Was sich kusst das liebt sich
um Footballers’ wives and girlfriends handelt. Ist aber schwierig auszusprechen.« Neve murmelte das sperrige Akronym noch einige Male vor sich hin, während Max sie anstarrte. » Hm, viel zu umständlich. Jedenfalls habe ich noch nie von dieser Mandy gehört; aber ich sehe auch nicht viel fern. Sie schreibt also Romane, ja? Besser gesagt, du schreibst sie für sie?«
Neve bemühte sich, nicht zu abfällig zu klingen. Wie kam es, dass Spielerfrauen neuerdings Buchverträge bekamen, wo Neve doch mindestens drei Schriftsteller mit guten Noten von guten Universitäten kannte, die für einen Mindestlohn schufteten und sich seit Jahren vergeblich bemühten, wenigstens eine Kurzgeschichte zu veröffentlichen? Offenbar hatte sie mit ihrer Missbilligung erfolgreich hinter dem Berg gehalten, denn Max lächelte versonnen.
» Mandy und ich kennen uns schon ewig«, erklärte er. » Ich habe sie für Skirt interviewt, und wir waren uns auf Anhieb sympathisch, deshalb hat sie mich gefragt, ob ich ihre Memoiren für sie schreiben will.«
» Ihre Memoiren? Dann ist sie schon etwas älter?«
» Sie ist zweiundzwanzig«, sagte Max. » Nach der Autobiografie haben wir einen Style Guide geschrieben, und jetzt arbeite ich an ihrem vierten Roman.«
» Hast du nicht gesagt, ihr schreibt die Bücher gemeinsam?« Neve fand das alles sehr verwirrend, zumal sie definitiv etwas zu tief ins Glas geschaut hatte.
» Der Verlag wollte ein Buch über ein junges Mädchen, das in einem Supermarkt arbeitet und dann mit einem Fußballspieler zusammenkommt. Mandy und ich haben einige Szenarios durchgespielt, ich habe sie ausgearbeitet, und daraus sind bislang drei Romane entstanden, die sich eine Million Mal verkauft haben. Die Serie wurde in dreiundzwanzig Sprachen übersetzt, und kürzlich hat sogar eine Produktionsfirma Interesse an den Filmrechten bekundet«, erklärte Max stolz. » Du musst einfach einen gelesen haben. Jede Frau, die ich kenne, hat zumindest heimlich einen gelesen.«
» Nein, so was lese ich nicht«, meinte Neve. Als Max das Gesicht verzog, wurde ihr klar, wie eingebildet es geklungen haben musste, und sie versuchte, zurückzurudern. » Du hast also die Arbeit, und sie kassiert den Ruhm und die Tantiemen? Das erscheint mir etwas ungerecht.«
» Nicht die ganzen Tantiemen«, wandte Max ein. Er schüttelte den Kopf. » Ich kann nicht fassen, dass du Mandy McIntyre nicht kennst. Du lebst wohl echt im vorigen Jahrhundert.«
» Ich interessiere mich eben nicht besonders für Prominente«, sagte Neve vorsichtig. » Das kommt mir alles so oberflächlich vor. Außerdem muss ich mir für meine Arbeit viel ernsthafte Lektüre zu Gemüte führen und…«
» Wieso, was machst du denn beruflich?«, erkundigte sich Max bissig. » Muss ja eine ungeheuer wichtige, lohnende Tätigkeit sein. Suchst du ein Mittel gegen Krebs oder eine Lösung für das Welthungerproblem?«
Max hatte gar keinen Grund, derart schnippisch zu reagieren, schließlich hatte sie nicht ihm unterstellt, dass er oberflächlich war. » Ich bin leitende Archivarin in einem Literaturarchiv«, informierte ihn Neve kühl.
» Aha, so eine Art Bücherei, oder wie?«
» Es lässt sich nicht im Geringsten mit einer Bücherei vergleichen«, blaffte Neve. » Und im Übrigen ist die Erhaltung literarischer Schriftstücke für die Nachwelt wirklich eine sehr wichtige und lohnende Tätigkeit.«
» Wenn du das sagst«, Max schnaubte abschätzig. » Klingt für mich irgendwie langweilig.«
In diesem Augenblick fuhr die U-Bahn in die Station Finsbury Park ein, was Neve davor bewahrte, Max zu sagen, was sie von seiner banausenhaften Meinung hielt.
Kaum hatte der Zug angehalten, sprang sie auf und stieg aus, ehe sich die Türen ganz geöffnet hatten. Dann stöckelte sie in ihren Schuhen, die inzwischen hochoffiziell zu Folterinstrumenten mutiert waren, die Treppe hinauf. Am liebsten hätte sie den langen Tunnel, der zur Straße führte, im Laufschritt durchmessen, doch vor ihr ging ein Mann mit einem großem Rollkoffer, der sie nicht vorbeiließ.
Es dauerte nicht lange, bis Max sie eingeholt hatte, dabei konnte sich Neve nicht erklären, wieso er ihr schon wieder folgte. Sie an seiner Stelle hätte sich ein paar Minuten unten auf dem Bahnsteig herumgedrückt, um sicherzugehen, dass er weg war.
» Das wird ja allmählich eine Art Beziehungsmuster«, stellte Max fest und baute sich vor ihr auf. » Kaum sage ich etwas auch nur ansatzweise Kontroverses, stürmst du wütend davon,
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