Was sich liebt das raecht sich - Roman
ständig zur Verfügung stand und tat, was er ihr sagte, ohne dass auch nur die leiseste Beschwerde über ihre Lippen kam.
Sie hatte ihr eigenes Leben nicht mehr in der Hand, überlegte sie. Es war, wie wenn Judd sie aufgefressen und sie sich selbst verloren hätte, als sie derart tief in seine Welt hineingezogen worden war. Sie konnte sich kaum noch daran erinnern, wer sie früher mal gewesen war. Judd war eine Naturgewalt, das sagten alle, doch er war noch viel mehr. Er war derart egozentrisch, dass für ihn nichts anderes jemals von Bedeutung war und er jeden, der mit ihm zu tun hatte, nach seiner Pfeife tanzen ließ.
Und was war mit all der Arbeit, die sie hatte investieren müssen, damit ein Teil von Lochlins Personal zu Jett gewechselt war?
Darcy starrte auf die Hochhäuser der Stadt. Wider besseres Wissen hatte sie auf Anweisung von Judd Shamrock eine Reihe wichtiger Leute abspenstig gemacht. Und obwohl ihr alles andere als wohl dabei gewesen war, war das Werk vollbracht. Sie hatte die fraglichen Leute sorgfältig nach ihren Fähigkeiten und in manchen Fällen nach ihren finanziellen Verhältnissen gewählt, denn sie war richtig davon ausgegangen, dass sie es sich ganz einfach nicht leisten könnten, die enormen Summen und absurden Boni auszuschlagen, die sie ihnen bot.
Sie trommelte mit ihren Fingern auf der Tischplatte herum. Warum in aller Welt hatte sie das getan? Sie war immer stolz darauf gewesen, dass sie sich bei ihrer Arbeit an die Regeln hielt. Sie war ehrgeizig und skrupellos, aber nie zuvor im Verlauf ihrer Karriere hatte sie sich derart kompromittiert. Bereits nach ein paar Monaten bei Jett jedoch hatte sich ihre Integrität in Wohlgefallen aufgelöst, und falls sie Jett – und Judd – jemals verließe, würden ein paar Anrufe genügen und die ganze Welt erführe, dass sie unzuverlässig, unprofessionell und nicht vertrauenswürdig war.
Darcy war das bewusst, sie hatte keine Wahl. Sie musste mit ihrer Entscheidung leben. Nachdem sie ihr Leben lang niemals etwas bedauert hatte, taten ihr inzwischen viele Dinge furchtbar leid. Bald käme Judd aus Amerika zurück und würde ohne Zweifel ihre kranke Beziehung fortsetzen wollen, sobald sein Fuß auf britischen Boden traf. Bei dem Gedanken wurde Darcy schlecht.
Und was war mit Shay Maguire? Bisher hatte sie seinetwegen noch nichts unternommen, weil sie den Gedanken, auch sein Leben zu vermasseln, einfach nicht ertrug. Aber ihr war klar, dass Judd sie fertigmachen würde, wenn nicht bald etwas geschah. Sie erschauderte, da ihr langsam bewusst wurde, dass Judd ausnehmend furchteinflößend werden konnte, wenn er seinen Willen nicht bekam. Doch sie hatte sich sowohl privat als auch beruflich diese Suppe selber eingebrockt und löffelte sie deshalb besser auch allein aus.
Mit knirschenden Zähnen klappte sie wieder Savannahs Mappe auf und ging die diversen Punkte nochmals nacheinander durch.
Tavvy legte eine Pause ein und stützte sich auf ihrer Schaufel ab. Während Petra Moccachino, das Pferd, das sie
kurz vor dem Ball bei den Valentines gerettet hatten, sich an seine neue Unterkunft gewöhnte, hatte sie den ganzen Abend Boxen ausgemistet, jetzt aber schirmte sie ihre Augen mit der Hand gegen die blasse Sonne ab und sah sich die alte Scheune an. Es war ein halb verfallenes Gebäude mit nur einem halben Dach und einer schimmelüberzogenen Innenwand, doch mit ein bisschen Arbeit und ein wenig Geld böte sie vielleicht den zusätzlichen Raum, den sie inzwischen brauchten, und eventuell bekämen sie ja obendrein sogar noch den Bau eines daran angrenzenden Katzengeheges hin. Vielleicht brächte der Mittsommerball ja tatsächlich genug für beides ein.
Sie summte eine weitere neue Melodie, die ihr eingefallen war, machte sich wieder an die Arbeit und hätte um ein Haar eine Schaufel voller Pferdemist über Lochlin ausgekippt.
»Huch, Entschuldigung!« Sie sah ihn lachend an. »Mit dir habe ich nicht gerechnet, schließlich sieht man dich hier fast nie.«
»Meine Güte, das Zeug ist ja der reinste Klebstoff! Kein Wunder, dass ich hier nicht öfter auftauche.« In seinem makellosen Anzug über einem weißen Hemd und einem dunkelgrünen Schlips war er nicht gerade passend für einen Stallbesuch gekleidet, Tavvy allerdings, die Caities alte Kunstpelzjacke über dicken Gummistiefeln trug, war offenkundig ganz in ihrem Element. Die Kälte hatte ihren Wangen einen rosigen Glanz verliehen, und sie sah entspannt und rundherum zufrieden aus. Worauf
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