Was Sie schon immer über 6 wissen wollten
monotheistische Religion, die nicht gleichzeitig monoton war, sondern von Anfang an Stoff für endlose theologisch-ontologische Disputationen lieferte, wie das mit der göttlichen Trinität nun genau funktioniere. „Dass Vater und Sohn Eines waren, war sowohl aus numerischen als auch philosophischen Gründen fragwürdig“,schreibt Vincent F. Hopper in Medieval Number Symbolism . „Aber Vater, Sohn und Heiliger Geist waren fraglos Eins eben dadurch, dass sie drei waren.“ Man muss das nicht unbedingt verstehen, um vom Konzept der göttlichen 3 ergriffen zu sein – so wie Ignatius von Loyola, Gründer des Jesuiten-Ordens, von dem Schimmel und Endres kolportieren, er habe „jedesmal Tränen vergossen, wenn er eine Dreizahl oder etwas Dreifaches bemerkte, da ihn das an die Dreifaltigkeit erinnerte“.
Nicht nur im Christentum taucht die 3 als religiöse Schlüsselzahl auf. Die mythologische Tradition des nördlichen Sibiriens, die bis zu den eiszeitlichen Jägern und Sammlern zurückreicht, kennt eine Trinität bestehend aus Mutter Sonne, Gevatter Bär und den Wasservögeln als Mittler zwischen den Welten. Bei den Sumerern standen die Götter Anu, Enlil und Ea für Himmel, Luft und Erde. In den ägyptischen Mysterienkulten bildeten Isis, ihr Gatte Osiris und Sohn Horus die göttliche Familie. Im Hinduismus verkörpern die drei Hauptgötter Brahma als Schöpfer, Shiva als Zerstörer und Vishnu als Erhalter eine Art kosmische Dreieinigkeit. Und nicht nur in der Sphäre des Religiösen, auch in Politik und Staatskunst, Philosophie und Wissenschaft, die ja von der Religion die längste Zeit durchdrungen waren, regiert die 3 seit jeher oder ist zumindest erste Anwärterin auf den Thron im Königreich der Zahlen.
Die Triqueta, ein gleichschenkliges Dreieick, das aus verschlungenen Halbkreisbögen gebildet wird, kommt als Symbol für Vollkommenheit schon vor 5.000 Jahren in der indischen Kunst vor und tauchtspäter in der heidnisch-germanischen und keltischen Kultur auf, bevor es als Dreifaltigkeits- und damit Ewigkeitssymbol in die christliche Ikonografie integriert wurde.
Das erste Triumvirat, bestehend aus Gaius Iulius Caesar, Gnaeus Pompeius Magnus und Marcus Licinius Crassus konstituierte sich 60 Jahre vor Christus in Rom. Seine Neuauflage als Farce erlebte es 1994 unter dem Namen SPD-Troika und in der Besetzung Rudolf Scharping, Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder.
Schon bei den Pythagoräern galt die 3 als die „Zahl des Alls“, beruhend auf der Auffassung, das All und alle Dinge seien durch die 3 begrenzt, weil alles einen Anfang, eine Mitte und ein Ende habe. Und es stimmt ja auch: Wohin man schaut, scheint die Welt in Dreier-Ordnungen zu zerfallen oder sich daraus zusammenzusetzen: Wasser und die allermeisten chemischen Elemente kommen in den Aggregatzuständen fest, flüssig oder gasförmig vor. Das Militär operiert zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Die Grammatik der meisten Sprachen kennt Subjekt, Prädikat und Objekt. Verben werden in der 1., 2. und 3. Person konjugiert. Die euklidische Geometrie basiert auf Punkt, Linie und Fläche. „Auf die Plätze, fertig, los!“, heißt das Startsignal beim Sport. T-Shirts und Streetwear gibt es in in den Basisgrößen S, M und L. Die Mahlzeiten des Tages in einem gutbürgerlichen Haushalt und im Ressorthotel sind Frühstück, Mittagessen und Abendbrot. Damit steht die 3 eben nicht nur für göttliche Vollkommenheit, sondern immer auch für das Essenzielle und Substanzielle, für Vollständigkeit und Richtigkeit.
In Märchen, Folklore und im Aberglauben der westlichen Welt gilt die „rule of three“ als allgemeines Bauprinzip, wobei die 3 häufig der Affirmation oder Bekräftigung dient: Der Teufel hat drei goldene Haare, der König hat drei Töchter und die gute Fee drei Wünsche im Angebot. Im Witz treffen sich stets drei unterschiedliche Ethnien, im Kinderlied spielen auf dem Kontrabass drei Chinesen. Alle guten Dinge sind drei, man wünscht Glück mit „Toi, toi, toi!“, lässt jemanden dreimal hochleben oder schlägt zur Gefahrenabwehr drei Kreuze. Die amerikanische Website Threes.com unternimmt den Versuch, all diesen Phänomenen der kulturellen Verbreitung von Dreiermustern enzyklopädisch erschöpfend auf den Grund zu gehen – was natürlich an der überbordenden Materialfülle scheitert, aber einige erhellende Hinweise anspült.
In seinem 1968 erschienenen Aufsatz „The Number Three in American Culture“ resümiert der Kulturanthropologe
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