Was sich kusst das liebt sich
schnaubte Neve, nachdem sie sich mit einiger Mühe vom Sofa hochgekämpft hatte. » Es war genau wie früher in Oxford, als mich diese fiesen, arroganten Knaben mit Brötchen beworfen haben.«
» Falls es dich tröstet: Max ist viel netter, wenn keine leicht bekleideten Blondinen in der Nähe sind.«
» Nein, das tröstet mich nicht.« Neve seufzte. Dann schob sie die Unterlippe nach vorn. » Ich mach die Fliege. Ich will die letzte U-Bahn nicht verpassen.«
» O.K., aber sei so gut und halt noch einmal kurz meine Tasche – ich gehe schnell ein letztes Mal tanzen«, sagte Celia und drückte Neve, ohne ihre Antwort abzuwarten, ihre Clutch in die Hand.
Kapitel 2
Als sie eine halbe Stunde später den Klub verließen, schlug ihnen schon an der Tür die eisige Kälte der Januarnacht entgegen. Sie fühlte sich im Gesicht wie tausend Nadelstiche an. Neve taumelte zurück und spürte erst jetzt, dass sie zwar nicht betrunken, aber auch nicht mehr ganz nüchtern war. Irgendetwas dazwischen. Hoffentlich erwische ich die letzte U-Bahn der Victoria Line noch, dachte sie, während sie– schlotternd trotz ihres Wintermantels– mit Celia vor dem Klub wartete, bis Yuri ihr Skateboard aus der Garderobe geholt hatte. Yuri war nie ohne ihr Skateboard anzutreffen, auch wenn sie es in Neves Anwesenheit noch nie benutzt hatte.
» Wir gehen noch ins Soho House auf eine After-Party. Komm doch mit«, schlug Celia vor und hakte sich bei Neve unter. » Grace schleust uns rein.«
Grace stand in der Hierarchie bei Skirt weiter oben als Celia, und sie war das mürrischste Wesen, das Neve je kennengelernt hatte. Immerhin rang sie sich nun ein mattes Lächeln in Neves Richtung ab.
» Nein, ich will nach Hause«, beharrte Neve und machte sich von Celia los. » Das war für meinen Geschmack ein reichlich aufregender Abend.«
» Er war nicht annähernd aufregend genug«, widersprach Celia und machte einen Schmollmund. » Es wird bestimmt lustig.«
» Mein Pensum an Spaß für diesen Monat ist ausgeschöpft«, erklärte Neve. » Sieh nach, ob du deinen Schlüssel dabeihast, bevor ich gehe. Ich möchte nicht wieder um drei Uhr morgens von euch aus dem Bett geklingelt werden.«
» Das war doch nur ein einziges Mal…«
» Ein einziges Mal diesen Monat, meinst du wohl. Los, zeig mir deinen Schlüssel.«
Es dauerte eine Weile, bis Celia ihre zwei Handtaschen und die Manteltaschen durchsucht hatte, gefolgt von einer dritten Handtasche, die Yuri ihr reichte, als sie endlich mit ihrem Skateboard unter dem Arm auftauchte. Schließlich hielt Celia ihrer Schwester den Schlüsselbund unter die Nase.
Neve versicherte ihr gerade, dass sie nicht betrunken war und nicht zum ersten Mal allein nach Einbruch der Dunkelheit mit der U-Bahn nach Hause fuhr, als es hinter ihnen einen Aufruhr gab. Sie drehte sich um und erblickte Max inmitten einer Schar von Skirt -Mädels. » Ich war nicht sicher, ob die beiden nicht womöglich illegal im Land sind, und außerdem konnten sie kein Wort Englisch, also musste ich sie ziehen lassen«, verkündetete er soeben wehmütig. » Schade, sie sahen außerordentlich beweglich aus.«
Neve rümpfte die Nase. Was für ein Ekel! Sie drehte sich wieder zu Celia und Yuri um, während sein Fanklub im Chor » Armer Max« säuselte. » Bleib nicht zu lange weg«, ermahnte sie Celia. » Du hast morgen früh ein Fotoshooting.«
Celia verzog das Gesicht. » Ja, Mutti.«
» Welche von euch Hübschen kommt denn nun mit mir nach Hause?«, tönte Max hinter ihnen. » Gracie, findest du nicht, du bist es dir schuldig, wenigstens dieses eine Mal unter meine Decke zu schlüpfen? Ich mache dir morgen auch Frühstück und begleite dich zum Bus.«
» Hmmm, verlockendes Angebot, Max, aber ich habe mir vorgenommen, in der Fastenzeit keine männlichen Nutten zu vögeln«, kam es schlagfertig zurück.
Neve verdrehte die Augen und begann in ihrer Handtasche nach der U-Bahn-Karte und dem Handalarmgerät zu suchen. » Okay, ich bin dann mal weg«, sagte sie rasch.
» Celia? Skater-Girl?« Max versuchte offenbar immer noch, bei einer seiner Kolleginnen zu landen. Neve küsste Celia auf die Wange und wollte sich gerade auf den Weg zur U-Bahn machen, als sie eine Hand auf ihrem Po spürte. » Oder wie sieht’s mit dir aus? Ich mag gut gepolsterte Frauen; die halten wenigstens was aus.«
Neve schnaubte empört und blinzelte hastig, weil sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. » Also, ich gehe jetzt«, stieß sie hervor und
Weitere Kostenlose Bücher