Was sich liebt das raecht sich - Roman
Gardot, dieses Mädchen, über das seit einer Weile alles spricht. Sie hat einfach eine unglaubliche Stimme, und sie gibt dem Jazz ein vollkommen neues Gesicht.«
Tavvy nickte zustimmend. »Sie ist auch eine wunderbare Komponistin.« Shay hatte wirklich ein unglaubliches Verständnis für Musik. Die Liebe zum Jazz hatte er von seinem Opa Niall geerbt, der ein großer Sammler seltener Schallplatten gewesen war. Shay hütete die ihm vererbten Aufnahmen wie einen Schatz und gab sie niemals jemand anderem auch nur in die Hand. Als Tavvy die violetten Schatten unter seinen Augen sah, fragte sie sich, ob sie ihn vielleicht von seiner Depression befreien könnte, wenn sie ihm erzählte, warum sie in das Musikzimmer gekommen war. Aber vor allem war sie ehrlich an seiner Meinung interessiert.
»He, ich möchte dir etwas erzählen, allerdings musst du mir versprechen, dass du mit niemandem darüber sprichst.«
Shays Interesse war geweckt. Er legte seine Zeitschrift fort und nickte mit dem Kopf.
»Ich habe vor kurzem ein neues Lied verfasst.« Tavvy bemerkte seinen überraschten Blick. »Ich weiß, das ist total verrückt, nicht wahr? Ich habe schon seit einer Ewigkeit nichts mehr geschrieben, doch plötzlich war da diese Melodie in meinem Kopf und ging einfach nicht mehr weg.« Sie nahm vor dem Flügel Platz und glitt mit ihren Fingern geschmeidig über die schimmernde Tastatur. Den Steinway hatte Lochlin ihr geschenkt, und es war praktisch unmöglich, schlecht darauf zu spielen, denn er hatte einfach einen wunderbaren Klang. »Also habe ich der Versuchung nachgegeben und die Noten zu Papier gebracht. Natürlich wird das Lied nie aufgenommen werden, aber trotzdem finde ich, dass es ziemlich gelungen ist.«
Shay zog verblüfft die Brauen hoch. »Wow. Weiß Dad etwas davon?«
Tavvy schüttelte den Kopf, und als sie anfing zu spielen, fiel ihr blondes Haar nach vorn. »Du weißt, was er von mir und der Musik oder eher gesagt von dem Leben, das ich als Musikerin geführt habe, gehalten hat. Dies ist nur eine einmalige Sache.« Zumindest hoffte Tavvy das, schließlich hatte sie einfach keine Zeit, um verträumt herumzusitzen und mit Songtexten zu spielen.
Shay hörte sich das Lied erschaudernd an. Es war … unglaublich gut.
»Es heißt Unwiderstehlich «, erklärte Tavvy ihm. »Eine Art Fortsetzung von Besessenheit . Es geht darum, dass man total in jemanden verliebt ist… natürlich in die falsche Person, aber das Gefühl ist so berauschend, dass man ihm einfach nicht widerstehen kann.« Sie summte die Melodie und warf mit ihrer einmaligen rauchigen Stimme ein paar der Zeilen, die sie dazu geschrieben hatte, ein.
Ich halte es nicht aus, von dir getrennt zu sein,
kann nicht essen, kann nicht schlafen, weil das Leben
ohne dich vollkommen sinnlos ist …
Nein, ich halte es nicht aus, von dir getrennt zu sein,
weil du einfach unwiderstehlich bist …
Shays Stimmung verdüsterte sich bei den Worten tatsächlich noch mehr. Der Liedtext ließ ihn an Saskias Worte auf der Party denken, und neben allem anderen, was geschehen war, hielt er den Gedanken, dass er bisher nie wirklich verliebt gewesen war, nicht auch noch aus. Zornig sprang er auf.
Tavvy hörte auf zu spielen. »Was ist los, Shay?«, fragte sie. »Habt du und Dad gestritten?«
»Das kann man wohl sagen.« Er sah seine Mutter an. Als
er Iris von dem Streit berichtet hatte, hatte die ihn angefleht, mit Tavvy darüber zu sprechen, doch das hatte er bisher noch nicht getan.
»Er will nicht, dass ich jemals bei Shamrock arbeite. Das hat er mir klar und deutlich zu verstehen gegeben«, klärte er sie tonlos auf.
»Was?« Tavvy blinzelte verwirrt. »Lochlin spricht seit Jahren davon, dass du irgendwann zu Shamrock kommen sollst, damit du die Firma eines Tages von ihm übernehmen kannst.«
Shay verzog unglücklich das Gesicht. »Irgendwann? Ich will jetzt dort arbeiten, nicht in zehn oder zwölf Jahren, wenn Dad keine Lust mehr hat.« Er warf seine Zeitschrift auf den Tisch. »Aber das ist jetzt egal. Wir haben uns wegen Judd Harrington und Iris’ Gesangsstunden gestritten, und er hat mir dargelegt, dass ich nur über seine Leiche noch zu Shamrock kommen kann.«
Tavvy rang entsetzt nach Luft. Lochlin hatte seinen Zorn auf seinen Erzfeind an Shay ausgelassen, und das war einfach nicht fair.
»Tja, zumindest weiß er jetzt was von dem Angebot.«
»Super.« Shay wirkte verletzt. »Und ich habe die Schelte dafür abgekriegt.«
»Ich weiß, so sieht es für dich
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