Was sich kusst das liebt sich
noch, dass Mandy um zehn gegangen war, begleitet von zwei hünenhaften Bodyguards, nicht ohne jeder von ihnen noch das feierliche Versprechen abzunehmen, dass sie die Bar spätestens um elf verlassen würden. Sie hatten sich offensichtlich nicht daran gehalten, denn eine ganze Weile später hatte Neve in einer Karaoke-Bar in der Canal Street Don’t Leave Me This Way gesungen. Mit einer sehr maskulin wirkenden Dolly Parton. Und…
» Ich glaube, ich habe auf einem Podium getanzt. Warum sollte ich so etwas tun?«
» Bitte sag, dass es davon Fotos gibt.« Max konnte das Lachen kaum noch unterdrücken, dabei war es für ihn garantiert nicht lustig gewesen, als sie völlig betrunken zurückgekommen war.
» Tut mir leid, dass ich dich aus dem Bett geholt habe«, murmelte sie und rollte sich dann vorsichtig auf den Rücken. Trotzdem schwankte und schlingerte der Raum heftig, und ihr Magen gleich mit.
» Ich war noch gar nicht im Bett. Ich bin im Zimmer auf- und abgelaufen und habe mir Sorgen gemacht. Ich dachte schon, du liegst irgendwo tot im Straßengraben, nachdem du die ersten zehnmal, als ich dich angerufen habe, nicht rangegangen bist.«
» Oh, Gott. Alkohol böse. Sehr, sehr böse.«
» Da geb ich dir recht, aber ich glaube, das war trotzdem nicht der letzte Champagner deines Lebens.« Max stützte sich auf einen Ellbogen auf und sah auf Neve hinunter, die mit geschlossenen Augen dalag. » Wenn du erst geduscht hast, geht es dir bestimmt besser.«
» Das wird mir den Rest geben.«
» Nein, wird es nicht. Es wird sich bloß die ersten fünf Minuten so anfühlen als ob.« Max richtete sich auf, sodass das Bett wackelte, und Neve jammerte und stöhnte herzzerreißend. » Ich lasse jetzt jemanden kommen, der das Bad sauber macht, und dann musst du leider aufstehen, denn ich sag’s ja nur ungern, aber in fünf Stunden gehen wir zusammen auf die Hochzeit des Jahres.«
Neve versuchte Max klarzumachen, dass sie das Bett nicht verlassen konnte, jedenfalls nicht in absehbarer Zukunft, aber er war bereits aufgestanden. Sie hörte ihn im Zimmer herumwerkeln und dann mit leiser Stimme telefonieren, dann nickte sie wieder ein und rührte sich auch dann nicht, als zwei Zimmermädchen kamen, um im Bad die Spuren der vergangenen Nacht zu beseitigen. Vielleicht war es die Scham, die sie zum Weiterschlafen zwang, als sie eine der beiden Frauen sagen hörte: » Wir brauchen noch mehr Bleichmittel. Viel mehr.«
Als sie das nächste Mal die Augen aufschlug, begriff sie, dass sie doch nicht sterben würde. Jedenfalls nicht, bevor sie sich die Zähne geputzt hatte. Sie schlug die Decke zurück und versuchte, ihrem Gehirn die Botschaft zu senden, dass sie ihre Beine bewegen wollte.
» Hey! Was machst du denn? Lass dir doch helfen«, rief Max, der an der Tür zum Bad stand. Neve starrte ihn an.
» Du trägst einen Anzug«, stellte sie mit messerscharfer Logik fest, denn er hatte in der Tat einen eleganten, schmal geschnittenen schwarzen Anzug an, und dazu ein blütenweißes Hemd. Selbst seine störrischen Locken waren gebändigt, mithilfe einer ganzen Dose Pomade, wie es aussah. Nur die roten Socken, die unter der Hose hervorlugten, trübten den allgemeinen Eindruck von Eleganz. » Du siehst echt schick aus.«
Max schob die Hände in die Hosentaschen. » Ich hasse Anzüge«, brummte er. » Die Krawatte ziehe ich erst an, wenn die ersten Takte vom Hochzeitsmarsch ertönen.«
Er trat ans Bett und half Neve vorsichtig auf. sie schwankte einen Augenblick, kam jedoch zu dem Schluss, dass sie stehen konnte, solange Max ihren Arm hielt. » Ich muss mir die Zähne putzen«, sagte sie, als sie langsam den gefahrvollen Weg ins Bad einschlugen, der sie an einem Häufchen silberner Pailletten auf dem Boden vorbeiführte.
Irgendwann gestern Nacht hatte sich Neve bis auf die Unterwäsche ausgezogen– oder war ausgezogen worden, aber ihr war noch immer zu elend, um deswegen auszuflippen. Max war offenbar nicht so traumatisiert von ihren schwabbelnden Hüften, ihrem Hängebauch und all den anderen Makeln, die sie normalerweise vor ihm verbarg, dass er sich aus dem Staub gemacht hatte. Im Gegenteil. Sie fand es unglaublich süß, wie geduldig und vorsichtig er sie ins Bad bugsierte, als wäre sie aus Glas.
» Was du brauchst, ist ein deftiges Katerfrühstück«, sagte er und grinste, als sie sich bei dem Gedanken krümmte. » Aber erst lasse ich dir mal etwas Tee und Toast bringen. Du siehst immer noch ziemlich blass aus.«
Blass war die
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