Was sich kusst das liebt sich
Zeichen, dass sie zusammengehörten.
» Überhaupt nicht«, versicherte er ihr fröhlich. » Ehrlich gesagt habe ich den Eindruck, dass Keith ein Männerabend mal ganz guttun würde.«
Auf dem Nachhauseweg ließ sich Neve ihre Unterhaltung noch einmal gründlich durch den Kopf gehen und suchte vergeblich nach einem verborgenen Hinweis darauf, dass Max untröstlich war, weil er eine Nacht ohne sie auskommen musste.
Zu Hause angekommen sperrte sie ihr Fahrrad ab und fischte das Handy aus der Tasche, um nachzusehen, ob er sich nicht doch noch einmal gemeldet hatte. Nichts, außer einer SMS von ihrem Anbieter, in der es hieß, man habe ihr die Telefonrechnung online bereitgestellt. Sie starrte noch immer voller Hoffnung auf das Display, als die Haustür aufschwang und Charlotte hereinkam.
Es war zu spät, um die Flucht zu ergreifen, also klopfte Neve auf ihren Fahrradsattel und begrüßte ihre Schwägerin mit einem » Oh, hi.«
Charlotte schnitt die übliche Grimasse und fauchte: » Immer stellst du mit deinem dämlichen Rad den Korridor voll.«
Neve breitete die Arme aus. » Tu ich nicht. Hier sind noch fast zwei Meter Platz.«
Es war schwer zu sagen, wen von ihnen ihre Widerworte mehr überraschten, doch Charlotte hatte sich gleich wieder gefangen. » Von wegen. Und gestern hast du den ganzen Tag die Wäscheleine in Beschlag genommen. Das ist nicht dein Privatgarten; er ist für uns alle da, und auf der Leine war kein Platz mehr, weil deine Kleider so riesig sind«, ätzte sie mit einem vielsagenden Blick auf Neves Hüften, damit ihre spitze Bemerkung auch ja richtig ankam.
» Es waren keine Kleider, sondern meine Bettwäsche, und…« Neve brach ab. Vernünftige Argumente waren bei Charlotte ungefähr so wirkungsvoll wie ein Glas Wasser bei einem Waldbrand. » Ach, vergiss es. Ich habe keine Zeit für diesen Mist.«
Damit ließ sie sie einfach stehen und marschierte die Treppe hinauf, während Charlotte noch ein paar Mal den Mund auf- und zuklappte. Als Neve auf dem obersten Treppenabsatz ankam, knallte Charlotte ihre Wohnungstür so heftig zu, dass das ganze Haus wackelte.
Die erwartete Klopf-Session von unten blieb jedoch aus, vermutlich, weil ein paar Minuten später Douglas nach Hause kam. Neve zog sich aus und fiel in ihr frisch bezogenes Bett, und nach einem Kapitel von The New Mistress at the Chalet School war sie eingeschlummert.
Als sie zwei Stunden später vom Klingeln ihres Handys aus dem Schlaf gerissen wurde, war sie einen Augenblick lang verwirrt, weil es draußen noch hell war. Sie richtete sich auf und tappte nach dem iPhone.
» Du hältst es wohl nicht mehr als zwei Stunden ohne mich aus, wie?«, fragte sie in einem aufreizenden Tonfall.
» Neve?«, sagte eine vertraute Stimme, und sie gehörte nicht Max. » Ich bin’s, William.«
Eben war ihr noch heiß gewesen, jetzt fröstelte sie plötzlich. Sie hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen, obwohl sie allein war. Hätte jetzt ein nackter Max neben ihr gelegen, sie wäre vermutlich vor Scham gestorben.
» Neve? Ist dort Neve Slater?«
» Ja«, erwiderte sie vorsichtig. » Ich habe nur nicht mit einem Anruf von dir gerechnet.«
» Ich dachte schon, ich hätte mich verwählt. Geht es dir gut?« Seiner glasklare Artikulation und seine vornehme Aussprache ließen Neve erneut schaudern.
» Ja, alles bestens. Ich bin bloß… ähm… überrascht über deinen Anruf«, improvisierte sie hastig und kletterte aus dem Bett, um nervös im Schlafzimmer auf und ab zu gehen. Sie betrachtete sich im Spiegel. Ihr Gesicht wirkte verschlafen, die Haare standen ihr in allen Richtungen vom Kopf ab.
» Stör ich? Bist du gerade anderweitig beschäftigt?«
Neve schnitt eine Grimasse. Er ahnte ja gar nicht, wie sehr seine Aussage ins Schwarze traf. » Nein, nein, keine Sorge. Ich dachte nur, wir würden am Sonntag in einer Woche telefonieren. Ist alles in Ordnung?« Sie runzelte die Stirn. » Oder bist du etwa schon in England? Du hattest doch gesagt, du würdest erst Mitte Juli kommen, und wir haben noch nicht einmal Ende Juni.«
» Ich bin tatsächlich bereits in London, aber nur ganz kurz. Morgen früh muss ich noch einmal nach LA «, eröffnete ihr William, und Neve schloss die Augen und musste sich an die Wand lehnen. Er durfte noch nicht wieder da sein. Sie passte noch nicht in Kleidergröße 38, und sie war noch nicht bereit, mit Max Schluss zu machen, und… auch sonst war sie noch nicht bereit. » Ich weiß, das ist ziemlich kurzfristig, aber
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