Was sich liebt, das küsst sich - Gibson, R: Was sich liebt, das küsst sich - Nothing but Trouble
ihm die Tür. »Ich kriege meine Scheißtür selber auf«, schnauzte er sie an.
»Ich bin Ihr Chauffeur. Wissen Sie noch?« Doch in Wahrheit ging es schlicht und ergreifend unkomplizierter und schneller, wenn sie es erledigte. Sie beobachtete, wie er sich langsam in den Wagen gleiten ließ und sich sein Mund vor Schmerz verzerrte, als er die Beine hineinzog. »Brauchen Sie Hilfe beim Anschnallen?«
»Nein.« Er griff mit der linken Hand nach dem Gurt. »Ich bin kein Baby mehr. Ich kann mich allein anschnallen. Ich kann allein essen, mir allein die Schuhe zubinden und brauche auch keine Hilfe beim Pinkeln.«
Chelsea klappte die Tür zu und lief um den Wagen herum. »Zehntausend Dollar. Zehntausend Dollar«, flüsterte sie vor sich hin.
Als sie einstieg und ihre Handtasche nach hinten warf, stieg ihr der Neuwagengeruch in die Nase. Weiches beigefarbenes Leder schmiegte sich an ihren Rücken und ihren Hintern. Lustvoll seufzend drückte sie den Zündungsknopf, und der Motor schnurrte wie ein zufriedenes kleines Kätzchen. »Sie haben die Premium-Ausstattung.« Sie ließ die Hände über das mit Leder bezogene Lenkrad gleiten. »Alles beheizt. Navigationssystem. Einen Anschluss für Ihren iPod. Hübsch.«
»Woher wissen Sie von meiner Premium-Ausstattung?«
Sie ignorierte die Anspielung. »Ich komme aus L.A. Da haben wir beheizte Sitze und Lenkräder, obwohl es selten unter sechzehn Grad ist.« Sie drückte auf den Garagentoröffner, der an der Sonnenblende klemmte, und eines der Tore
glitt nach oben. Als sie das Navigationssystem einschaltete, leuchtete es auf und erkundigte sich mit einer kessen Frauenstimme : » Hallo, Mark. Wohin soll’s gehen? « Sie warf einen verstohlenen Seitenblick auf sein versteinertes Gesicht, während sie das Krankenhaus als Ziel angab. Dann schnallte sie sich an und steuerte den Mercedes rückwärts aus der dunklen Garage ins Sonnenlicht. »Immer wenn ich einen teuren Wagen aus der Garage fahre, komm ich mir vor wie Ferris Bueller in Ferris macht blau . Ich kann im Geist sogar die Musik hören. Ich schwör’s.« Sie senkte die Stimme und brummte so tief wie möglich: »Bow bow – oooohhh yeeeaah.«
»Sind Sie high?«
Das Garagentor schloss sich, und sie schaltete die automatische Gangschaltung auf »Drive«.
»Nein. Ich nehm keine Drogen.« Es hatte mal eine Zeit gegeben, in der sie mit Drogen experimentiert hatte, aber sie hatte den schrecklichen körperlichen und geistigen Verfall, den eine Sucht mit sich brachte, mit eigenen Augen gesehen und sich entschieden, diesen Weg nicht einzuschlagen. »Es freut Sie sicher zu hören, dass ich mich einem Drogentest unterziehen musste, um diesen Job zu kriegen.« Sie ließ vorsichtig die Bremse los, rollte an ihrem Honda vorbei und fuhr weiter die Einfahrt hinab. »Die passen ganz schön auf, wen sie einstellen.«
»Sieht ganz so aus.« Er lehnte den Kopf hinten an und strich mit dem Daumen über den Griff seines Stocks. »Deshalb haben sie mir auch eine Pflegerin geschickt, die lieber Chauffeur spielen will.«
» Rechts abbiegen «, wies das Navi sie an, und Chelsea fuhr in Richtung SR 520. » Eins Komma sechs Kilometer nach Norden. Noch vierzehn Kilometer bis zum Ziel. «
»Das nervt«, motzte Mark, während er sich nach vorne beugte und am Navi-Bildschirm herumwurstelte, bis er die Sprachsteuerungsoption zum Schweigen gebracht hatte.
Der Mercedes rollte über den Asphalt, als gehörte ihm die Straße ganz allein. Sekundenlang überlegte sie, ob sie ihm beichten sollte, dass sie gar keine Pflegerin war. Wenn er es später erfuhr, wäre er vielleicht sauer. Andererseits hätte er sie, wenn er es später erfuhr, schon ins Herz geschlossen und es würde keine Rolle mehr spielen. Verstohlen musterte sie ihn aus den Augenwinkeln, wie er dort saß wie Gevatter Tod. Ja, klar. »Hören Sie, Mark – darf ich Sie Mark nennen?«
»Mr Bressler ist perfekt.«
Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Straße. »Hören Sie, Mr Bressler , ich bin gar keine Pflegerin. Und vom Fachlichen her auch keine Betreuerin .« Da er wahrscheinlich sowieso sauer würde, setzte sie alles auf eine Karte. »Bei allem Respekt: Sie waren so eine Nervensäge, dass sich niemand in der Chinooks-Organisation die Mühe gemacht hat, mich zu briefen, was ich eigentlich für Sie tun soll. Vermutlich weil niemand damit rechnet, dass ich länger als zehn Minuten durchhalte. Man hat mir nur einen Terminplan in die Hand gedrückt und mir viel Glück
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