Was soll denn aus ihr werden?
Cavandone gemacht, zugehört und immer weiter danach gefragt hätte.
»Hast du auch gesehen, wie viele graue Haare ihm schon zwischen den schwarzen durchschimmern, Mutter?« fragte Dori, »und er kann doch gewiß noch nicht alt sein?«
»Nein, alt ist er wohl noch nicht, aber er kann ja Kummer und Leid gehabt haben, das macht früh grau. Ich habe schon oft gedacht, wenn er so gedankenvoll dahinging, wenn er nur keinen Kummer in sich trägt!« sagte Dorothea teilnehmend.
»Nein, nein, Mutter«, wehrte Dori, »du siehst so bald einen Kummer bei den Menschen, er hat gewiß nur so schrecklich viel zu denken, man kann es sehen, er schaut ja weder rechts noch links, wenn er so vom Haus weg stürmt. Er weiß gewiß alles, was der Vater wußte, und vielleicht noch mehr, glaubst du nicht auch? Er ist auch wohl so alt, wie mein Vater jetzt wäre, nicht?«
Die Mutter meinte, das sei er jedenfalls, vielleicht noch etwas älter. »Dein Vater war 38 Jahre, als er starb. Du warst damals 12 und wirst nun 17«, rechnete Dorothea, denn sie ging immer den Persönlichkeiten nach, um die Jahre zu finden, »also wäre der Vater nun 43 Jahre. So alt mag der Herr Doktor auch sein, mehr aber nicht. Aber wissen kann er ja wohl mehr, als deinVater wußte, er muß ja soviel studiert haben. Ich weiß nun, daß er Professor der Sprachen ist, er sagte mir's, darum will er auch so gern Italienisch mit dir lesen. Wie wird er dir alles erklären können! Er kennt natürlich die Sprache ganz anders als du, aber er sagte, er sei nie länger in Italien gewesen und höre darum gern das Italienische vorlesen, so wie es sein muß. Du mußt dir Mühe geben, Dori!«
»O das weiß ich ja schon, Mutter, meinst du, das habe ich nicht gleich im Innersten gefühlt, wie schrecklich nichtig ich zum Vorschein kommen werde?« rief Dori aus; »ich begreife ja durchaus nicht, daß er von mir etwas hören will, aber auf diese Lesestunden freue ich mich doch so sehr, wie ich gar nicht sagen kann.«
Zehntes Kapitel
Dori hatte an die alte Maja geschrieben, um ihr zu erzählen, wie es ihr selbst und der Mutter ergehe, und dann auch zu vernehmen, wie Maja weiter mit den Kindern lebe. Dori wußte wohl, daß die Alte weder lesen noch schreiben konnte, aber Giacomo konnte beides für sie tun, Dori hatte ihn doch nicht vergebens so eifrig unterrichtet. Endlich erschien dann auch eine Antwort von Giacomo. »Der arme Kerl ist nicht frohen Mutes, das kann ich in jeder Zeile lesen, wenn er schon nichts davon schreibt«, sagte Dori, als sie den Brief gelesen hatte und ihn nun der Mutter übergab. Es war ein kurzer Brief; darin stand, die Großmutter sei gesund. Vor kurzer Zeit sei der Vater heimgekommen und sei sehr erstaunt gewesen, daß er alles bei ihnen daheim in so guter Ordnung gefunden hatte, und besonders, daß die Kinder alle drei lesen und schreiben konnten. Die Großmutter habe ihm gesagt, wer das alles getan habe, und der Vater lasse vielfältig Dank sagen dafür. Er habe dann erzählt, in Genf habe er gute Arbeit gefunden und wolle zurückkehren,und weil es so gut stehe mit seinem Erlernten, so wollte er ihn, den Giacomo mitnehmen. Aber er hätte nicht gehen können, um keinen Preis; da habe der Vater den Detto mitgenommen, der gern ging. Er selbst arbeite nun bei den Brüdern, welche die große Gärtnerei in Pallanza hielten; dann setzte er noch kleinlaut hinzu: Verdienen könne er für einmal gar nichts, aber Don sollte doch nur nicht glauben, daß es sei, weil er nicht arbeiten wolle, was er ihr doch versprochen habe, er arbeite gewiß von morgens früh an, immerfort aus allen Kräften, bis zur Nacht, denn zu tun gebe es genug da. Alle untere Arbeit, welche die Gärtner nicht tun wollten, habe er zu verrichten, aber es müsse nun so sein. Die Großmutter sage auch, er solle nur so fortfahren, sie könne sich nun gut durchbringen und ihm auch dann und wann noch zu Kleidern verhelfen. Die Marietta habe so gut stricken und nähen gelernt, daß sie schon für andere Leute etwas arbeiten könne. Dann kam ein Gruß und Giacomos Unterschrift; so kurz, als fürchtete der Schreiber sich vor allen persönlichen Annäherungen und wollte so schnell wie möglich darüber hinwegkommen.
»Wenn der Giacomo nur nichts angestellt hat«, sagte Don plötzlich, als ihre Mutter den Brief gelesen hatte und ihn hinlegte.
»Was fällt dir denn ein, Dori, der verständige, ordentliche Junge, er hat ja doch nie was Krummes gemacht«, entgegnete die Mutter.
»Ich weiß auch gar nicht,
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