Was sich liebt das raecht sich - Roman
antwortete Kitty und war selber überrascht, weil es tatsächlich so war. Sie hob den Kopf, erblickte eine Reihe halbnackter Männer, die mit Tabletts voller köstlich aussehender kleiner Kuchen und Kanapees die Runde durch das Zimmer machten, und wurde ein wenig rot, als sie ein Glas rosa Champagner von einem der strammen Ober entgegennahm.
»Das freut mich«, erwiderte Susannah, griff nach dem Wunder wirkenden neuen Concealer, den sie entwickelt hatte, und trug eine dünne Schicht davon unter Kittys Augen auf. »Auch wenn ich nicht verstehe, dass Ihnen nach allem, was Sie durchgemacht haben, das Lächeln nicht vergangen ist.« Sie konnte einfach nicht begreifen, woher Kitty die Kraft nahm, um Judd und sein schockierendes Benehmen zu ertragen. Susannah hätte nicht gewusst, wie sie hätte reagieren sollen, hätte plötzlich Charlie ein uneheliches Kind mit heimgebracht. Es war eine Sache, diverse Affären eines Mannes zu ertragen, aber eine derartige Beleidigung hätte für sie das Fass wahrscheinlich zum Überlaufen gebracht.
Kitty ließ sich die Augen in rauchigen Pflaumen- und Rosatönen schminken. »Meine Beziehung zu Judd ist schon seit Jahren ziemlich schwierig«, gab sie zu. »Ich glaube, ich weiß schon seit langer Zeit, dass ich ihn nicht mehr liebe, oder wenigstens nicht so, wie es am Anfang war. Nur ist es einfach so … in meiner Familie lässt man sich nicht scheiden. Wobei es so wie jetzt noch nie gewesen ist.«
»Inwiefern?« Susannah griff nach einem Döschen Rouge und sah Kitty stirnrunzelnd an.
»Wissen Sie, es war die Art, wie sich Judd verhalten hat«, erklärte Kitty ihr. »Dass er einfach erwartet hat, dass ich Savannah ohne ein Wort der Beschwerde akzeptiere. Das zeigt, wie wenig er mich achtet.«
»Dieses Schwein«, stimmte ihr Susannah zornig zu.
Doch Kitty hatte keine Lust mehr, über Judd zu sprechen, und so fragte sie: »Wer ist denn das?«, und zeigte auf eine glamouröse Frau in einem langen zitronengelben Kleid und Sandalen im Gladiatorenstil. Sie hatte prächtiges blondes Haar und kam ihr irgendwie bekannt vor, aber Kitty wusste nicht, wo sie ihr schon mal begegnet war.
Susannah biss sich auf die Lippe. Sie war sich nicht sicher gewesen, ob es richtig war, Kitty und Tavvy zusammen einzuladen, hatte sich dann jedoch gesagt, dass eine Begegnung beider Frauen auf Dauer unvermeidbar war. Außerdem war Tavvy nicht die Frau, die eine Szene machen würde, und auch Kitty war unglaublich nett.
»Das ist … Tavvy Maguire«, antwortete sie und winkte Tavvy zu sich heran.
Obwohl sie nicht die Absicht hatte, unhöflich zu sein, starrte Kitty Tavvy mit großen Augen an. »Sie … Sie sind das«, stieß sie verlegen aus. »Ich hatte mich schon gefragt, ob es Sie wirklich gibt.«
Tavvy sah sie mit einem durchaus freundlichen, aber verständnislosen Lächeln an. »Ich fürchte, ich …« Als sie Kittys amerikanischen Akzent vernahm, wogte eine seltsame Furcht in ihrem Inneren auf. War dies etwa Judds Frau?
»Sie sind die Frau auf Judds Foto«, meinte Kitty überrascht, weil ihr diese Person plötzlich leibhaftig gegenüberstand. Sie hatte immer gedacht, auf dem Foto wäre eine Frau, mit der Judd einmal in Amerika zusammen gewesen
war. Plötzlich kam ihr eine grässliche Idee, mischte sich mit einem längst vergessenen Verdacht, und ihr wurde schlecht.
Da Susannah merkte, dass es zwischen beiden Frauen viel zu besprechen gab, zog sie sich diskret zurück.
Tavvys für gewöhnlich warmer cremefarbener Teint machte einer gespenstischen Blässe Platz. »Sie sind Judds Frau«, stellte sie fest. Sie wollte sich bei ihr entschuldigen, wusste aber nicht genau, wofür. Dafür, dass Kitty mit Judd verheiratet oder dass sie früher mal mit ihm liiert gewesen war?
Kitty leerte ihr Champagnerglas in einem Zug. Tavvy Maguire war das Mädchen … oder eher die Frau auf der Fotografie. Judd hob niemals irgendwelche Fotos auf und trug sie vor allem nicht mit sich herum, bis sie völlig zerknittert waren – außer der Aufnahme von Tavvy, was eindeutig Bände sprach. Lochlin Maguire … Tavvy Maguire … die Fehde zwischen den Familien … das waren die Gründe, weshalb Judd sie alle entwurzelt hatte, um hierher zurückzuziehen, davon war sie plötzlich überzeugt. Sie starrte Tavvy an und fragte sich, warum es sie nicht schmerzte, plötzlich der Frau, die Judd anscheinend hatte lieben können, gegenüberzustehen.
Als sie Tavvys Unbehagen spürte, versuchte sie, sie zu beruhigen. »He, es besteht kein
Weitere Kostenlose Bücher