Was Soll Ich Tun
erringen, erlangen. Wenn ich mir wirklich etwas wünsche, dann muss ich auch darumkämpfen. Ich darf nicht meinen, dass mir alles in den Schoß fällt, sobald ich es mir nur wünsche. Das wäre ja das Schlaraffenland, von dem die Märchen erzählen. Unser Leben ist aber kein Schlaraffenland.
Jesus setzt an die Stelle der Wunschkraft den Glauben: „Alles kann, wer glaubt.“ (Mk 9,23) Wenn wir glauben, dass etwas gut wird, dass Gott uns das Gelingen schenkt, dann hat das sicher eine Wirkung. Und oft genug dürfen wir erfahren, dass das, woran wir glauben, auch eintrifft. Aber der Glaube ist keine magische Kraft, die automatisch herbeizaubert, was sie glaubt. Im Glauben überlasse ich mich vielmehr Gott. In diesem Glauben vertraue ich darauf, dass er nicht unbedingt meine infantilen Wünsche erfüllt, sondern mir das schenkt, was mich wirklich leben lässt.
LIEBE UND PARTNERSCHAFT,
BEZIEHUNGSPROBLEME
Wenn ich bei Kursen Gespräche anbiete, so kreisen fast 80 Prozent um Probleme der Partnerschaft und Freundschaft. Es ist offensichtlich nicht so einfach, ein Leben lang mit dem Ehepartner zusammenzuleben und mit ihm gemeinsam die Kinder zu erziehen. Das ist früher nicht viel anders gewesen. Es gab schon immer diese Beziehungsprobleme. Aber es gibt auch Gründe, warum sie heute anscheinend überhandnehmen. Da sind zu hohe Erwartungen an die Partnerschaft in einer Gesellschaft, die immer stärker individualisiert wird. Man möchte unter allen Umständen glücklich sein. Man möchte immer das Gefühl der Liebe in sich haben, die einen verzaubert und in Ekstase versetzt. Und die Idee der Machbarkeit, die heute alles Denken prägt, wirkt noch in die Ehe hinein. Man meint, auch das Gelingen einer Partnerschaft müsse doch machbar sein. Man bräuchte nur die Spielregeln guter Kommunikation zu befolgen, dann müsse doch die Ehe gelingen. Heute sind viele davon überzeugt, dass alle Konflikte, die in einer Ehe entstehen, auch gelöst werden müssen. Doch der Paartherapeut Arnold Retzer meint, in einer dauerhaften Ehe würden die Probleme nicht gelöst: „Sich einen dauerhaften Partner aussuchen heißt, sich ein paar dauerhafte Probleme aussuchen.“ Es kommt nur darauf an, wie wir mit den Konflikten umgehen. Wer verbissen alle Probleme lösen will, der schafft neue. Es geht, so derTherapeut, darum, den „Schwierigkeiten nicht durch Verletzungen und Verächtlichmachungen zu begegnen, sondern mit Humor, Ablenkung, Zuneigung und Respekt“.
Der Therapeut weist auch auf eine andere Belastung heutiger Ehen hin. Es ist der Anspruch auf Gerechtigkeit und Gleichheit. Doch wer auf absolute Gerechtigkeit und Gleichheit in der Ehe hofft, der ist zum Scheitern verurteilt. Statt den Anspruch auf gerechten Ausgleich aufrecht zu erhalten, ist es der Weg der Vergebung, der dauerhafte Ehen ermöglicht. „Man vergibt sich nichts, wenn man vergibt. Wer vergibt, verzichtet auf Ansprüche, die durch die Gerechtigkeitsillusion innerhalb der Partnerschaft entstehen. Das Wunder der Ehe entsteht weniger durch Versuche des Ausgleichs als vielmehr durch die Möglichkeiten der Vergebung.“
Hans Jellouschek sieht in neoromantischen Vorstellungen den Grund für das Scheitern vieler Ehen. Eine solche neoromantische Vorstellung ist, dass wir uns in der Ehe immer nahe sein müssen. Doch die Ehe gelingt nur, wenn das Verhältnis von Nähe und Distanz ausgeglichen ist. Eine andere neoromantische Vorstellung ist zum Beispiel, dass wir in der Ehe immer glücklich sein müssen. Doch Ehe ist keine „Glücksveranstaltung“, sondern ein Übungsweg, auf dem wir durchaus immer wieder Glück erfahren dürfen. Aber wer sich verspricht, gemeinsam glücklich zu sein, der übernimmt sich. Auch beim Thema Glück meinen viele, es sei machbar. Arnold Retzer spricht aus der Erfahrung des Therapeuten, wenn er sagt: Ehepaare, die an die Machbarkeit des Glücks glauben, sitzen„der Illusion unbedingter Selbstmächtigkeit auf, die vergessen machen will, dass Leben auch und vor allem geschieht und nur gelegentlich gestaltet wird, das Eheleben ohnehin“.
In meiner Begleitung habe ich immer wieder gespürt, dass die Ehe nur gelingen kann, wenn wir uns mit der Durchschnittlichkeit unserer Beziehung aussöhnen. Alle zu hohen Erwartungen an mich selbst und an den Partner führen zum Scheitern. Diese Aussöhnung mit der Realität unserer Beziehung geht aber nur über das Betrauern. Ich betrauere, dass unsere Ehe so ist, wie sie ist, dass der Partner meine Erwartungen nicht
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