Was Sie schon immer über 6 wissen wollten
auf viele Dinge zu, die in ihrer räumlichen und zeitlichen Anordnung einen harmonisch ausgewogenen Gesamteindruck vermitteln wollen. Meist wird der ungeraden Anzahl der Vorzug gegeben. In gehobenen Restaurants finden wir bei Menüs häufig die Auswahl zwischen drei, fünf oder sieben Gängen, nur selten sind es vier oder sechs. Ein japanisches Haiku-Gedicht besteht aus drei Zeilen mit fünf, sieben und wieder fünf Lauteinheiten. In Goethes Wahlverwandtschaften findet sich der Vorschlag, die Ehe per Gesetz auf fünf Jahre zu beschränken, versehen mit der Begründung, es sei dies „eine schöne, ungrade, heilige Zahl“. Don DeLillo schildert dagegen in Weißes Rauschen folgende nächtliche Panikattacke: „Schweiß tropfte an meinen Rippen hinunter. Die Digitalanzeige meines Radioweckers stand auf 3:51. Immer ungerade Zahlen zu solchen Zeiten. Was bedeutet das? Ist der Tod ungerade?“ Aber das ist eine somnambule Minderheitenposition. Insgesamt überwiegen die positiven Affekte gegenüber ungeraden Zahlen.
Knut Bergmann, der als Grundsatzreferent im Bundespräsidialamt auch Reden für Horst Köhler verfasst hat und an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin Redenschreiben lehrt, gibt zu Protokoll: „Ich bringe den Leuten in meinen Schreib-Seminaren immer bei, entweder drei oder fünf, maximal sieben Argumente und Gliederungspunkte zu verwenden, auf jeden Fall eine ungerade Zahl. Warum, kann ich eigentlich nicht genau sagen, es hat etwas mit der Eingängigkeit zu tun.“ Andreas Rosenfelder, stellvertretender Feuilletonchef von Welt und Welt am Sonntag , sekundiert, er stelle jedes Mal, wenn er Einführungen für Artikel texte oder Zitate innerhalb des Textes ausblocken muss, fest: „Ungerade Zeilenzahlen sehen einfach besser aus als gerade. Ich versuche immer, auf drei oder fünf zu kommen, statt auf vier oder sechs.“ Und Ulrich Bentele, der für die Tagesschau und die Talk-Sendung Anne Will Einspielfilme produziert, berichtet aus dem Fernseh-Alltag: „Eine Sequenz hat entweder drei oder fünf Bilder, nicht vier. Drei Bilder braucht man, um eine Szene zu etablieren. Danach hat der Mensch das Gefühl, einen Ort erfasst zu haben, und kann sich den Rest dazudenken.“
In der Dramaturgie findet sich dieses Muster wieder. Der klassische Aufbau des Dramas gliedert sich nach Gustav Freytag in fünf Akte: Einleitung (Exposition), Steigerung (Eskalation), Höhepunkt (Peripetie), Umkehr (Retardation) und Schluss (Katastrophe). Das Ganze basiert allerdings auf einer Dreiecks-Struktur, die sich aus steigender und fallender Handlung ergibt. Deshalb müssen die fünf Akte nicht immer als solche ausgewiesen sein, wie Freytag 1863 in seinem Buch Die Technik des Dramas schreibt: „Immer müssen die drei Momente: Beginn des Kampfes, Höhepunkt und Katastrophe, sich stark voneinander abheben, die Handlung lässt sich dann in drei Akten zusammenfassen. Auch bei der kleinsten Handlung, welche in einem Akte verlaufen kann, sind innerhalb desselben die fünf oder drei Teile erkennbar.“
Beim heutigen Kinofilm ist der Aufbau mit Haupt- und Nebenhandlung naturgemäß komplexer und die schematische Struktur dadurch verwischt. Laut Drehbuch-Guru Syd Field, an dessen vereinfachten Bauplänen aus den 1970er Jahren sich Generationen von Drehbuchschreibern abgearbeitet haben, folgen aber auch erfolgreiche Hollywood-Streifen letztlich einer 3-Akt-Struktur – wie das antike Drama bei Aristoteles. Ähnliche Baupläne existieren für TV-Movies, die in den USA traditionellerweise hübsch übersichtlich in sieben Akte gegliedert werden. Auch wenn viele Drehbuchautoren sich über derartige Patentrezepte hinwegsetzen, die sie für unterkomplex und nicht mehr zeitgemäß halten, entspricht solch ein klassischer Aufbau doch am ehesten den Sehgewohnheiten und wird daher vom Publikum zumindest nicht als störend oder irritierend empfunden.
Bei der Unternehmensberatung Roland Berger gilt, wie in vielen Agenturen, eine Art ungeschriebenes Gesetz: die 3-5-7-Regel – nicht zu verwechseln mit der gängigen Regelung in Mietverträgen, wonach alle drei Jahre Küche und Bad renoviert werden müssen, alle fünf Jahre Wohn- und Schlafräume und alle sieben Jahre die Nebenräume wieFlur oder Keller. Gemeint ist, dass sich alle Konzepte, die Kunden präsentiert werden, in drei, fünf oder sieben Punkte, Sinnabschnitte oder Einzelaspekte gliedern lassen sollten. Bei komplexerer Materie dürfen es auch einmal zehn sein, aber gemäß dem
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