesen, hätte sie sich nicht derart den Hals verrenken müssen.
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