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Was uns glücklich macht - Roman

Was uns glücklich macht - Roman

Titel: Was uns glücklich macht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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wenn ich mein Ziel erreicht habe.
    Ich würde es als Privileg betrachten, wenn diejenigen von euch, die das alles gelesen haben, mich auf meinem Weg begleiten würden, und im Gegenzug begleite ich euch, eine von euch, euch alle. Ich warte auf Antwort. Alles wird gut. Davon bin ich überzeugt, wie ich noch nie von etwas überzeugt war.
    – – –
    Brooke B.
    BrustKrebsForum.org
    Greenwich, Conn
    Registriert seit: 30 . 09 . 2011
    – – –
    Ich erinnere mich so gut an die süße Sechzehn.
    Das ist ein Lebensabschnitt, den man als Mädchen durchlebt, zumindest da, wo ich herkomme. Manche Mädchen nutzen ihren sechzehnten Geburtstag als Debüt in der Erwachsenenwelt. Seit ich zwölf war, wurde ich immer wieder auf diese Partys eingeladen. Sie waren immer so glamourös, es war, als würde man jedes Wochenende zur Oscar-Verleihung eingeladen. Für jedes Fest brauchte ich ein neues Kleid, was bedeutete, dass ich manchmal zwei, drei Kleider im Monat bekam, und das Ganze dauerte etwa vier Jahre.
    Der nächste Abschnitt kam, als meine Freundinnen nach und nach heirateten. Das war ein weiterer Zyklus, und er begann, als ich zweiundzwanzig war. Scott und ich waren bestimmt auf dreißig Hochzeiten, und ich war bei mindestens der Hälfte Brautjungfer. Es wurde ein richtiges Ritual: Kleider für die Brautjungfern aussuchen, hinter dem Rücken der Braut über die Farbwahl ablästern, Brautpartys in Striplokalen und Teesalons organisieren. Haare und Make-up, Strümpfe und Tränen; das dauerte drei Jahre.
    Der nächste Abschnitt folgte gleich darauf: Babys. Jill Armel war die Erste in meiner Clique, die schwanger wurde. Wir waren so jung damals und völlig ahnungslos; zu viert haben wir sie gleich nach der Geburt im Krankenhaus besucht. Ich werde nie vergessen, wie sie ausgesehen hat, bleich und erschöpft. Sie hatte elf Stunden in den Wehen gelegen. Ich habe sie fröhlich gefragt: »Na, Süße, wie geht’s?« Worauf sie mürrisch sagte: »Ich hab seit zwei Tagen nicht mehr gepinkelt.« Das hat mich ein wenig wachgerüttelt.
    Danach wurde es leichter für uns, meine Clique von Freundinnen. Eine nach der anderen tauschten wir das schreckliche Brautjungfernkleid gegen ebenso schreckliche Umstandspullis und Latzhosen. In einem Jahr habe ich, glaube ich, viertausend Dollar bei Liz Lange Maternity gelassen, und dabei war ich nicht mal selbst schwanger. Ich habe in dem Umstandsmodengeschäft nur Geschenke gekauft. Das hat zu diesem Lebensabschnitt eben dazugehört.
    Der nächste Abschnitt war schrecklich. Es begann langsam, aber sicher, als wir alle um die dreißig waren, alle von uns junge Mütter. Einer nach dem anderen starben unsere Eltern. David Michels Dad starb als Erster, erst einundsechzig, an Leberkrebs. Er war selbst Onkologe und sehr angesehen in unserer Stadt. Ich erinnere mich noch, dass Mom es nicht fertigbrachte, zur Beerdigung zu gehen. »Er war so ein freundlicher Mann«, sagte sie. »Ich habe das Gefühl, als hätte ich ihn mein Leben lang gekannt.« Bei mir stimmte das sogar. Sämtliche Eltern in unserer Clique waren für mich wie eine Familie, und dann begannen sie nacheinander zu sterben. Hier ein Herzinfarkt, dort ein Nierenversagen, es kam immer in Wellen. Inzwischen hat es sich beruhigt, es gibt immer noch Todesfälle, aber nicht mehr so viele.
    Und so sitze ich heute Abend hier, stelle mich euch vor in einem Zustand, der zwischen Entsetzen, Schock, Leugnen, Furcht, Traurigkeit und Schuldbewusstsein schwankt, und hoffe inständig, dass ich nicht der Anfang des nächsten Lebensabschnitts für uns bin. Ich habe diese schreckliche Vorstellung, wie sich meine Freunde in zehn Jahren auf einen Drink treffen und über diesen Lebensabschnitt nachsinnen, den Abschnitt, wo die Freunde selbst allmählich sterben. Und dann reden sie über mich , so wie ich über Jill im Krankenhaus gesprochen habe. Ich kann sie fast hören. »Brooke war die Erste, Brustkrebs«, werden sie sagen und sich die Augen mit Taschentüchern abtupfen. »Die Ärmste, sie war erst vierzig.«
    Ich habe keine Ahnung, was hier im Forum üblich ist. Ich war mein Leben lang stolz darauf, dass ich immer wusste, wie ich mich »ordentlich« benahm. Das war das Lieblingswort meiner Mutter, als ich klein war, »ordentlich« passte fast in jeden Kontext.
    Auf einer ordentlichen Dinnerparty würden wir nie nebeneinander platziert werden.
    Eine ordentliche Antwort wäre: »Ja, vielen Dank, Daddy.«
    Bitte halt die Gabel ordentlich, ein Mädchen ohne Tischmanieren

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