Was sich liebt, das trennt sich: Roman (German Edition)
die beiden verbliebenen Sedgwicks herum zusammenzubrechen: Abigail und Luke, Silas' Urururenkel.
Es kann jeden Tag so weit sein, dachte Luke. Wenn er einen besonders schlechten Tag an der Börse hatte, was bei seiner neuen Tätigkeit als Finanzverwalter des Sedgwick-Vermögens derzeit eher die Regel als die Ausnahme war, dann tröstete er sich mit Fantasien über den Zusammenbruch des Hauses. Seine derzeitige Lieblingsversion war, dass Abigails geliebter schwarzer Kater Quibble für einen seiner seltenen Raubzüge bei Tageslicht unter Abbys Bett hervorkam, auf den Kaminsims im großen Salon sprang und eine Kettenreaktion in Gang setzte, bei der er ruhig auf dem intakten Kamin sitzen blieb, umgeben von zwei Stockwerken Schutt.
»Luke!« Der zerkratzte Kristall-Türgriff bewegte sich schabend, die Flügeltür öffnete sich quietschend, und seine Großtante trat in den Raum, der früher einmal der Ballsaal der Sedgwicks gewesen war und Luke jetzt als Arbeitszimmer diente. Abigails trübe braune Augen funkelten. Ihr weißes Haar stand ihr wild vom Kopf ab. »Es ist diese Riga.« Sie stampfte mit dem Fuß auf. »Komm mit.«
»Was hat sie jetzt wieder getan?« Luke beschloss, Abigails Erscheinen als Zeichen dafür zu deuten, dass er für heute Schluss machen sollte. Er schloss seine Transaktionen ab und fuhr den Computer herunter. Dann streckte er seine Beine aus, die sich genauso alt anfühlten wie dieses Haus.
Abigail ging voraus über die neue Treppe - wie die Familie die Hintertreppe immer noch nannte, die nach dem Feuer von 1827 neu gebaut wurde - hinunter ins Erdgeschoss. Sie ging durch den großen Salon und einen weiteren Flur, vorbei am östlichen Anbau, der um 1850 entstanden war und jetzt leer stand und voller Spinnweben war, hinaus auf eine der drei Veranden des Hauses: auf die windgeschützte, die Charity's Porch genannt wurde, nach der längst verstorbenen Vorfahrin, die sie bauen ließ. Charity's Porch ging zum Garten hinaus, der sich drei Morgen weit bis zur Market Road hinunter erstreckte. Abigail deutete mit ihrem dürren Finger an das entfernte Ende des Gartens.
»Da. Völlig offensichtlich.«
Luke sah zur Straße hinunter auf das Bauwerk, das dort entstanden war. Es schien ein kleiner, mit Stoff bespannter, nach vorne offener Marktstand zu sein. Sein helles, frisches Holz hatte noch keinem der legendären Nordostwinde von New Nineveh standhalten müssen. »Hol deinen Pullover, dann sehen wir uns das mal an«, sagte er und dachte an Abbys braunen an einem Haken im Gartenraum hängenden Pullover, dessen Taschen stets mit zerknüllten Taschentüchern gefüllt waren und der älter war als er.
»Ich brauche keinen Pullover.«
Luke versuchte zu argumentieren, dass es draußen kalt geworden war. Abigail bestand darauf, dass ihr nicht kalt sei, und natürlich setzte sie sich durch. Erst einige Zeit später machten die beiden sich auf den Weg über den unebenen Steinpfad, wobei Luke wild wuchernden Büschen von verwelkten Rosen ausweichen musste, bis sie den Stand erreichten und sich die Vorderseite ansahen, die zur Straße hin zeigte. Auf einem sauber mit der Hand geschriebenen Schild stand: »Herbstblätter, $ 1.50 pro Zweig.« Ansonsten war der Stand leer - die Herbstblätter würden erst um den Columbus Day herum Saison haben.
»Er sieht genauso aus wie unser Blumenstand«, sagte Abigail. »Wenn ich keine Sedgwick wäre, dann würde ich direkt rüber zu Lowies Kanzlei gehen. Wenn ich Ernestine Rigas Idee gestohlen hätte anstatt umgekehrt, dann würde sie mich durch alle Instanzen hindurch verklagen.«
»Na, na ...« Luke legte ihr die Hand auf den Arm.
»Sprich nicht in diesem Ton mit mir, junger Mann.«
»Es nennt sich Kapitalismus, Abby.« Und ich bin nicht mehr jung, fügte er innerlich hinzu, obwohl er derzeit nicht überzeugt davon war, in seinen einundvierzig Jahren irgendetwas gelernt zu haben. Anders als Abigail musste er tatsächlich mit Lowell Mayhew reden, und zwar sofort. Er wollte diese ganze Angelegenheit hinter sich bringen. Je eher, desto besser. Zum Glück schien es Peggy Adams genauso zu gehen, obwohl Luke, wenn er denn dazu geneigt hätte, sich von seinen Gefühlen leiten zu lassen, ein klitzekleines bisschen enttäuscht darüber gewesen wäre, wie schnell sie zugestimmt hatte.
Abby wandte dem Blumenstand den Rücken zu. »In diesem Fall werde ich Ernestine mit ihren eigenen Waffen schlagen. Jeder kann die Qualität unserer Bäume erkennen. Bevor Bink das Kürbisfeld verkaufen
Weitere Kostenlose Bücher