Was sich liebt das raecht sich - Roman
der phänomenalen Reaktion auf ihren ersten Song lief Iris während ihres zweiten Liedes auf der Bühne auf und ab, und als die Leute anfingen zu klatschen, legte sich auch noch der letzte Rest ihrer Nervosität, und sie beschloss, jede Sekunde ihres Auftritts zu genießen und vor allem sich und allen anderen zu beweisen, dass sie hier auf dieser riesengroßen Bühne eindeutig zuhause war.
Ohne zu wissen, dass auch Judd zum Publikum gehörte, saß Ace neben seinem Kumpel Jerry in der letzten Reihe und sah wie gebannt nach vorn. Sein Vater hatte ihm erzählt, sie wäre talentiert, dass sie allerdings eine solche Stimme hatte, hätte er niemals gedacht. Mit all den Divas in den Charts hielt sie problemlos mit. Ace war kein Musikexperte, aber Iris’ Stimme hatte einen wunderbaren, etwas rauen Klang, durch den sie sich von allen anderen unterschied. Das zweite Lied war derart eingängig, dass die Leute rhythmisch dazu klatschten, und sie hatte sich entspannt und lächelte der Menge zu. Ace hatte das Gefühl, als hätte sich das ganze Publikum auf einen Schlag in sie verliebt, was angesichts der Souveränität, mit der sie sang, durchaus verständlich war.
Was für eine Stimme, dachte er. Was für eine Stimme, was für ein Gesicht, was für ein Körper. Er war es gewohnt, Frauen als Spielzeug zu betrachten, doch das war Iris nicht. Als sie sich zum ersten Mal begegnet waren, hatte er es überraschend leicht gefunden, sich mit ihr zu unterhalten, denn sie war ausnehmend amüsant gewesen, hatte sich wie viele Briten selbst nicht allzu ernst genommen und ihn trotz der Frotzeleien, mit denen sie einander aufgezogen hatten, auch als Frau in höchstem Maße fasziniert.
Ace atmete zitternd aus. Würde er den lächerlichen Plan, sie zu verführen, wirklich durchziehen? Er konnte
noch immer nicht glauben, dass sein Vater ihm befohlen hatte, so etwas zu tun – aber schließlich hatte er ihm sogar Tickets für diese Veranstaltung geschickt, um ganz sicherzugehen, dass er Iris noch mal traf. Dabei hatte Ace sich bereits selber Karten für dieses Konzert besorgt, denn ungeachtet seines Auftrags hatte er es einfach nicht erwarten können, sie wiederzusehen.
Nachdem Iris die Bühne verlassen hatte, sprang er auf, brach genau wie alle anderen in lauten Jubel aus und verlangte eine Zugabe. Iris rannte wieder auf die Bühne, dankte den Leuten für den stürmischen Applaus, erklärte jedoch, für ein drittes Lied reiche die Zeit leider nicht aus, und vor lauter Enttäuschung brach die Menge in Buhrufe und lautes Pfeifen aus. Daraufhin erschien auch Pia auf der Bühne, erklärte mit atemloser Stimme, wo Iris als Nächstes live zu hören wäre, zog eine Demo-CD hervor, erklärte, sie würde bald im Radio gespielt, und nach einer Verbeugung zogen sich die beiden Frauen lachend zurück.
Ace stieß Jerry, dessen Augen verdächtig glitzerten, mit dem Ellenbogen an. »Du bist einfach ein unglaublicher Softie, Jez. Aber sie ist wirklich erstaunlich, findest du nicht auch?«
Jerry tupfte sich die Tränen fort. Nicht nur, dass sein Kumpel seit dem Rennen in Long Beach nur noch von Iris sprach, er hatte seither auch diverse Siege eingefahren, als hätte der Gedanke an die junge Frau ihm ungeahnte Energie verliehen. Auch sein sprühender Witz, der nach dem Gespräch mit Judd erloschen war, war wieder aufgeflammt, seit er Iris begegnet war. Und vor allem hatte er seither tatsächlich keinen Sex mit irgendwelchen anderen Frauen mehr gehabt, obwohl sich Jerry nicht ganz sicher war, ob diese bewundernswerte Selbstbeherrschung tatsächlich ein Opfer für ihn war.
»Ich gehe hinter die Bühne«, meinte Ace und tauchte im Gedränge ab. Er hatte das seltsame Gefühl, dass er im Begriff stand, etwas anzufangen, das sich nicht so leicht wieder beenden ließ. Er rief Jerry über die Schulter zu: »Fahr schon mal zurück zu unserer Wohnung und bereite alles für die Party vor. Ich werde Iris dazu bringen, dass sie kommt … ganz gleich, was ich dafür auch immer machen muss.«
Jerry versuchte, das ungute Gefühl, das er hatte, abzuschütteln, und wandte sich kopfnickend zum Gehen.
Ace überredete den Wachmann bei der Bühne, ihn vorbeizulassen, und marschierte dorthin, wo die junge Sängerin trotz ihrer höflichen Proteste, dass sie nur zu Shamrock gehen würde, die Visitenkarten zahlreicher Agenten in die Hand gedrückt bekam. Auch Stylisten und Frisöre boten gratis ihre Dienste an, und auf ihrem Schminktisch waren Tüten mit Präsenten
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