Was sich liebt das raecht sich - Roman
weiter nichts.
Anschließend machte sie die Augen wieder auf und richtete ihre Aufmerksamkeit auf Pias Bauch, der weniger beängstigend als ihre kalte Miene war, atmete tief ein und öffnete den Mund. Anfänglich war ihre Stimme etwas schwach, aber dann wurde ihr klar, dass das Lied nicht halb so schwierig wie erwartet war, und während sie all die komplizierten Noten sang, stolperte sie nur ein einziges Mal.
»Noch mal, bitte«, schnauzte Pia, lehnte sich gegen den Flügel und sah Iris reglos an. Sie war froh, dass sie die
Kunst beherrschte, sich ihre Gedanken nicht anmerken zu lassen, denn nie im Leben würde sie der jungen Frau verraten, wie begeistert sie von ihrer vollen, leicht rauchigen Stimme war. Sie ließ Iris das Lied noch mehrmals singen, drückte ihr daraufhin eine Rockballade in die Hand und verschwand beim Klingeln ihres Telefons in ihrem Büro.
Der Anruf kam von Judd. Sie hatten eine lockere Beziehung und trafen sich immer, wenn er in der Gegend war, doch seit er ein Plattenlabel hatte, hatten sie auch beruflich miteinander zu tun.
»He.« Pia beobachtete Iris durch die Milchglasscheibe des Büros. »Ja, sie war rechtzeitig da und reißt sich total den Arsch auf. Ob ich mit ihr zufrieden bin? Verdammt, ich bin überglücklich.« Ihr schwoll die Brust vor Stolz, als Iris die komplizierte Weise ohne Mühe in den Griff bekam, und ehe sie sich versah, reckte sie beifällig den Daumen in die Luft. »Sie arbeitet härter, als die meisten meiner Schüler es je tun, und sie sieht wie ein gottverdammter Engel aus. Womit also sollte ich unzufrieden sein?«
Während Judd am anderen Ende der Leitung irgendwelche Befehle brüllte, dachte Pia über ihre Kontakte in der Branche nach. Iris Maguire musste etwas aufnehmen, musste bekannt werden, und Pia wusste schon genau, wie das zu machen war. Bei einer bevorstehenden Preisverleihung hätte sie einen perfekten Platz für sie. Judd hatte gewollt, dass Iris einen Preis verlieh, aber Pia wollte, dass sie dort auch sang, und war bereit, diverse Gefallen einzufordern, damit das möglich war.
Dan riss sie den Blick von Iris los, denn sie merkte, dass Judd die für ihn typische, rüde Schmährede beendet hatte und anscheinend darauf wartete, dass sie ihm eine Antwort gab. »Ja, ja, das klingt alles wunderbar. Es war richtig, dass du sie zu mir geschickt hast, Judd. Sie wird ein verdammter
Weltstar sein, wenn ich erst mit ihr fertig bin.« Damit warf sie den Hörer auf die Gabel, kehrte in ihr Studio zurück und schickte Iris kommentarlos heim. Schließlich hätte sie jetzt erst mal alle Hände voll zu tun.
Vollkommen erschüttert wankte Iris aus dem Haus und stieg dankbar ein, als Luisa mit dem Wagen kam.
»Mein Gott, die Frau ist echter Hardcore«, heulte sie und erzählte ihrer Freundin schnell, wie es gelaufen war. »Ich glaube, dass Judd sie angerufen hat, während ich im Studio war. Er wollte wohl wissen, wie es läuft.«
»Wirklich? Das ist seltsam. Ich weiß nicht, ob du ihm trauen solltest, Iris«, warf die Freundin ein.
Als sie auf den Parkplatz vor der Wohnung bogen, brach ihre Unterhaltung plötzlich ab. Denn, eingehüllt in eine riesengroße rote Schleife, stand dort ein brandneuer silberner Jeep. Eine Gruppe Leute aus dem Haus stand darum herum und las die Karte, die an der Schleife hing. Dann rahmten sie ihre Gesichter mit den Händen und versuchten, durch die getönten Scheiben hindurch ins Innere des Wagens zu sehen. Luisa parkte ihren Ford, und sie beide stiegen eilig aus.
»He, heißt eine von euch beiden Iris?«, rief einer der Jungs, die eine Etage unter Luisa wohnten.
Iris wurde puterrot. »Ja, ich.«
»Dann gehört der Wagen dir.«
»Mir?« Iris sah Luisa an und schüttelte den Kopf »Das muss ein Irrtum sein.«
Der Junge las die Karte vor. »Hier steht: ›Iris, willkommen in L. A. Wagenschlüssel liegen in der Wohnung. Judd.‹« Er zeigte ihr den Schrieb und unterzog sie einer anerkennenden Musterung. »Wer ist der Kerl? Dein reicher, alter Gönner, oder was?«
Iris las die Karte selber noch mal durch und schüttelte
erneut ungläubig den Kopf, während Luisa bereits pfeifend um den Wagen lief.
»Oh, mein Gott, Iris. Er hat dir einen Jeep gekauft … der Mann hat dir einen gottverdammten Jeep gekauft!«
Iris war total verblüfft. Sie hatte keine Ahnung, was der Grund für diese großzügige Geste war, doch sie wusste, nähme sie den Wagen an, wäre das in den Augen ihres Vaters sicher fast dasselbe, wie mit ihrem größten
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